FAQ: Mikroplastik in der Umwelt

Kunststoffe (umgangssprachlich: "Plastik"; wissenschaftliche Bezeichnung: "synthetisch hergestellte Polymere") sind ein wichtiger Bestandteil unseres Alltags und haben aufgrund ihrer flexiblen Materialeigenschaften eine Vielzahl von technischen und medizinischen Innovationen ermöglicht. Aus ökonomischer und gesellschaftlicher Perspektive gesehen sind sie bedeutende Wertstoffe. Die weltweite Produktion von Kunststoffen ist auf über 400 Millionen Tonnen im Jahr 2022 angestiegen und damit auch der Prozentsatz anfallenden Plastikmülls. Geraten Kunststoffe in die Umwelt, können sie dort lange Zeit verbleiben.

Als Mikroplastik bezeichnet man Plastikpartikel, die kleiner als 5 Millimeter sind. Meist sind die Teilchen jedoch nur wenige tausendstel Millimeter, d. h. wenige Mikrometer (µm) groß und mit bloßem Auge nicht erkennbar. Ein Teil der Mikroplastikpartikel wird gezielt industriell hergestellt (primäres Mikroplastik). Handelt es sich um perfekt runde Kügelchen, wie sie häufig in Kosmetikprodukten zu finden sind, spricht man von sogenannten Microbeads. Unregelmäßig geformt werden sie auch als Schleifmittel (zum Beispiel in Peelings) eingesetzt. Auch gibt es sogenannte Pellets, die das Rohmaterial zur Herstellung von größeren Kunststoffprodukten, zum Beispiel in Spritzgussverfahren darstellen.

Im Gegensatz zu diesen extra hergestellten Partikeln entsteht so genanntes sekundäres Mikroplastik aus größeren Kunststoffteilen, die in der Umwelt durch äußere Einflüsse, wie zum Beispiel UV-Strahlung (Sonne) oder andere chemische, biologische oder mechanische Einflüsse (zum Beispiel Wellen), klein gerieben oder zersetzt werden.

Nach einer Studie des Umweltbundesamtes stellt sekundäres Mikroplastik die Haupteintragsquelle in die Umwelt dar. Neben unsachgemäß entsorgtem Plastikmüll, wie Flaschen oder Tüten, der direkt oder über den Wind in Gewässer eingetragen wird und dort zu Mikroplastikpartikeln zerfällt, zählen auch der Abrieb von Reifen und Schuhen, bei Transport oder Lagerung unbeabsichtigt verlorene Kunststoffpellets, Sport- und Spielplätze aus Kunstrasen sowie Baustellen zu den Haupteintragsquellen. In Kosmetikartikeln verwendete Mikroplastikpartikel leisten gegenüber Plastikmüll einen mengenmäßig untergeordneten, aber gleichfalls vermeidbaren Beitrag. Auch synthetische Fasern von Kleidungsstücken, die über das Abwasser in die Gewässer gelangen, spielen eine Rolle.

Eine exakte Quantifizierung aller Eintragspfade von Mikroplastik in Gewässer ist aber derzeit noch nicht möglich.

Unnötige Einwegprodukte und Verpackungen sollten vermieden werden, bei nicht vermeidbaren Verpackungen können mitunter Recyclingmaterialien bevorzugt werden. Zudem sollte der Plastikmüll nicht einfach auf die Straße geworfen werden, sondern einer ordnungsgemäßen Entsorgung (Wertstofftonne oder gelber Sack) zugeführt werden, sodass ein Recycling ermöglicht wird. Achtlos weggeworfener Plastikmüll kann früher oder später durch Wind oder Regen in Flüssen und Seen landen. Weiterhin kann darauf geachtet werden nur solche Kosmetikprodukte zu erwerben, die auf Kunststoffgranulate verzichten. Ein Einkaufsratgeber mit Produkten, die industriell hergestellte Mikroplastikpartikel enthalten, kann unter nachfolgendem Link abgerufen werden.

Es gibt Kunststoffe, die auf der Wasseroberfläche schwimmen und andere, die auf den Grund absinken. Durch natürliche Prozesse siedeln sich auf der Partikeloberfläche Kleinstorganismen an oder lagern sich Mineralien wie Kalk ab, die das Schwimmen oder Sinken der Partikel beeinflussen. Daher werden Proben von der Wasseroberfläche, aus verschiedenen Wassertiefen, vom Gewässergrund sowie vom Ufersediment entnommen und untersucht. Zur Aufbereitung werden die Mikroplastikpartikel dann meist durch Dichtetrennung (natürliches, mineralisches Material setzt sich ab, Mikroplastik schwimmt auf) und einen enzymatisch-chemischen Reinigungsschritt (organische Bestandteile werden zersetzt, Mikroplastik bleibt) vom übrigen Material getrennt.

Danach werden die Partikel beispielsweise spektroskopisch analysiert. Dabei erfolgt neben der Bestimmung von Anzahl, Größe und Form der Partikel auch eine Identifizierung der Kunststoffe. Eine rein mikroskopische, visuelle Identifizierung ist für die zum Teil sehr kleinen Mikroplastikpartikel aufgrund der möglichen Verwechslung mit anderen, natürlichen Partikeln nicht geeignet.

