Wildpflanzen

Flächen mit unterschiedlichen Strukturen und heimischen Pflanzen sind wertvoll und wichtig für viele verschiedene Organismen. Wer sie im Garten oder Blumenkasten wachsen lässt oder gezielt setzt, bietet vielen Insekten Nahrung und Lebensraum und fördert die Artenvielfalt.

"Unkraut" mit Mehrwert

Heimische Wildpflanzen, die oft ohne menschlichen Einfluss wachsen, werden zumeist als "Unkraut" bezeichnet und deshalb aus Blumen- und Gemüsebeeten entfernt. Viele zum Teil hochspezialisierte Insekten und andere Lebewesen sind jedoch auf diese Wildpflanzen angewiesen. Im Durchschnitt leben von einer Pflanzenart etwa zehn Tierarten.

Nicht so gern gesehene Gartengäste wie beispielsweise Löwenzahn (Taraxacum spec.) liefern über 70 Wildbienen- und 64 Falterarten Pollen und Nektar. 36 verschiedene Falterarten nutzen die Brennnessel (Urtica dioica) als Raupenfutterpflanze, wie zum Beispiel das Tagpfauenauge oder das Landkärtchen. Wer ein paar dieser Wildpflanzen im Garten oder Balkonkasten belässt, kann sich am Anblick der flatternden Flugkünstler erfreuen.

Brennnessel-Pflanze Nicht gern im Garten gesehen, aber wichtig für zahlreiche Falterarten: die Brennnessel. Foto: Josephine Jedicke

Wildpflanzenauswahl für Garten und Balkon

Heimische Wildpflanzen zu erhalten und anzupflanzen, erhöht deutlich die Biodiversität im besiedelten Raum. Wer abwartet und unbekannte Pflanzen wachsen und blühen lässt, kann im eigenen Garten außerdem so manche Überraschung entdecken. Doch welche Pflanzen wachsen dort überhaupt von selbst und welche kann ich anpflanzen, damit ich Insekten unterstütze?

Die Bestimmungshilfe "Wildpflanzen im Garten" im handlichen Fächerformat enthält 50 Arten, die sich für eine Ansiedlung im Garten und auf dem Balkon eignen. Sie unterstützt außerdem dabei, bereits blühende Pflanzen zu erkennen, um sie für Insekten zu erhalten. Zu jeder aufgeführten Pflanze gibt es als Zusatzinformation, für welche Insektengruppen sie nützlich ist. Über den Klick auf die Publikation in der linken Spalte können Sie den Pflanzenfächer bestellen.

Gebietsheimische Pflanzen

Die Insektenvielfalt in Gärten ist in ihrem Lebenszyklus optimal an heimische Pflanzenarten – bestenfalls gebietsheimische Pflanzen – angepasst. Wer mit (gebiets-)heimischen Pflanzen die Insektenwelt fördert, fördert so gleichzeitig weitere Tierarten. Denn Insekten bilden für eine Vielzahl von Tieren die Nahrungsgrundlage. Bei Vögeln, Igeln, Amphibien und Reptilien stehen sie unter anderem auf der Speisekarte.

Auch weniger stark wachsende Arten als Löwenzahn oder Brennnessel wie Gamander-Ehrenpreis (Veronica chamaedrys) oder Gewöhnlicher Dost (Origanum vulgare), sind wertvoll für Insekten. Sie im Garten zu belassen, macht ihn insektenfreundlich. Wer heimische Wildpflanzen statt exotischen Arten wählt, verhindert zudem, dass sich invasive Neophyten wie Kanadische Goldrute, Japanischer Staudenknöterich und Späte Traubenkirsche in der freien Natur ausbreiten.

Blühender Japanischer Staudenknöterich Als gezielt eingeführte Pflanze gelang der Japanische Staudenknöterich (Fallopia japonica) in die freie Natur. Dort verdrängt er nun durch starke Wurzelausläufer und schnellen Wuchs die heimische Pflanzenvielfalt. Bild: Dr. Walter Joswig, Bayerische Akademie für Naturschutz und Landschaftspflege

Lebensgemeinschaften von Organismen

Im Laufe der Evolution haben sich Pflanzen, Pilze und Tiere an ihre Umgebung und einander angepasst, insbesondere an Klima, Höhenlage, Sonneneinstrahlung und Bodenverhältnisse des jeweiligen Naturraums. Durch diese Anpassung haben sie über einen langen Zeitraum und in vielen Generationen eine voneinander abweichende, regionaltypische genetische Ausstattung entwickelt. Diese sichert ihnen ihr Überleben gegen verschiedene Konkurrenten und ermöglicht Anpassungen an die örtlichen Lebensraumbedingungen.

