Kippenboden in Wackersdorf - Bayerns Boden des Jahres 2019

Bayerns Boden des Jahres 2019 ist der Kippenboden im Oberpfälzer Seenland bei Wackersdorf. Kippenböden, auch Kipp-Regosole genannt, sind junge menschenhand-gemachte Böden, die sich innerhalb von Jahrzehnten als Folgelandschaft der Bergbau-Zeiten entwickelt haben. Der diesjährige Boden des Jahres ist das Ergebnis von Abraumlagerung auf Kippen und Halden.

Als Regosol wird ein natürlicher Rohboden bezeichnet, auf denen bislang nur Humusbildung stattgefunden hat. Beim Kippenboden (Kipp-Regosol) handelt es sich hingegen um einen jungen, kaum entwickelten Boden, der durch aufgekipptes Abraummaterial besonders aus Braunkohle-Tagebauen entstanden ist. Dies ist im Bodenprofil an diesem Standort sehr gut zu erkennen.

78 Jahre lang wurde in der Region Wackersdorf und Steinberg am See Braunkohle gefördert, insgesamt 152 Millionen Tonnen. Seit 1982 ist der Bergbau aus der Region verschwunden. Die Verwaltungsgemeinschaft Wackersdorf – Steinberg am See setzt gemeinsam mit der Uniper Kraftwerke GmbH rund um den See ein umfangreiches Rekultivierungskonzept um. Die ehemaligen Halden wurden rekultiviert und mit zwei Museen, dem Museums- und Naturlehrpfad sowie einer Seenkette für Mensch und Tier attraktiv gemacht.

Der Steinberger See Von der Bergbaulandschaft zum Naherholungsgebiet: die Oberpfälzische Seenplatte. Zum Beispiel der Steinberger See.

Besonderheit

Um an die Kohle zu gelangen, mussten große Schaufelradbagger die überdeckende, oft meterdichte Bodenschicht aus Humus, Sand und Ton abtragen. Mit diesem sogenannten Abraum wurden dann die ausgebaggerten Tagebaulöcher wieder verfüllt: Schicht um Schicht wurde aufgekippt, mal mit viel Humus, mal mit Braunkohleresten oder Tonlinsen.

Eine einzelne Schaufel von dem großen Schaufelrad Detailbild eines ausgestellten Schaufelrad-Eimers

Kippenboden-Vorkommen

Die Folgelandschaften nach dem Braunkohletagebergbau nehmen deutschlandweit große Flächen ein. Man findet sie in Bergbaufolgelandschaften der Braunkohletagebaue: im Bereich der Lausitz, im Mitteldeutschen Revier, im Rheinland sowie in Hessen und in Bayern, zum Beispiel nahe Wackersdorf.

Herausforderung

Völlig veränderte Bodenverhältnisse ergaben Kohlenabbau und die Lagerung des Abraumes auf Kippen und Halden. Kippenflächen stillgelegter Tagebaue bestehen aus den um- und abgelagerten Lockergesteinen des sogenannten Abraums. Dabei vermischen sich verschiedene geologischen Materialien, die vorher getrennt über der Kohle lagerten. Am freigelegten Profil sieht man, dass das aufge"kippte" Material aus vielen Schichten besteht. Die unterscheiden sich zum Beispiel im Nähstoffgehalt, der Wasserverfügbarkeit und dem Säuregrad. Für die Wurzeln und das Bodenleben ist es schwierig, sich daran anzupassen. Es kann dadurch kein richtiger Boden entstehen. Darüber hinaus gingen die sonst vorhandenen Bodeneigenschaften durch den Einsatz von Planierraupen verloren. Sie ebneten die Aufschüttungen ein, so dass sich mit der Zeit die einzelnen Bodenschichten stark verdichteten.

Aufgegrabenes Kippenbodenprofil bei dem die einzelnen, sichtbaren Schichten benannt sind Kippenbodenprofil mit Benennung der einzelnen Schichten wie organische Auflage, humoser Oberboden und Schicht mit vielen Braunkohleresten

Perspektiven

Solche Flächen eignen sich kaum für eine land- und forstwirtschaftliche Nutzung. Sie dienen daher eher als Vorrangflächen für den Naturschutz und bilden mitunter ausgedehnte Offenlandflächen. Häufig bleiben diese Areale für größere Zeitspannen sich selbst überlassen. Für viele seltene und häufig stark spezialisierte Pflanzen und Tiere bieten sie Lebensraum.

Um einen Bewuchs mit Pflanzen möglich zu machen und somit die Durchwurzelung samt Humusbildung zu fördern, erfolgte im Wackersdorfer Revier unter anderem eine Aufforstung mit widerstandsfähigen Baumarten wie Bergahorn, Winterlinde und der aus Nordamerika stammenden Roteiche. Sie hilft auch, Bodenabtrag zu vermeiden und den Wasserhaushalt zu regulieren.

Humusauflage mit Niederbewuchs und Laub Die organische Auflage besteht vor allem aus Blättern von Bergahorn, Winterlinde und Roteiche, Bodenleben wie Ameisen und Bakterien zerkleinern die Blätter und Pflanzenreste zu Humus

So wurde der neu entstandene Boden rekultiviert. Im Laufe der Zeit entstanden ein Museumslehrpfad, der Naturlehrpfad mit Quiz und Ratetafeln, ein Barfußpfad sowie die Rauberweiher-Seenkette mit Edlmannsee, Murner See, Brückelsee, Ausee und Lindensee. Ein neuer Erlebensraum für Mensch und Tier entstand. Eines der 100 schönsten Geotope von Bayern (Nummer 99, die Wackersdorfer Braunkohle) befindet sich auch gleich in der Nähe.

Luftbild des Wackersdorfer Sees Das Wackersdorfer Seenland mit Steinberger See und Knappensee. Eine ehemalige Bergbaufolgelandschaft entwickelte sich im Laufe der Jahre zu einem Naherholungsziel; Foto: Hajo Dietz, Nürnberg

Zusammenfassend erklärt eine Schautafel am Prämierungsort des Bodens des Jahres 2019, was mit dem verlassenen Areal geschah, beschreibt die Entstehung des Bodens, stellt die Lebewesen darin vor und die Bedeutung für die Natur und den Menschen.

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