Auswirkungen auf Hochwasserabflüsse

Hochwasser hängt unmittelbar von Wetterereignissen ab und kann große Schäden verursachen. Mit dem Klimawandel hat sich das "langjährig mittlere Wetter", also das Klima, bereits geändert. Ob sich dies auf die Hochwasserabflüsse auswirkt und was uns für die Zukunft erwartet, untersucht die Kooperation KLIWA.

Kurz gesagt

  • Die Hochwassersituation hat sich in der Vergangenheit kaum verschärft: Nur etwa ein Fünftel der bayerischen Pegel zeigt belastbare Zunahmen.
  • Schaut man auf die jährlichen Hochwassermengen kann es bis Mitte des 21. Jahrhunderts nördlich der Donau höhere Hochwasser geben. Südlich der Donau bleibt die Situation gleich.
  • Extreme Hochwasser mit der Wiederkehrwahrscheinlichkeit von 100 Jahren werden intensiver beziehungsweise häufiger.

Zum Weiterlesen

Die Seite erläutert

  • was man unter Hochwasser versteht und wie es ausgewertet wird,
  • welche Veränderungen man bereits beobachtet,
  • was man zur zukünftigen Entwicklung weiß.

Ein breites Angebot an Informationen zur Entstehung von Hochwasser, seinen Risiken, zum Hochwassernachrichtendienst oder zum Hochwassermanagement bietet das LfU unter "Weiterführende Informationen" am Ende dieser Seite oder in den Publikationen in der rechten Seitenspalte.

Was ist Hochwasser und wie wertet man es aus?

Hochwasser ist ein Teil des natürlichen Abflussverhaltens eines Fließgewässers. Es beschreibt einen Zustand, an dem die Abflussmenge über einem für dieses Gewässer typischen Schwellenwert liegt. Bevölkerung und Infrastruktur sind für gewöhnlich erst ab der sogenannten Meldestufe 2 (Aussage jeweils bezogen auf einen Pegel) beeinträchtigt oder gar gefährdet. Das Lexikon des bayerischen Hochwassernachrichtendienstes geht auf die vier Meldestufen ein:

Hochwasser entsteht einerseits durch langanhaltende, ergiebige Niederschläge. Im Winter und Frühjahr ist es zudem oft mit Schneeschmelzereignissen gekoppelt. Solch ein Hochwasser tritt zumeist großräumig auf. Andererseits können vor allem im Frühjahr und Sommer auch kurze und räumlich begrenzte, aber heftige schauerartige Starkregen ("konvektive Niederschläge") Hochwasser hervorrufen. Von diesen sind dann meist nur kleine Einzugsgebiete betroffen. Häufig werden solche lokalen Ereignisse auch nicht von Pegeln erfasst.

Die Kooperation KLIWA wertet statistisch aus, ob und wie stark sich die Hochwassermengen in der Vergangenheit geändert haben oder in Zukunft ändern werden. KLIWA nutzt dafür unter anderem die folgenden hydrologischen Kennwerte

  • HQ: Höchster gemessener Abfluss eines Jahres
  • MHQ: Mittelwert der Jahreshöchstabflüsse über einen längeren Zeitraum (meist > 30 Jahre)
  • Wiederkehrsintervall bzw. Jährlichkeit: Gibt an, in welchem Zeitraum eine Abflussmenge im Mittel erreicht oder überschritten wird. Beispiel: Der 100jährliche Abfluss wird im Mittel alle 100 Jahre erreicht oder überschritten.

Wie diese Hochwasserkennwerte berechnet werden und welche es darüber hinaus gibt, erläutert das nachfolgende PDF-Dokument.

Naturgemäß sind Hochwasser seltene Ereignisse. Daher ist die Anzahl der auswertbaren Daten innerhalb eines bestimmten Zeitraums begrenzt. Das macht die Ableitung von statistisch gesicherten Aussagen, z.B. zur zeitlichen Entwicklung von Hochwasserabflussmengen (Trends), grundsätzlich schwierig. Dabei wird es umso schwieriger, je seltener die Ereignisse werden. Beispielsweise lassen sich für Hochwasser, die statistisch gesehen einmal in 10 Jahren auftreten ("10-jährliche Ereignisse") leichter Aussagen treffen als für 100-jährliche. Ein Maß für die Verlässlichkeit der Trends ist auch hier wieder die statistische Signifikanz.

Auch die mittlere Menge des Hochwasserabflusses unterliegt einem Jahresgang ("Abflussregime", siehe auch dazugehörige Seite). Nimmt die Hochwassermenge in dem Jahresabschnitt zu, in dem natürlicherweise bereits die höchsten Abflüsse auftreten, erhöht das die Hochwassergefahr stärker als in einem Jahresabschnitt mit natürlicherweise niedrigeren Abflüssen.

Welche Veränderungen beobachten wir?