Gebietsheimische Gehölze und Blütenpflanzen bilden häufig Lebensgemeinschaften mit anderen Organismen wie Nektar sammelnde und bestäubende Insekten. Sie und andere Lebewesen sind daher auf die Wildpflanzen in ihrem natürlichen Lebensraum angewiesen. Manche Arten sind hochspezialisiert.

So sammelt die Glockenblumen-Scherenbiene beispielsweise nur Pollen von Glockenblumenarten und nahe verwandten Pflanzengattungen derselben Familie. Sie sind oligolektisch, ernähren sich also nur von einer bestimmten Gattung oder Familie von Pflanzen. Polylektische Arten sind dagegen nicht derart stark spezialisiert: Sie nutzen verschiedene Blütenpflanzen.

Bei Neupflanzungen ist es daher wichtig, einheimisches, regionales Pflanzenmaterial zu verwenden, um eine vielfältige, lebenswerte Landschaft zu erhalten. Werden Pflanzengene gebietsfremder Herkunft eingekreuzt, kann sich beispielsweise die Blütezeit verschieben, wodurch Pflanze und Bestäuber in ihrem phänologischen Auftreten nicht mehr zusammenpassen. Dies kann bis zum Zusammenbruch von Populationen führen.

Klimatolerante Gärten und Balkone

Dadurch dass gebietsheimische Pflanzen an die hiesigen klimatischen Bedingungen angepasst sind, sind sie in der Regel pflegeleichter gegenüber exotischen Züchtungen. In längeren Hitze- und Trockenperioden müssen trockenverträgliche Stauden und Kräuter wenig bis gar nicht gegossen werden. Arznei-Thymian (Thymus pulegioides), Gewöhnlicher Natternkopf (Echium vulgare), Taubenkropf-Leimkraut (Silene vulgaris), Wiesen-Witwenblume (Knautia arvensis) und Wilde Möhre (Daucus carota) bevorzugen zum Beispiel trockene und sonnige Standorte. Wenig gemähte, artenreiche Wiesenabschnitte im Garten bedürfen ebenfalls weniger Wasser als ein Englischer Rasen.

Ganzjähriges Blütenangebot

Doch nicht nur im Sommer sollte es in Gärten und auf Balkonen blühen. Bereits im Frühjahr werden die Insekten bei steigenden Temperaturen nach ihrer Winterruhe wieder aktiver. Zu den ersten Pollen- und Nektarsammlern im Jahr zählen Hummelköniginnen. Sie brauchen viel Kraft in Form von zuckerhaltigem Nektar für die Suche nach geeigneten Nestern. Außerdem sammeln sie proteinreichen Pollen zum Aufbau eines neuen Hummelvolkes. Für sie sind daher frühblühende Pflanzen besonders wichtig. Heidekraut (Calluna vulgaris), Gewöhnliches Schneeglöckchen (Galanthus nivalis), Echte Schlüsselblumen (Primula veris) oder Geflecktes Lungenkraut (Pulmonaria officinalis) eignen sich dafür. Gehölze wie Sal-Weide (Salix caprea) und Haselnuss (Corylus avellana) bieten ebenso Nektar und Pollen in Hülle und Fülle.

Nach der blütenreichen Zeit von Mai bis Anfang August sind die meisten Pflanzen verblüht oder abgemäht und die Nahrungssuche wird für Insekten erschwert. Spätblühende Pflanzen sind für sie in dieser Zeit wichtige Nektar- und Pollenlieferanten. Dazu gehören zum Beispiel Rainfarn (Tanacetum vulgare), Wiesen-Flockenblumen (Centaurea jacea), Gewöhnliche Wegwarte (Cychorium intybus) oder Wiesen-Schafgarbe (Achillea millefolium). Ebenso sind Efeublüten gute Nektar- und Pollenquellen im späteren Jahresverlauf.

Frostbesetzte Pflanzenstängel stehen in einem eingeschneiten Garten mit zugefrorenem Teich Ungeschnittene Staudenstängel bieten im Winter Unterschlupf für verschiedene Insekten. Gleichzeitig bringen sie Abwechslung in den winterlichen Garten. Foto: David Seifert

Einige Wildbienenarten überwintern in hohlen Pflanzenstängeln. Wer verblühte Stauden über den Winter bis in den April hinein im Blumenbeet und -kasten stehenlässt, bietet ihnen einen geeigneten Rückzugsort. Pflanzen geben dem Garten dann auch in der kalten Jahreszeit mit ihrer frostbesetzten Silhouette Abwechslung und Eleganz. In verblühten Pflanzenstängeln, die mehr als ein Jahr stehen bleiben dürfen, können manche Wildbienenarten außerdem nisten und ihre Larven schlüpfen. Hierzu eignen sich beispielsweise Stängel der Kleinblütigen Königskerze (Verbascum thapsus).

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