FAQ: Mikroplastik in der Umwelt
Kunststoffe (umgangssprachlich: "Plastik"; wissenschaftliche Bezeichnung: "synthetisch hergestellte Polymere") sind ein wichtiger Bestandteil unseres Alltags und haben aufgrund ihrer flexiblen Materialeigenschaften eine Vielzahl von technischen und medizinischen Innovationen ermöglicht. Aus ökonomischer und gesellschaftlicher Perspektive gesehen sind sie bedeutende Wertstoffe. Die weltweite Produktion von Kunststoffen ist auf 350 Millionen Tonnen im Jahr 2018 angestiegen und damit auch der Prozentsatz anfallenden Plastikmülls. Geraten Kunststoffe in die Umwelt, können sie dort lange Zeit verbleiben.
Als Mikroplastik bezeichnet man Plastikpartikel, die kleiner als 5 Millimeter sind. Meist sind die Teilchen jedoch nur ein tausendstel Millimeter (1 µm) groß und mit bloßem Auge nicht erkennbar. Ein Teil der Mikroplastikpartikel wird gezielt industriell hergestellt (primäres Mikroplastik). Handelt es sich um perfekt runde Kügelchen, wie sie häufig in Kosmetikprodukten zu finden sind, spricht man von sogenannten Microbeads. Unregelmäßig geformt werden sie auch als Schleifmittel (zum Beispiel in Peelings) eingesetzt. Auch gibt es sogenannte Pellets, die das Rohmaterial zur Herstellung von größeren Kunststoffprodukten, zum Beispiel in Spritzgussverfahren darstellen.
Im Gegensatz zu diesen extra hergestellten Partikeln entsteht so genanntes sekundäres Mikroplastik aus größeren Kunststoffteilen, die in der Umwelt durch äußere Einflüsse, wie zum Beispiel UV-Strahlung (Sonne) oder andere chemische, biologische oder mechanische Einflüsse, klein gerieben oder zersetzt werden.
Nach einer Studie des Umweltbundesamtes stellt sekundäres Mikroplastik die Haupteintragsquelle in die Umwelt dar. Neben unsachgemäß entsorgtem Plastikmüll, wie Flaschen oder Tüten, der direkt oder über den Wind in Gewässer eingetragen wird und dort zu Mikroplastikpartikeln zerfällt, zählen auch der Abrieb von Reifen und Schuhen, beim Transport / Lagerung unbeabsichtigt verlorene Kunststoffpellets, Sport- und Spielplätze aus Kunstrasen und Baustellen zu den Haupteintragsquellen. In Kosmetikartikeln verwendete Mikroplastikpartikel leisten gegenüber Plastikmüll einen mengenmäßig untergeordneten, aber gleichfalls vermeidbaren Beitrag. Auch synthetische Fasern von Kleidungsstücken, die über das Abwasser in die Gewässer gelangen, spielen eine Rolle.
Eine exakte Quantifizierung der einzelnen Eintragspfade von Mikroplastik in Gewässer ist aber derzeit noch nicht möglich.
Unnötige Einwegprodukte und Verpackungen sollten vermieden werden. Zudem sollte der Plastikmüll einer ordnungsgemäßen Entsorgung (Wertstofftonne oder gelber Sack) zugeführt werden und nicht einfach auf die Straße geworfen werden. Achtlos weggeworfener Plastikmüll kann früher oder später durch Wind oder Regen in Flüssen und Seen landen. Weiterhin kann darauf geachtet werden nur solche Kosmetikprodukte zu erwerben, die auf Kunststoffgranulate verzichten. Ein Einkaufsratgeber mit Produkten, die industriell hergestellte Mikroplastikpartikel enthalten, kann unter nachfolgendem Link abgerufen werden.
Da es Kunststoffsorten gibt, die auf der Wasseroberfläche schwimmen und andere, die auf den Grund absinken, sollten Proben von der Wasseroberfläche, der Wassersäule, dem Gewässergrund sowie dem Ufersediment entnommen werden.
Zur Aufbereitung werden die Mikroplastikpartikel dann meist durch Dichtetrennung und einen enzymatischen Reinigungsschritt vom übrigen Material getrennt. Danach werden die Partikel spektroskopisch analysiert. Dabei erfolgt neben der Bestimmung von Anzahl und Größe der Partikel auch eine Identifizierung von Kunststoffart und Partikelform. Eine rein mikroskopische, visuelle Identifizierung ist für die zum Teil sehr kleinen Mikroplastikpartikel aufgrund der möglichen Verwechslung mit anderen, natürlichen Partikeln nicht geeignet.