Wie sich die Hochwasserabflussmengen zwischen 1932 und 2015 verändert haben, untersuchte KLIWA in seinem aktuellen Monitoring-Bericht 2016 (Link dazu siehe unten) und berechnete dafür den linearen Trend des (Halb-)Jahreshöchstdurchflusses HQ. Anders als in diesem Bericht nimmt Bayern aber eine höhere und damit strengere Signifikanzgrenze von mindestens 90 %, um die Belastbarkeit zu bewerten. Infolgedessen weisen die hiesigen Analysen eine geringere Anzahl belastbarer Trends aus. Die berechneten Trends zeigen zudem immer sowohl den Einfluss des Klimas als auch den der wasserwirtschaftlichen Nutzung. Einen eindeutigen Zusammenhang zum Klimawandel kann man daher nur bedingt ableiten.

Die Ergebnisse für das Jahr, das Sommer- und Winterhalbjahr an 60 bayerischen Pegeln zeigen die folgenden Karten. Signifikante Trends, also belastbare Entwicklungen (bei einer Signifikanz von mindestens 90 %), erkennt man an farbigen Kreisen: Gelb bezeichnet geringere Abflussmengen, blau höhere.

Karten mit qualitativen Trends. Viele Pegel zeigen keine belastbaren Trends. Hydrologisches Jahr: Zunahmen entlang der Donau und im Inn-Einzugsgebiet, Abnahmen an einem Pegel im Allgäu und im Inn-Gebiet. Hydrologisches Sommerhalbjahr: Zunahmen entlang der Donau und im Inn-Einzugsbgebiet, Abnahmen an einem Pegel im Allgäu und im Inn-Gebiet. Hydrologisches Winterhalbjahr: Vereinzelte Zunahmen südlich der Donau, Abnahmen an zwei Pegeln im Lech-Einzugsgebiet. Karte der HQ-Trends an 60 Pegeln in Bayern im hydrologischen Jahr, Sommer- bzw. Winterhalbjahr

Die ausgewerteten Pegel zeigen mehrheitlich steigende Tendenzen, jedoch sind diese Veränderungen zum größten Teil nicht signifikant – also belastbar. Hier dargestellt werden nur die belastbaren Trends. Im hydrologischen Jahr lassen sich an etwas über 20 Prozent der Pegel Zunahmen und drei Prozent Abnahmen der jährlich höchsten Abflüsse nachweisen. Diese Veränderungen betreffen vor allem die Pegel entlang der Donau und im Südosten Bayerns. Ähnlich im prozentualen Anteil, wie auch in der räumlichen Verteilung, verhält es sich für die höchsten Abflüsse im Sommerhalbjahr. Die geringste Anzahl belastbarer Trends zeigen sich im hydrologischen Winterhalbjahr mit circa 14 Prozent Zunahmen und drei Prozent Abnahmen. Diese Trends liegen nahezu alle südlich der Donau.

Die hier gezeigten Trends gelten für den Zeitraum 1932 bis 2015. Betrachtet man kürzere Zeiträume, beispielsweise von 1974 bis 2015, findet man noch weniger eindeutige Trends. Verlängert man die Zeitreihe, können sich die Trends ebenfalls verändern. Entsprechend detaillierter Untersuchungen mit unterschiedlich langen Zeitreihen deutet sich an, dass die Hochwasserabflussmengen nach 2000 rückläufig sein könnten: Zeigten die Trends bis zum Jahr 2000 noch recht deutliche Zunahmen, fielen diese bei Verlängerung bis 2010 bzw. 2015 merklich schwächer aus.

Ausführlichere Analysen zu den einzelnen Pegeln enthalten die Sonderauswertungen zum KLIWA-Monitoringbericht 2016 (Link siehe unten).

Was können wir für die Zukunft sagen?

Ergebnis von Abflussprojektionen

Zukünftiges Hochwasser?

Die zukünftige Abflussentwicklung ("Abflussprojektionen") in Bayern wird in KLIWA mit Hilfe von Wasserhaushaltsmodellen abgeschätzt. Derzeit erarbeitet das LfU, welche Abflussänderungen auf Grundlage der Klimaprojektionen des 5. IPCC-Berichtes mit seinen RCP-Szenarien zu erwarten sind. Eine Fertigstellung ist für 2021 geplant. Aussagen auf Grundlage der SRES-A1B-Klimaprojektionen des 4. IPCC-Berichtes sind aber bereits möglich. Informationen zu den klimatischen Grundlagen und der Wasserhaushaltsmodellierung beschreiben die beiden folgenden Seiten und die unten angegebenen Links.

Die nachfolgende Karte zeigt die Veränderung des mittleren jährlichen Hochwasserabflusses beispielhaft bis Mitte des Jahrhunderts (2041 bis 2070) gegenüber dem Referenzzeitraum 1971 bis 2000 an 60 ausgewählten Pegel in Bayern. KLIWA stellt Zukunftsaussagen immer als Bandbreite (Minimum/ Maximum) für das aktuelle bayerische Ensemble an Abflussprojektionen dar. Der Median kennzeichnet dabei die Änderung, die in der Mitte des Ensembles liegt. Gelb-braune Kreise beschreiben Abnahmen an den Pegeln, blaue Kreise Zunahmen. Der Bereich zwischen -10% und +10% ist als "keine Änderung" definiert.

