Umwelt- und Bewirtschaftungsziele

Unsere Gewässer, so natürlich wie möglich

Das übergeordnete Ziel der europäischen Wasserrahmenrichtlinie nach Art. 1 WRRL ist die Schaffung eines Ordnungsrahmens für den Schutz der Binnenoberflächengewässer, der Übergangsgewässer, der Küstengewässer und des Grundwassers. Dieser Ordnungsrahmen soll unter anderem folgenden Zwecken dienen:

  • Vermeidung einer Verschlechterung sowie Schutz und Verbesserung des Zustandes aquatischer Ökosysteme und der direkt von ihnen abhängigen Landökosysteme und Feuchtgebiete im Hinblick auf ihren Wasserhaushalt,
  • Förderung einer nachhaltigen Wassernutzung,
  • Anstreben eines stärkeren Schutzes und einer Verbesserung der aquatischen Umwelt,
  • Reduzierung der Verschmutzung des Grundwassers und Verhinderung einer weiteren Verschmutzung,
  • Beitrag zur Minderung der Auswirkungen von Überschwemmungen und Dürren.

Dieses übergeordnete Ziel wird mit den Umweltzielen in Art. 4 WRRL für Oberflächengewässer, Grundwasser und Schutzgebiete konkretisiert. Diese Umweltziele bilden die zentrale Vorgabe für die Gewässerbewirtschaftung nach den Regelungen der Wasserrahmenrichtlinie. Bäche, Flüsse, Seen und das Grundwasser sollen demnach generell einen "guten Zustand" aufweisen und, wenn dies noch nicht der Fall ist, diesen Zustand sehr rasch erreichen. Wenn der gute Zustand erreicht ist, so bedeutet dies, dass das betreffende Gewässer nur wenig vom natürlichen Zustand (bei Abwesenheit störender Einflüsse) abweicht und dass hinsichtlich der Wasserqualität die stoff- und sonstigen spezifischen EU-Normen erfüllt sind. Ob die Gewässer die Anforderungen erfüllen, wird grundsätzlich auf Ebene von Wasserkörpern bewertet. Die Umweltziele sollen gemäß Wasserrahmenrichtlinie im Grundsatz bis 2015 erreicht sein, Fristverlängerungen und abweichende Umweltziele sind möglich (siehe unten).

Umweltziele

Umweltziele für Flüsse und Seen

Umweltziele für Oberflächengewässer sind im Sinne einer Mindestanforderung der gute chemische Zustand und der gute ökologische Zustand. Sehr gute Gewässerzustände sind willkommen, aber nicht gefordert. Als Referenz (sehr guter Zustand) gilt die natürliche Vielfalt an Pflanzen und Tieren in den Gewässern, ihre unverfälschte Gestalt und Wasserführung und die natürliche Qualität des Oberflächenwassers.

Zudem soll die Verschmutzung mit prioritären Stoffen reduziert werden. Einleitungen, Emissionen und Verluste prioritär gefährlicher Stoffe sollen schrittweise eingestellt werden (phasing-out).

An vielen Oberflächenwasserkörpern sind wichtige Wassernutzungen wie z. B. Energieerzeugung oder Schifffahrt vorhanden oder sie sind wegen des Hochwasserschutzes von Siedlungsbereichen in ihrer Gestalt verändert. Wenn sie bestimmte Kriterien erfüllen, werden manche dieser Oberflächengewässer als "erheblich verändert" (Heavily Modified Water Body – HMWB) oder als "künstlich" (Artificial Water Body – AWB) eingestuft. Für solche Wasserkörper gilt als ein verändertes Umweltziel anstatt des "guten ökologischen Zustands" das "gute ökologische Potenzial". Die Anforderungen an den chemischen Zustand bleiben bei diesen Wasserkörpern aber unverändert. Die Einstufung als erheblich verändertes oder künstliches Gewässer wird in den Bewirtschaftungsplänen dargelegt und ihre Einstufung begründet. Eine Überprüfung der Einstufung findet für jede Bewirtschaftungsperiode erneut statt.