Hierzu kann auf Grund der vielen verschiedenen Kunststoffsorte keine generelle Aussage getroffen werden. Die Abbauzeit wird jedoch für einige Kunststoffe auf mehrere hundert Jahre geschätzt.

Mikroplastik kommt mittlerweile an fast allen Orten der Erde vor. Es wurde im Meer bis hinab in die Tiefsee und sowohl im Arktischen Eis als auch im Schnee der Alpen gefunden. Auch im Süßwasser, also in Flüssen und Seen in Deutschland wurden Mikroplastikpartikel nachgewiesen.

In Bayern wurde vom Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz im Jahr 2014 eine Mikroplastikinitiative gestartet. So wurde von 2014 bis 2020 am Bayerischen Landesamt für Umwelt ein Forschungsprojekt zu Mikroplastik in Binnengewässern durchgeführt. Das Projekt erfolgte in Kooperation mit der Universität Bayreuth und der Technischen Universität München.

Im Jahr 2018 wurden die Ergebnisse von Beprobungen der oberflächennahen Wasserphase von Altmühl, Donau, Isar und Inn im Bericht "Mikroplastik in Binnengewässern Süd- und Westdeutschlands" veröffentlicht. In diesem werden neben den bayerischen Analysedaten auch Untersuchungsergebnisse aus anderen Bundesländern zusammengefasst, miteinander in Vergleich gestellt und interpretiert. Der Bericht mit FAQ ist unter folgendem Link abrufbar:

Seit 2019 liegen die Untersuchungsergebnisse zum Vorkommen von Makro- und Mikroplastik in ausgewählten bayerischen Seen vor. Dabei handelt es sich um die drei Alpenseen Chiemsee, Starnberger See und Ammersee sowie um den Altmühlsee, ein polymiktischer Mittelgebirgssee (Stausee). Im Rahmen der Pilotstudie wurden erstmals die vier verschiedenen Gewässerkompartimente Wasseroberfläche, Wassersäule, Ufersediment und Grundsediment untersucht. Der Bericht umfasst damit einen der weltweit größten, methodisch einheitlich gewonnenen Datensätze zum Vorkommen von Kunststoffpartikeln in Seen.
Zu finden sind der Bericht und häufig dazu gestellte Fragen (FAQ) unter folgendem Link:

Seit 2021 werden im Rahmen des Projektes "Risikobewertung von Mikroplastik in bayerischen Gewässern" mit Mikroplastik stark und gering belastete Standorte sowie dort vorkommende Organismen untersucht. Anhand der Ergebnisse sollen mögliche Auswirkungen der in den vorangegangenen Studien gemessenen Mikroplastikkonzentrationen auf die in den Gewässern lebenden Organismen beurteilt werden. Informationen zum Projekt sind hier zusammengestellt:

Außerdem beteiligte sich das Landesamt für Umwelt (LfU) an zwei Verbundprojekten der BMBF Fördermaßnahme "Plastik in der Umwelt: Quellen, Senken, Lösungsansätze".

MicBin
Im Verbundprojekt MicBin wurde exemplarisch am Beispiel eines kleinen Teileinzugsgebietes der Donau der Eintrag und Verbleib von Mikroplastik in Binnengewässern untersucht und modelliert, um daraus Maßnahmen ableiten zu können.

SubμTrack
Im Verbundprojekt SubμTrack lag der Fokus auf der Entwicklung von Analysetools zur Erfassung besonders kleiner Mikroplastikpartikel mit einer Größe zwischen 50 nm und 100 μm, da diese vermutlich ökotoxikologisch eine höhere Relevanz haben als größere Mikroplastikpartikel.

An der Wasseroberfläche von Proben aus bayerischen Abschnitten der Donau, Isar, Inn und Altmühl wurden im Mittel zwischen 31 bis 78 Mikroplastikpartikel pro Kubikmeter detektiert. Die Ergebnisse zeigen, dass in der überwiegenden Zahl der Proben vor allem sehr kleine Partikel (300 µm – 20 µm) mit einem Anteil von über 90% entscheidend zur Gesamtmenge beitragen. In der Regel stellten Polyethylen und Polypropylen die am häufigsten gefundenen Polymere dar. Die meisten Partikel lagen in Form von Fragmenten vor. Eine abschließende Beurteilung der Mikroplastikbelastung bayerischer Fließgewässer kann aber erst nach Untersuchung aller Gewässerkompartimente (Bodendrift, Ufersediment) und potentieller, zeitlich begrenzt höherer Einträge, wie zum Beispiel bei Starkregen, erfolgen.

Da Mikroplastik nicht oder nur sehr langsam abgebaut wird, kann es im Laufe der Zeit zu einer fortschreitenden Belastung der Gewässer und möglicherweise zu Veränderungen der Gewässerökologie kommen. Zurzeit liegen jedoch noch keine Untersuchungsergebnisse zu möglichen Auswirkungen auf die Ökologie von Binnengewässern vor.