Hierzu kann auf Grund der vielfältigen Kunststoffsorten keine generelle Aussage getroffen werden. Die Abbauzeit wird jedoch für einige Kunststoffe auf mehrere hundert Jahre geschätzt.
Mikroplastik kommt mittlerweile in fast allen Gewässern der Erde vor. Es wurde im Meer bis hinab in die Tiefsee und sogar im Arktischen Eis gefunden und auch im Süßwasser, also in Flüssen und Seen. Auch in deutschen Binnengewässern wurden Mikroplastikpartikel nachgewiesen.
In Bayern wurde vom Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz im Jahr 2014 eine Mikroplastikinitiative gestartet. So wird am Bayerischen Landesamt für Umwelt ein Forschungsprojekt zu Mikroplastik in Binnengewässern durchgeführt. Das Projekt erfolgt in Kooperation mit der Universität Bayreuth und der Technischen Universität München. Das Untersuchungsprogramm hat zum Ziel, das Vorkommen von Mikroplastik in ausgewählten Flüssen und Seen in Bayern in verschiedenen Gewässerkompartimenten, wie zum Beispiel Ufer- und Grundsediment, Wasseroberfläche und Wasserkörper, zu ermitteln.
Seit 2019 liegen die Untersuchungsergebnisse zum Vorkommen von Makro- und Mikroplastik in ausgewählten bayerischen Seen vor. Dabei handelt es sich um die drei Alpenseen Chiemsee, Starnberger See und Ammersee sowie um den Altmühlsee, ein polymiktischer Mittelgebirgssee (Stausee). Im Rahmen der Pilotstudie wurden erstmals die vier verschiedenen Gewässerkompartimente Wasseroberfläche, Wassersäule, Ufersediment und Grundsediment untersucht. Der Bericht umfasst damit einen der weltweit größten, methodisch einheitlich gewonnenen Datensätze zum Vorkommen von Kunststoffpartikeln in Seen.
Zu finden sind der Bericht und häufig dazu gestellte Fragen (FAQ) unter folgendem Link:
Im Jahr 2018 wurden außerdem die Ergebnisse von Beprobungen der oberflächennahen Wasserphase von Altmühl, Donau, Isar und Inn im Bericht "Mikroplastik in Binnengewässern Süd- und Westdeutschlands".
veröffentlicht. In diesem werden neben den bayerischen Analysedaten auch Untersuchungsergebnisse aus anderen Bundesländern zusammengefasst, miteinander in Vergleich gestellt und interpretiert.
Der Bericht mit FAQ ist unter folgendem Link abrufbar:
Außerdem beteiligt sich das Landesamt für Umwelt (LfU) an zwei Verbundprojekten der BMBF Fördermaßnahme "Plastik in der Umwelt: Quellen, Senken, Lösungsansätze".
MicBin
Im Verbundprojekt MicBin soll exemplarisch am Beispiel eines kleinen Teileinzugsgebietes der Donau der Eintrag und Verbleib von Mikroplastik in Binnengewässern untersucht und modelliert werden, um daraus Maßnahmenplanungen ableiten zu können.
SubμTrack
Im Verbundprojekt SubμTrack liegt der Fokus auf der Entwicklung von Analysetools zur Erfassung besonders kleiner Mikroplastikpartikel mit einer Größe zwischen 50 nm – 100 μm, da diese vermutlich ökotoxikologisch eine höhere Relevanz haben als größere Mikroplastikpartikel.
An der Wasseroberfläche von Proben aus bayerischen Abschnitten der Donau, Isar, Inn und Altmühl wurden im Mittel zwischen 31 bis 78 Mikroplastikpartikel pro Kubikmeter detektiert. Die Ergebnisse zeigen, dass in der überwiegenden Zahl der Proben vor allem sehr kleine Partikel (300 µm – 20 µm) mit einem Anteil von über 90% entscheidend zur Gesamtmenge beitragen. In der Regel stellten Polyethylen und Polypropylen die am häufigsten gefundenen Polymersorten dar. Die meisten Partikel lagen in Form von Fragmenten vor. Eine abschließende Beurteilung der Mikroplastikbelastung bayerischer Fließgewässer kann aber erst nach Untersuchung aller Gewässerkompartimente (Bodendrift, Ufersediment) erfolgen.
Da Mikroplastik nicht oder nur sehr langsam abgebaut wird, kann es im Laufe der Zeit zu einer fortschreitenden Belastung der Gewässer und möglicherweise zu Veränderungen der Gewässerökologie kommen. Zurzeit liegen jedoch noch keine Untersuchungsergebnisse zu möglichen Auswirkungen auf die Ökologie von Binnengewässern vor.
