Durchgängigkeit

Unsere Fließgewässer bilden von Natur aus miteinander vernetzte Lebensräume. Querbauwerke, wie zum Beispiel Wehre oder Abstürze, behindern beziehungsweise unterbinden den Sedimenttransport (insbesondere Geschiebe) und die biologische Durchgängigkeit im Hauptstrom und zu den Zuflüssen. Mangelhaft oder nicht durchgängige Querbauwerke, aber auch zu geringe Mindestwasserabflüsse in Ausleitungsstrecken schränken die Wandermöglichkeiten für Fische und andere wassergebundene Organismen ein. Können überlebenswichtige Habitate nicht mehr erreicht werden, so wirkt sich dies auf die Bestandsentwicklung der Gewässerorganismen (insbes. der Fische) negativ aus. In vielen Fließgewässern beziehungsweise Flusswasserkörpern konnte deshalb der gemäß Wasserrahmenrichtlinie (EG-WRRL) als Umweltziel geforderte gute ökologische Zustand oder das gute ökologische Potential bisher noch nicht erreicht werden. Mit gezielten Maßnahmen wird stetig eine Verbesserung der linearen und lateralen Durchgängigkeit des Gewässernetzes herbeigeführt, um die Ziele der EG-WRRL in allen Gewässern zu erreichen.

Flussaufwärts

Zur Verbesserung oder Wiederherstellung der flussaufwärts gerichteten Durchgängigkeit für Fische an Querbauwerken gibt es – sofern ein Rückbau der Wanderbarriere nicht möglich ist – verschiedene Möglichkeiten:

Umbau in Sohlrampe, Sohlgleite

Der Umbau von Wehren oder Abstürzen in naturnahe Sohlenbauwerke (sog. Sohlrampen beziehungsweise Sohlgleiten) können nicht nur die bisherige Funktion des Querbauwerks (zum Beispiel sohlstützende Wirkung) übernehmen, sondern gleichen bei entsprechender Ausführung natürlichen Stromschnellen, die für fast alle Gewässerorganismen und auch für Sedimente (zum Beispiel Geschiebe) durchgängig sind. Bei Sohlgleiten mit einer Neigung flacher als 1:15 schaffen auch schwimmschwächere Fischarten den Aufstieg. Zudem müssen Ruhebereiche für die wandernden Organismen vorhanden sein. Um bei einer Sohlgleite auch bei Niedrigwasser eine ausreichende Fließtiefe zu gewährleisten, ist es sinnvoll, eine "Niedrigwasserrinne" einzubauen, in der sich ein geringer Abfluss konzentriert. Erst bei einem höheren Abfluss wird dann die gesamte Breite der Sohlenstufe überströmt.

Fischaufstiegsanlage

Die flussaufwärts gerichtete Durchgängigkeit an Wehranlagen kann durch technische oder naturnahe Fischaufstiegsanlagen ermöglicht werden. Im Gegensatz zu den technischen Fischaufstiegsanlagen sind Umgehungsgewässer naturnäher gestaltet und bieten zudem oft einen Ersatzlebensraum, sie benötigen aber in der Regel eine deutlich größere Fläche und höhere Abflüsse beziehungsweise Dotationswassermengen.

Die Konstruktion von Fischaufstiegsanlagen muss den Erfordernissen der am Standort vorkommenden Fischarten angepasst sein. Dazu gehören beispielsweise geeignete, von den Fischen auffindbare Einstiege, eine ausreichende Dimensionierung, eine nicht zu große Stufenhöhe, ein passendes Sohlsubstrat und vor allem ein ausreichender Abfluss, um eine angemessene Fließtiefe und variationsreiche Strömungsverhältnisse sicherzustellen. Das Auffinden der Einstiege wird durch eine Leitströmung ermöglicht. Fischaufstiegsanlagen müssen regelmäßig kontrolliert werden, da die Gefahr der Verlegung (Verstopfung) mit Laub und Ästen besteht oder nach Hochwassern die Funktionsfähigkeit beispielsweise durch das Verrutschen der Steine eingeschränkt wird.

Im Praxishandbuch "Fischaufstiegsanlagen in Bayern" (siehe rechte Spalte) sind alle relevanten Kriterien und Grundlagen für die Planung, bauliche Ausführung und den Betrieb von Fischaufstiegsanlagen dargelegt.