Die meisten Untersuchungen zu möglichen Auswirkungen von Mikroplastik auf die aquatische Tierwelt beschäftigen sich mit marinen Ökosystemen, Untersuchungen mit Süßwasserorganismen liefern allerdings vergleichbare Erkenntnisse. Mikroplastik wird von vielen Tierarten, wie beispielsweise von Muscheln, Schnecken, Würmern, Wasserflöhen, Bachflohkrebsen und Fischen mit der Nahrung aufgenommen. Die Aufnahme erfolgt sowohl zufällig als auch gezielt durch Verwechslung mit Nahrung und hat ggf. Auswirkungen auf den Ernährungszustand. Durch Partikel, d. h. Mikroplastik, aber auch natürliche Partikel, kann es zu mechanischen Schädigungen und zur Anreicherung im Verdauungstrakt kommen. Da diese Organismen als Nahrungsquelle für andere Tiere dienen, können so Mikroplastikpartikel auch in die Nahrungskette gelangen. Häufig werden die Partikel von den Organismen wieder abgegeben.

Eigene Untersuchungen mit PVC ergaben sowohl bei Muscheln als auch bei Fischen in erster Linie eine Beeinflussung ernährungsphysiologischer Parameter sowie unspezifische Stressreaktionen. Aufgrund der Tatsache, dass die eingesetzten PVC-Konzentrationen um Größenordnungen über den in Gewässern nachgewiesenen Partikelzahlen lagen und die Effekte im Vergleich dazu sehr gering waren, ist unter den in Gewässern vorliegenden Bedingungen von keiner negativen Beeinflussung der Tiergesundheit durch die PVC-Partikel auszugehen. Eine generelle Entwarnung für Mikroplastik ist aus diesen Ergebnissen jedoch nicht abzuleiten. Es ist nicht auszuschließen, dass andere Polymere, abweichende Partikelgrößen und Formen sowie gegebenenfalls enthaltene Additive zu Effekten führen können.

Die Untersuchungsergebnisse zu möglichen Auswirkungen von PVC auf Muscheln und Fische sind unter folgenden Links abrufbar:

Es wird vermutet, dass bei der Produktion beigemengte oder in der Umwelt angereicherte Zusatzstoffe wie z. B. Cadmium, Flammschutzmittel, Weichmacher (z. B. Phthalate), Bisphenol A oder Alkylphenole direkte toxische oder hormonähnliche Wirkungen entfalten. Allerdings ist unklar, ob es sich um einen wesentlichen Beitrag zur bereits vorhandenen Grundlast handelt. Auch eine Verbreitung von invasiven Arten oder Pathogenen, die an der Oberfläche von Mikroplastik aber auch an natürlichen Partikeln anhaften, wird diskutiert

Eine Studie des Bundesinstituts für Risikobewertung stuft das von Mikroplastik ausgehende Risiko für die Gesundheit des Menschen als gering ein, da die Partikel zu groß sind, um z. B. über den Verdauungstrakt in Organe oder den Blutkreislauf zu gelangen. Sie werden in der Regel überwiegend mit den unverdaulichen Nahrungsresten wieder ausgeschieden.

Verschiedene wissenschaftliche Studien zeigen, dass konventionelle Kläranlagen einen Großteil des Mikroplastiks im Abwasser zurückhalten können. Aufgrund einer vergleichenden Analyse verschiedener Studien schätzt das Fraunhofer Institut für Umwelt, -Sicherheits- und Energietechnik UMSICHT die massebezogene Abscheideeffizienz von Kläranlagen für Mikroplastik auf 95 % und für Makroplastik auf nahezu 100 %. Auch die Partikelzahl wird deutlich vermindert, allerdings dürften sehr kleine Partikel und Fasern in den Kläranlagen schlechter abgeschieden werden als größere Mikroplastikpartikel.

Untersuchungen im Rahmen der BMBF-Fördermaßnahme: "Plastik in der Umwelt" zufolge lagen die Entfernungsraten für Mikroplastik in konventionellen mechanisch-biologischen Kläranlagen in Deutschland mit mindestens 99 % noch höher. Filtrationsverfahren wie Sandfilter, die als Nachbehandlungsstufen für größere kommunale Kläranlagen etabliert sind, erhöhen die Entfernungsleistung durch die Abwasserbehandlung auf 99,9 bis 99,99 % der Mikroplastikfracht bei Trockenwetter. Die Mikroplastikfracht aus dem Abwasser landet überwiegend im Klärschlamm. Der Großteil des Klärschlamms in Bayern wird mittlerweile verbrannt. Im Jahr 2021 war in Bayern die thermische Behandlung (Verbrennung) mit 87 % der entsorgten Klärschlammmenge der wichtigste Entsorgungsweg. Bayern hat sich zum Ziel gesetzt, die landwirtschaftliche, gärtnerische und landschaftsbauliche Verwertung des Klärschlamms aus Gründen des vorsorgenden Verbraucher-, Boden- und Gewässerschutzes zu beenden. Auch werden rechtliche Änderungen zu einem weiteren Rückgang dieser Verwertungsformen führen.

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