Ein innovativer Baustein zum Landschaftsplan am Beispiel der Gemeinde Kirchheim (Unterfranken)

Heimische Tiere und Pflanzen weisen oft spezielle Ansprüche an ihren Lebensraum auf. Eine Biotopverbundplanung zeigt, welche Flächen besonders wichtig sind, damit diese Arten sich ausbreiten und genetisch austauschen können. Dadurch wird deren Überlebensfähigkeit in unserer heimischen Natur und Landschaft langfristig gesichert.

Mittels des landschaftsplanerischen Werkzeugs der Überlagerungsanalyse werden diese Flächen mit den ehemaligen und geplanten Abbauflächen (Vorranggebiete aus dem Regionalplan) sowie anderen Nutzungsansprüchen wie Siedlungsentwicklung, Landwirtschaft oder Erholung verknüpft.

Im Ergebnis entsteht so auf den Abbauflächen eine neue Landschaft, die eine nachhaltige und umweltverträgliche Nutzung der Flächen gewährleistet.

Ein innovativer Baustein zum Landschaftsplan am Beispiel der Gemeinde Kirchheim Mehrwert für alle Der Kirchheimer Weg Innovativer Baustein des Landschaftsplans: das Nachnutzungskonzept Der Landschaftsplan als Lösungsweg Abbauflächen im Gemeindegebiet: Herausforderung für Kommunen

1. Abbauflächen im Gemeindegebiet: Herausforderung für Kommunen

In Bayern spielt die Rohstoffgewinnung seit jeher eine wichtige wirtschaftliche Rolle. Der Abbau von Rohstoffen bringt oft erhebliche Eingriffe in den Naturhaushalt und das Landschaftsbild mit sich.

Auch in Kirchheim reichen die Anfänge des industriellen Kalksteinabbaus bis in das 19. Jahrhundert zurück. Über die Jahrzehnte ntwickelte sich eine rege Abbautätigkeit, die gerade in den letzten Jahren durch eine starke und stetig wachsende Nachfrage weiter anstieg. Zwangsläufig stellt sich die Frage, wie die Flächen nach dem Ende des Abbaus gestaltet oder entwickelt werden sollen. Im Regionalplan sind die festgelegten Nachnutzungen (Biotopentwicklung und Landwirtschaft/Forstwirtschaft) gleichrangig gewichtet. Wird diese Regelung im Genehmigungsbescheid auf die einzelnen Vorhaben heruntergebrochen, kommt es zu einer Fragmentierung der Landschaft. Diese ist weder im Sinne eines wirkungsvollen Biotopverbunds, noch wird sie den Anforderungen der Landwirtschaft gerecht.

2. Der Landschaftsplan als Lösungsweg

Diese Nachnutzungen sinnvoll zu ordnen ist eine komplexe Herausforderung für viele Kommunen. Hierfür steht den Städten und Gemeinden in Bayern der kommunale Landschaftsplan als ideales Werkzeug zur Verfügung. Mit dem landschaftsplanerischen Instrument der Überlagerungsanalyse können alle zur Verfügung stehenden räumlichen Informationen betrachtet und damit optimale Lösungen gefunden werden. In diesem Sinne können auf Basis einer fundierten Biotopverbundplanung sowohl die optimalen Standorte für naturschutzfachlich erforderliche Ausgleichsflächen als auch geeignete Flächen für forst- oder landwirtschaftliche Nachfolgenutzung gefunden werden. Kirchheim entschloss sich deshalb dazu, auf Grundlage des bestehenden Landschaftsplans ein Nachnutzungskonzept zu erarbeiten und dieses in einem nachfolgenden Bauleitplanverfahren im Flächennutzungsplan rechtswirksam zu machen.

3. Innovativer Baustein des Landschaftsplans: das Nachnutzungskonzept

Die Gemeinde Kirchheim möchte die im Regionalplan verbindlich festgelegten Nachnutzungen sinnvoll auf die für das Gemeindegebiet ausgewiesenen Vorranggebiete aufteilen. Es sollen einerseits sinnvolle Flächengrößen für die landwirtschaftliche Nutzung entstehen, andererseits sollen die Naturschutzflächen so lokalisiert werden, dass sich diese optimal für die heimische Tier- und Pflanzenwelt entwickeln können. Langfristig soll so für die Bürgerinnen und Bürger der Gemeinde Kirchheim wieder eine lebenswerte harmonische Landschaft geschaffen werden, die im Einklang mit der Natur die Bedürfnisse der Landwirtschaft, die Ansprüche der Erholungssuchenden und die Bereitstellung lebenswichtiger Ressourcen für den Menschen vereint.

4. Der Kirchheimer Weg

Damit das gesetzte Ziel erreicht werden kann, ist die Bereitschaft der betroffenen Abbaubetriebe, ihre Flächen in einen gemeinsamen Pool einzubringen, essenziell. In einem Gesamtkonzept werden Art, Lage und Zeitpunkt der zukünftigen Nutzung für die gemeinschaftlichen Flächen festgelegt. Die kooperative Planung der Nachnutzung bietet die Möglichkeit, die jeweils für die landwirtschaftliche Nutzung und die Artenvielfalt bzw. Biodiversität wertvollsten Flächen unabhängig vom einzelnen Vorhaben zu bewerten und zu entwickeln. Dadurch kann sich ein erheblicher Mehrwert ergeben, da die Nachnutzungen im Zusammenhang betrachtet und funktionale Synergien genutzt werden.

Diese Vorgehensweise wurde bayernweit erstmalig erprobt und erforderte eine intensive Beteiligung und Zusammenarbeit der Akteure, insbesondere der Abbauunternehmen. Durch die frühzeitige Beteiligung und Einbindung aller Akteure, entstand am Ende ein schlüssiges Gesamtkonzept. Dieses bildet sowohl die Nachnutzung der Abbauflächen als auch den Biotopverbund und dessen erforderliche Maßnahmen im gesamten Gemeindegebiet ab.

5. Mehrwert für alle

Bevölkerung und Gemeinde: Ein harmonisches Landschaftsbild steigert die Attraktivität der Gemeinde und die Lebensqualität der Bürgerinnen und Bürger. Durch das dialogorientierte Vorgehen im Planungsprozess wird Transparenz geschaffen und Vertrauen aufgebaut. Dies verbessert die Qualität und Akzeptanz der Planung.

Natur und Landschaft: Das Anlegen und die Vernetzung von Lebensräumen für die heimische Flora und Fauna auf Grundlage einer fundierten Biotopverbundplanung fördert die Biodiversität. Dies trägt wesentlich dazu bei, die durchgeführten Eingriffe auszugleichen und Natur und Landschaft wiederherzustellen.

Kalksteinabbauunternehmer: Ein durchdachtes Nachnutzungskonzept hilft behördliche Anforderungen besser zu erfüllen und rechtliche Konflikte zu vermeiden. Die ganzheitliche Planung führt zu einer höheren „Wertschöpfung“ der Nachnutzungen, als wenn jedes Vorhaben einzeln betrachtet wird.

Land- und Forstwirtschaft: Indem land- oder forstwirtschaftliche Nachnutzungsflächen sinnvoller bewirtschaftet werden können, wird den Anforderungen der Land- und Forstwirtschaft Rechnung getragen.

Genehmigungsbehörden: Nur wenn die übergeordneten Planungsziele aus dem Regionalplan auf der Gemeindeebene rechtsverbindlich gemacht werden, können Genehmigungsverfahren vereinfacht und beschleunigt werden. Alle Beteiligten sparen dadurch Zeit und Ressourcen.

Eine offengelassene Kalksteinabbaufläche. Foto: Silvio Pohle