Bisherige Untersuchungen zu möglichen Auswirkungen von Mikroplastik auf die aquatische Tierwelt konzentrieren sich in erster Linie auf marine Ökosysteme. Dort wird Mikroplastik von vielen Tierarten, wie beispielsweise von Muscheln, Schnecken, Würmern, Wasserflöhen, Bachflohkrebsen und Fischen bei der Nahrungsaufnahme aufgenommen. Dadurch kann es zu mechanischen Schädigungen und zu Anreicherung im Verdauungstrakt kommen. Da diese Organismen als Nahrungsquelle für andere Tiere dienen, können so Mikroplastikpartikel auch in die Nahrungskette gelangen.
Zudem wird vermutet, dass bei der Produktion beigemengte Zusatzstoffe wie zum Beispiel Cadmium, Flammschutzmittel, Weichmacher (zum Beispiel Phthalate), BisphenolA oder Alkylphenole direkte toxische oder hormonähnliche Wirkungen entfalten. Auch eine Übertragung von invasiven Arten, die an der Oberfläche von Mikroplastikpartikeln anhaften, wird diskutiert.
Welche Auswirkungen die in Binnengewässern gemessenen Konzentrationen auf aquatische Organismen haben, kann aktuell nicht beurteilt werden, da noch keine ausreichenden ökotoxikologischen Untersuchungsergebnisse vorliegen. Die Untersuchungsergebnisse aus bayerischen Binnengewässern dienen als wichtige Grundlage, um Wirkungsstudien möglichst realitätsnah zu gestalten. So werden aktuell am bayerischen Landesamt für Umwelt Untersuchungen zu möglichen Auswirkungen von Mikroplastik auf Muscheln und Fische durchgeführt. Erste Ergebnisse zeigen, dass Muscheln Mikroplastikpartikel aus dem Wasser aufnehmen, diese aber auch wieder abgeben können. In weiteren Versuchsansätzen wird gegenwärtig ermittelt, in wieweit aufgenommene Kunststoffpartikel zu Veränderungen bei den Tieren führen können. Ziel dieser Studie und auch anderer, aktuell laufender Forschungsprojekte ist eine Risikobewertung der in Binnengewässern nachgewiesenen Mikroplastikkonzentrationen."
Zum jetzigen Zeitpunkt liegen keine belastbaren Untersuchungsergebnisse zur Aufnahme von Mikroplastik durch den Menschen vor.
Verschiedene wissenschaftliche Studien zeigen, dass konventionelle Kläranlagen einen Großteil des Mikroplastiks im Abwasser zurückhalten können. Aufgrund einer vergleichenden Analyse verschiedener Studien schätzt das Fraunhofer Institut für Umwelt, -Sicherheits- und Energietechnik UMSICHT die massebezogene Abscheideeffizienz von Kläranlagen für Mikroplastik auf 95% und für Makroplastik auf nahezu 100%. Auch die Partikelzahl wird deutlich vermindert, allerdings dürften sehr kleine Partikel und Mikrofasern in den Kläranlagen schlechter abgeschieden werden als größere Mikroplastikpartikel.
Fundierte Erkenntnisse, welche Verfahren sich für eine zusätzliche Verbesserung der Abwasserreinigung im Hinblick auf Mikroplastik am besten eignen, liegen bisher nicht vor. Zu Mikroplastikeinträgen aus Regenwasserkanälen und Mischwasserentlastungen ist die Datenlage ebenfalls bisher sehr gering. Es ist davon auszugehen, dass sich wegen des hohen Rückhalts in den Kläranlagen ein wesentlicher Teil des Mikroplastiks aus dem Abwasser im Klärschlamm abscheidet. Allerdings stößt gerade beim Klärschlamm die Analytik von Mikroplastik bisher noch an Grenzen. Aufgrund der komplexen Stoffzusammensetzung sind konkrete Nachweise und Mengenermittlungen derzeit noch schwierig, sodass zur Belastung von Klärschlämmen mit Mikroplastik bisher kaum verlässliche Daten vorliegen. Der Großteil des Klärschlamms in Bayern wird mittlerweile verbrannt. Im Jahr 2016 war in Bayern die thermische Behandlung (Verbrennung) mit 64,1 % der entsorgten Klärschlammmenge der wichtigste Entsorgungsweg. Bayern hat sich zum Ziel gesetzt, die landwirtschaftliche, gärtnerische und landschaftsbauliche Verwertung des Klärschlamms aus Gründen des vorsorgenden Verbraucher-, Boden- und Gewässerschutzes zu beenden. Auch werden rechtliche Änderungen zu einem weiteren Rückgang dieser Verwertungsformen führen.