Flussabwärts

Die stromabwärts gerichtete Wanderung von Fischen wird durch Querbauwerke in der Regel nicht vollständig unterbunden. Bei größeren Abflüssen ist teilweise eine Verdriftung der Gewässerorganismen in der fließenden Welle über das Querbauwerk hinweg möglich. Bei Stauanlagen mit Wasserkraftnutzung besteht die Gefahr, dass Fische bei der Abwärtswanderung durch die Turbine geschädigt werden.

Generell besteht zur Thematik "Fischabstieg und Fischschutz" gegenwärtig noch Forschungs- und Entwicklungsbedarf hinsichtlich der biologischen Grundlagen sowie der ökotechnischen und ökohydraulischen Anforderungen an entsprechende Anlagen beziehungsweise Einrichtungen.

Das Umweltbundesamt hat aus diesem Grund ein Forum zum Informations- und Meinungsaustausch bezüglich der Themen Fischschutz und Fischabstieg eingerichtet.

Im Hinblick auf Fischabstieg und Fischschutz untersucht zudem der Lehrstuhl für aquatische Systembiologie der TU München im Auftrag des Bayerischen Landesamts für Umwelt bayernweit unterschiedliche innovative Ansätze zur Wasserkraftnutzung.

Für Sedimente

Ein guter Gewässerzustand wird in manchen Flüssen nur erreicht werden können, wenn auch ein weitgehend ungehinderter Transport von Sedimenten sichergestellt wird. Sedimente, insbesondere das Geschiebe (Kies und Sand) sind einerseits ein unverzichtbarer, die Gewässersohle prägender Bestandteil eines jeden Fließgewässers und andererseits Voraussetzung für intakte Lebensräume (zum Beispiel Laichhabitate für Fische).

In Ausleitungsstrecken

Insbesondere für die Energieerzeugung durch Wasserkraft wird aus den Flüssen und Bächen Wasser in Triebwerkskanäle ausgeleitet. Wird dem Fluss zu viel Wasser entzogen, kann dies negative Folgen für die Durchgängigkeit beziehungsweise den ökologischen Zustand des Fließgewässers insgesamt haben, da das Gewässerbett nicht mehr ausreichend durchflossen wird. Die erforderliche Mindestwasserführung richtet sich nach der hydrologischen Situation vor Ort und den ökologischen Erfordernissen. Ausreichende Wassertiefen und Fließgeschwindigkeiten in der Ausleitungsstrecke sollen die Durchgängigkeit und erforderliche Lebensraumqualität für die Fischpopulation und andere Gewässerorganismen gewährleisten.

Für gebietsfremde invasive Fischarten

In den bayerischen Gewässern kommen mehrere gebietsfremde invasive Fischarten vor, von denen drei auf der Unionsliste der EU-Verordnung stehen.

Am ehesten kann gegen gebietsfremde invasive Fischarten durch Präventionsmaßnahmen (u.a. Öffentlichkeitsarbeit, Verbote, z.B. Vermeidung versehentlicher Ausbringung aus Aquaristik und Teichwirtschaft) und ggf. noch durch sofortige Beseitigungsmaßnahmen in der frühen Phase ihrer Ausbreitung (z.B. Entnahme, Trockenlegung in kleinen, nicht offenen Gewässern) vorgegangen werden. Nach erfolgreicher Etablierung in offenen Gewässern wird es praktisch unmöglich, invasive Arten in deren Ausbreitung zu stoppen.

Wanderbewegungen entlang barrierefreier Fließgewässer sind natürliche Prozesse. Viele heimische Arten benötigen daher durchgängige Fließgewässer für ihre natürliche Ausbreitung. Die Weiterverbreitung invasiver Arten lässt sich im Regelfall nicht durch eine Unterbrechung des Fließkontinuums durch Querbauwerke bzw. Wanderhindernisse aufhalten. Aus fisch- und gewässerökologischer Sicht stärken Maßnahmen zur Verbesserung der Gewässerstruktur und Durchgängigkeit insbesondere die heimische Artenvielfalt. Insofern ist die Verbesserung der Gewässerdurchgängigkeit in der gesamtökologischen Einschätzung des LfU auch beim Vorhandensein invasiver Arten im Regelfall zielführend und anzustreben.

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