Ökologische Leitideen und nachhaltige Planung

Die Vorgaben des LfU zur angestrebten Qualität der Freianlagen entsprachen bereits zu Beginn der Planung für den Standort Augsburg im Jahr 1996 weitgehend den heute gängigen Standards für nachhaltig geplante Außenanlagen und wurden damals als "ökologische Leitideen" bezeichnet. Sie waren 1989 im Rahmen einer vom Bayerischen Staatsministerium für Umwelt und Landesentwicklung beauftragten Studie der TU München-Weihenstephan am Lehrstuhl für Landschaftsarchitektur und Entwerfen, Prof. Christoph Valentien, erarbeitet worden.

Wiesenblüte im nördlichen Innenhof Naturnahe Wiese mit Architekturbezug

Die Leitideen aus dieser Studie wurden ab 1993 in der LfU-Anlage modellhaft, teilweise auch mit experimentellem Charakter umgesetzt. Zu Demonstrations- und Anschauungszwecken von "Bausteinen" ökologischer Planung wurde eine Vielzahl von unterschiedlichen Standorten und Gestaltungselementen entwickelt, die das Spektrum naturnaher Gestaltung für die interessierte Öffentlichkeit aufzeigen:

  • Erhaltung und Schaffung vielfältiger Lebensräume für Pflanzen und Tiere durch
    • die Erhaltung der Durchlässigkeit zu benachbarten landschaftlichen Bereichen und Siedlungsstrukturen,
    • die Integration von Landschaftselementen der Natur-und Kulturlandschaft in die Gestaltung
    • eine gezielte Steigerung der standörtlichen Vielfalt durch Einbringen vielfältiger Strukturen mit Lebensraumfunktion.
  • Sparsamer Umgang mit Ressourcen und möglichst geringer Erstellungs- und Pflegeaufwand durch
    • einfache und materialsparende Bauweisen bei Belagflächen, Konstruktionen und Geländeabstützungen,
    • Verwendung von sortenreinen Baustoffen und Recyclingmaterial,
    • sinnvolle Zuordnung von Funktionsbereichen und flächensparende Erschließung
    • stabile Pflanzkonzepte mit geringem Pflegeaufwand und eigendynamischer Entwicklung.
  • Erhaltung von Puffer-und Regelleistungen im Naturhaushalt durch
    • Minimierung der Versiegelung bei befestigten Flächen und Herstellung begrünter Beläge,
    • eine flächige Versickerung von unverschmutztem Oberflächenwasser, flächennah und in belebten Versickerungsbereichen
    • Verbesserung des Kleinklimas durch verzögerten Wasserabfluss, gebäudenahe Wasserrückhaltung und Dachbegrünung.
  • Erlebbarkeit und aktive Auseinandersetzung mit Natur durch
    • Möglichkeiten für Mitarbeiter/Nutzer für Eigeninitiative in den Außenanlagen
    • Einbeziehung der Nutzer in die Planung und Pflege
    • Bereitstellung von Informationen zur Gestaltung und zum Entwicklungserfolg (Kartierungen) für Nutzer und Besucher
Sukzessionsfläche mit Betonresten aus der Bauzeit und Sanddorngebüsch beim Parkplatz Sukzessionsfläche mit Betonresten aus der Bauzeit und Sanddorngebüsch

Konkrete konzeptionelle, gestalterische und technische Lösungen entstanden dabei ganz wesentlich aus den Bedingungen und Qualitäten des Standorts:

  • Die zeitweilige Schießplatznutzung hatte teils erhebliche Altlasten in den oberen Bodenhorizonten hinterlassen, so dass große Teile des Oberbodens und der Rotlage fachgerecht verwertet werden mussten.
  • Kiesiger Baugrubenaushub wurde vor Ort für bautechnische (Wegebau) und teilweise auch vegetationstechnische Zwecke (Magerrasen) direkt wiederverwendet.
  • Rotlage diente als kostengünstiger Baustoff zur Geländemodellierung und als Substrat (Dachbegrünung), so konnten Erdbewegungen und Verwertungskosten minimiert werden.
  • Die günstigen Versickerungsbedingungen wurden vollumfänglich genutzt und Niederschlagswasser wird breitflächig (Grünflächen) oder über Versickerungsanlagen (Dachflächen, Verkehrsflächen) gezielt ins Grundwasser rückgeführt. So blieb die stadtklimatische Wirkung der Fläche weitgehend erhalten und der Regenwasserabfluss wird minimiert.
  • Bestehende Vegetation (Halbtrockenrasen) konnte wegen des geplanten Bauvolumens und der Altlastenproblematik nur kleinflächig erhalten werden, ihre Charakteristik sollte jedoch, auch im Sinne des Ausgleichsgedankens, eine wesentliche Rolle bei der Neuanlage spielen.
  • Das Vegetationskonzept bezieht sich bei Artenauswahl und Gestaltung der Vegetationselemente ausdrücklich auf die potentielle natürliche Vegetation am Standort und das landschaftsgeschichtliche Element der Lechheiden.
  • Vorhandene bauliche Strukturen (Betonpiste, Hallenfundamente) wurden so weit wie möglich erhalten und in die Gestaltung integriert. Dies reduziert den Erstellungsaufwand und die Ortsgeschichte bleibt lesbar.
  • Abbruchmaterialien (Betonpiste) wurden vor Ort direkt wiederverwendet, zum Beispiel zur Erstellung von Mauern und Belagsflächen.
  • Die Durchlässigkeit des Geländes, seine Zugänglichkeit und Anbindung nach außen blieben weitgehend unverändert erhalten.

Inzwischen wurden in der Fachwelt im Zuge der Weiterentwicklung ökologisch orientierter Planungsansätze hin zum Gedanken der Nachhaltigkeit diese Qualitätsziele umfassender formuliert und präzisiert, so zum Beispiel im Leitfaden "Nachhaltig geplante Außenanlagen auf Bundesliegenschaften" des Bundesbauministeriums (BMVBS 2012). Auch nach diesen Zielen erfüllen die Außenanlagen des LfU, wie sie sich heute präsentieren, die Anforderungen an eine nachhaltige Planung in hohem Maße:

  • Ökologische Qualität wurde bei Planung, Realisierung und Pflege in vielen Handlungsfeldern bislang umfassend berücksichtigt.
  • Ökonomische Qualität konnte durch ressourcensparende Bauweisen und überwiegend geringen Pflegeaufwand dargestellt werden.
  • Soziokulturelle und funktionale Qualitäten wurden auf vielerlei Ebenen umgesetzt, angefangen bei der Nutzerbeteiligung in der Planung über die Gestaltung, die Architektur und Freiraum integrativ behandelt bis zur Offenheit und Durchlässigkeit der Anlage, die eine allgemeine Zugänglichkeit und Einbindung in das städtische Umfeld ermöglicht.
  • Standortqualität wurde erhalten, aufgenommen und der besondere Charakter des Ortes vielschichtig weiterentwickelt.

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