Generell gilt ein Verschlechterungsverbot für den Zustand von Oberflächenwasserkörpern und für die einzelnen Qualitätskomponenten.

Umweltziele für das Grundwasser

Für das Grundwasser fordert die Richtlinie einen guten chemischen und einen guten mengenmäßigen Zustand. Zur Bewertung des chemischen Zustands sind die Schadstoffkonzentrationen und die Leitfähigkeit im Grundwasserkörper zu beurteilen. Für den mengenmäßigen Zustand ist das Ausmaß, in dem ein Grundwasserkörper durch direkte und indirekte Entnahme beeinträchtigt wird, zu betrachten und zu bewerten.

Es gilt ein Verschlechterungsverbot für den Zustand von Grundwasserkörpern. Zusätzlich ist eine Trendumkehr bei signifikant und anhaltend zunehmenden Schadstoffkonzentrationen zu bewirken.

Bei der Ermittlung des Zustands der Grundwasserkörper sind auch Auswirkungen des Grundwassers auf grundwasserabhängige Landökosysteme (gwaLÖS) zu berücksichtigen. Grundwasserabhängige Landökosysteme können grundsätzlich mengenmäßige und chemische Belastungen von Grundwasserkörpern anzeigen.

Umweltziele für Schutzgebiete

Die Umweltziele beziehen auch Schutzgebiete mit ein, die entweder dem Schutz der Gewässer selbst oder zum Erhalt wasserabhängiger Lebensräume und Arten dienen. Zu nennen sind für Bayern:

  • Trinkwasserschutzgebiete,
  • Badegewässer,
  • Nährstoffsensible und empfindliche Gebiete (nach Kommunalabwasser- und Nitratrichtlinie),
  • FFH-Gebiete und Vogelschutzgebiete (Natura-2000-Gebiete).

Auch für Schutzgebiete sind alle Normen und Ziele zu erfüllen, sofern die gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften, auf deren Grundlage die einzelnen Schutzgebiete ausgewiesen wurden, keine anderweitigen Bestimmungen enthalten. Gemäß Art. 6 WRRL ist ein Verzeichnis der Schutzgebiete zu erstellen und aktuell zu halten.

Ausnahmeregelungen

Die Wasserrahmenrichtlinie gibt in Artikel 4 WRRL genau vor, welche Umweltziele zu welchem Zeitpunkt erreicht werden sollen. Unter festgesetzten Bedingungen (siehe auch Art. 4 Abs. 8 und 9 WRRL) können aber folgende Ausnahmeregelungen in Anspruch genommen werden:

  • Fristverlängerungen (Art. 4 Abs. 4 WRRL),
  • Festsetzung von weniger strengen Umweltzielen (Art. 4 Abs.5 WRRL),
  • Zulassen einer vorübergehenden Verschlechterung (Art. 4 Abs.6 WRRL),
  • Nichterreichen des Umweltziels oder Verschlechterung eines Zustands aufgrund neuer Änderungen von Wasserkörpereigenschaften oder Entwicklungstätigkeiten (Art. 4 Abs.7 WRRL).

Die Inanspruchnahme von Ausnahmeregelungen wird in den Bewirtschaftungsplänen dargelegt und für jeden betroffenen Wasserkörper begründet.

In Bayern wurden bisher ausschließlich "Fristverlängerungen" in Anspruch genommen mit grundsätzlich folgenden Hauptbegründungsarten:

  • Die technische Durchführbarkeit von Maßnahmen zur Zielerreichung ist nur in Schritten möglich, die den Zeitrahmen überschreiten.
  • Die Verwirklichung der Verbesserungen hätte zu unverhältnismäßig hohem Aufwand geführt.
  • Die natürlichen Gegebenheiten lassen keine rechtzeitige Verbesserung des Zustands zu.

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