Kartendarstellung mit Abflussänderung an 60 Pegeln. Minimum: im Alpenvorland und in Unterfranken Abflussabnahmen zwischen -20 und -50 Prozent, sonst Abnahmen von überwiegend -35 Prozent und mehr; Median: keine Änderung im Donauraum und südlich davon, in Franken Zunahmen zwischen +10 und +20 Prozent; Maximum: entlang und südlich der Donau Zunahmen überwiegend zwischen +10 und +35 Prozent, nördlich der Donau Zunahmen überwiegend zwischen +35 und +50 Prozent oder darüber. Prozentuale Änderung der mittleren Hochwasserabflussmengen im hydrologischen Jahr bis Mitte des Jahrhunderts gegenüber dem Referenzzeitraum an 60 ausgewählten Pegeln in Bayern (Abflussprojektionsensemble mit SRES-A1B)

Im hydrologischen Jahr (siehe Karte) ergeben sich für den Median in Nord- und Südbayern unterschiedlich starke Entwicklungen: Während an der Donau und südlich davon keine Änderungen erkennbar sind, nehmen die Abflüsse nördlich davon zu. Diese Zweiteilung zeigt sich abgeschwächt auch im Maximum (fast überall Zunahmen). Im Minimum des Ensembles ergeben sich überall Abnahmen. Dies spiegelt die Bandbreite der betrachteten SRESA1B-Klimaprojektionen im 4. IPCC-Bericht wider und stellt eine Herausforderung für die Planung von Hochwasserschutzmaßnahmen dar.

Im Winterhalbjahr ändern sich die Hochwasserabflüsse im Median nicht deutlich oder nehmen bayernweit leicht zu. Im Minimum sind die Abnahmen weniger deutlich als im hydrologischen Jahr, das Maximum dagegen deutlich stärker. Im Sommerhalbjahr sieht man für die Regionen nördlich der Donau eine klare Zunahme. Sie treffen aber eine Jahreszeit in dem im Jahresgang eher geringe Abflüsse natürlich sind. Südlich der Donau erkennt man dagegen keine Änderungen der Hochwasserabflüsse und damit auch keine Verschärfung der Situation. Auch hier verzeichnet das Minimum des Ensembles Abnahmen, das Maximum Zunahmen.

Vergleichbare Auswertungen gibt es auch für die Zeiträume 2021 bis 2050 und 2071 bis 2100. Dort finden sich auch die Karten zu den hier nicht bildlich dargestellten anderen Jahresabschnitten. Im Allgemeinen verstärken sich die Änderungen bis Ende des Jahrhunderts.

Bei den hier beschriebenen Änderungen wird nicht unterschieden, wie die Hochwasser entstehen. Vor allem zu kurzzeitigen und kleinräumigen Ereignissen, wie sie durch Starkregen hervorgerufen werden, sind die Modellierungen der Zukunft noch sehr unsicher. Darauf geht die nebenstehende Seite Starkregen ein.

Ergebnisse des Projektes ClimEx

Das Projekt ClimEx ergänzt die Ergebnisse von KLIWA hinsichtlich der Hochwasserentstehung, der belastbaren Ableitung von Hochwasserjährlichkeiten sowie Aussagen zur zukünftigen Entwicklung besonders extremer Hochwasserereignisse. Detailinformationen bietet die dazugehörige Projektseite.

Wesentliche Ergebnisse

Hochwasserentstehung: ClimEx untersuchte, ob sich in Zukunft das Abflussgeschehen ändert und welche Prozesse besonders zu Hochwasser führen. Im Ergebnis wird die Schneeschmelze im Laufe des Jahrhunderts als Ursache für Hochwasser immer weniger bedeutsam. Dagegen werden sehr seltene, extreme Hochwasserereignisse häufiger, die durch Überlagerung ungünstiger Randbedingungen entstehen (sogenannte compo und events). Solches sind beispielsweise besonders starke und/oder langanhaltende Niederschläge, die auf einen bereits wassergesättigten Boden treffen und somit sofort abfließen oder mit der Schneeschmelze zusammenfallen. Gemäß den physikalischen Zusammenhängen führt eine höhere Lufttemperatur auch zu intensiveren Niederschlägen. Damit sind zukünftig also Hochwassermengen möglich, die so bisher nicht beobachtet wurden.

Hochwasserjährlichkeiten: Der hundertjährliche Abfluss HQ100 ist der Abfluss eines Gewässers, der an einem Standort statistisch alle hundert Jahre überschritten wird. Er dient zur Bemessung von Hochwasserschutzanlagen. Da die Zeitreihen der Abflussmessungen meist kürzer sind als 100 Jahre, berechnet man den HQ100 mit statistischen Methoden, deren Ergebnisse umso unsicherer sind, je kürzer die Messzeitreihe ist. Mit Hilfe des ClimEx lassen sich robuste Werte für seltene Hochwasserjährlichkeiten (z.B. HQ100) empirisch ermitteln.

Zukünftige Entwicklung extremer Ereignisse: Die Abflussmenge des heutigen HQ100 tritt in Zukunft häufiger auf. Hochwasserereignisse mit der Häufigkeit von 100 Jahren bringen einen deutlich höheren Abfluss.

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