FAQ: Luchs

Antworten auf häufig gestellte Fragen zu Vorkommen, Biologie, Nahrung, rechtliche Situation, Monitoring und Übergriffen auf Nutztiere sowie Verhaltenstipps für Menschen.

Wo kommen Luchse in Deutschland vor?

Während der Luchs Anfang 1900 aus Deutschland verschwunden war, liegen zwischen 1950 und 1960 erste, vereinzelte Luchshinweise aus dem Böhmerwald im Dreiländereck Deutschland, Tschechien und Österreich vor.

In den 1970er Jahren wurden im Gebiet des Nationalparks Bayerischer Wald einige Luchse wahrscheinlich karpatischen Ursprungs freigelassen. In den 1980er Jahren wurden in Tschechien im Bereich des heutigen Nationalpark Šumava insgesamt 17 Luchse offiziell freigelassen. Diese Wiederfreilassungsaktionen sind der Ursprung des heutigen Luchsbestandes mit seinem Schwerpunkt in den Hochlagen des Bayerischen Waldes nahe Tschechien.

Im Harz fand von 2000 bis 2006 eine Wiederansiedlung mit insgesamt 24 Gehegeluchsen unbekannter genetischer Herkunft statt. Mittlerweile hat sich dort eine Population etabliert, die sich bis nach Nordhessen erstreckt. In Rheinland-Pfalz fand zwischen 2016 und 2020 ebenfalls ein Wiederansiedlungsprojekt statt – dort wurden insgesamt 20 Tiere aus der Slowakei und der Schweiz freigelassen.

Einzelnachweise gibt es auch aus Baden-Württemberg, Brandenburg, Thüringen und Sachsen. Teilweise sind dort Wiederansiedlungsprojekte in Planung.

In Deutschland gehen somit alle bestehenden Luchsvorkommen auf aktive Maßnahmen zur Unterstützung der Tierart zurück.

Einen deutschlandweiten Überblick zur Luchsverbreitung bietet das Internetangebot des Bundesamtes für Naturschutz

Wo kommen Luchse in Bayern vor?

Das Hauptvorkommen der bayerischen Luchse liegt in Ostbayern, mit Schwerpunkt im Bayerischen Wald und Ausläufern in den Oberpfälzer Wald. Dabei handelt es sich um ein grenzüberschreitendes Vorkommen, das sich bis nach Böhmen und Oberösterreich erstreckt, die sogenannte BBA-Population (Bohemian-Bavarian-Austrian Lynx Population). Mit Tschechien und Österreich laufen seit Mitte 2013 immer wieder Projekte mit der Zielsetzung, die Population mit vergleichbaren Monitoringmethoden zu erfassen und Wege zu erarbeiten, um den Erhaltungszustand der Art zu verbessern. Im Rahmen dieses Austauschs wurden als letztlich gemeinsam erfasste Luchszahlen der BBA-Population für den Zeitraum vom 01. Mai 2019 bis 30.04.2020 insgesamt 133 selbständige Luchse nachgewiesen, davon 34 reproduzierende Weibchen. Zusätzlich wurden 74 Jungtiere erfasst.

Zusätzlich zum Hauptvorkommen liegen Nachweise zu Einzelvorkommen aus dem Spessart, dem Frankenwald und nahe Regensburg vor. Im Fichtelgebirge und Steinwald gibt es ein kleines Vorkommen, in dem mittlerweile drei Reproduktionen nachgewiesen werden konnten.

Wie leben Luchse? Welchen Platz brauchen sie?

Luchse sind Bewohner strukturreicher Wälder und benötigen ausreichend Beutetiere, ungestörte Rückzugsräume und ein ausreichendes Angebot an Wurfplätzen für ihren Nachwuchs. Sie sind territoriale Einzelgänger, d.h. gleichgeschlechtliche Tiere werden nicht im Revier geduldet und auch Tiere mit ungleichem Geschlecht werden mit Ausnahme der Paarungszeit gemieden. Die Wohngebiete von Weibchen und Männchen überlappen sich jedoch großräumig, so dass in der Regel zwei bis drei Weibchenterritorien im Territorium eines Männchens liegen. Die Territoriumsgrößen liegen je nach Lebensraumqualität und Beuteangebot bei Weibchen etwa zwischen 50 und 200 km2, bei Männchen zwischen 150 und 400 km2. Zur Gebietsabgrenzung setzen Luchse Duftmarken über ihren Urin. Diese zeigen gleichgeschlechtlichen Tieren an, dass das Revier bereits vergeben ist oder helfen potenziellen Geschlechtspartnern, während der Paarungszeit einander zu finden.

Luchse sind vorwiegend dämmerungs- und nachtaktiv und orientieren sich damit an den Hauptaktivitätszeiträumen ihrer Beutetiere. Tagsüber ruhen sie meist in störungsarmen und deckungsreichen Einständen.

Woran erkenne ich einen Luchs?

Der Luchs ist eine hochbeinige Katze mit einer Schulterhöhe von 50 bis 60 cm. Typischerweise sind seine Hinterbeine etwas länger als die Vorderbeine, so dass sein Körper kastenförmig erscheint. Er hat ein dunkles Fleckenmuster auf rot- bis gelbbraunem Fell. Das Fleckenmuster kann sehr variieren: Von großgefleckt über kleingefleckt, rosettiert oder auch schwach bis ungefleckt kann jede Form auftreten. In Bayern kommt jedoch die großgefleckte Musterung am häufigsten vor.

Auffällige Merkmale sind der Backenbart, die Pinselohren und der kurze Stummelschwanz, der in einer schwarzen Spitze endet.

Über welche ausgeprägten Sinne verfügen Luchse?

Luchse verfügen über einen sehr guten Seh- und Hörsinn. Die Funktion der kurzen Haarbüschel auf den Ohren (die sog. Pinselohren) ist unbekannt. Spekuliert wird, dass sie bei der Ermittlung der Windrichtung helfen könnten.

Sein Geruchssinn ist wie bei allen Katzenarten vergleichsweise schlecht – allerdings besser als beim Menschen.

Wie groß und schwer ist ein Eurasischer Luchs?

Eurasische Luchse erreichen eine Schulterhöhe von etwa 50 bis 60 cm (vergleichbar mit Labrador bis Schäferhund), sind dabei allerdings mit einem mittleren Körpergewicht von 20 kg deutlich leichter. Weibliche Luchse sind leichter als Männchen. Als Katzenart sind sie schlank, hochbeinig und haben einen vergleichsweise grazilen Körperbau.

Wann haben Luchse Paarungszeit?

Männliche Luchse, auch Kuder genannt, werden im Alter von drei Jahren geschlechtsreif, Weibchen bereits mit zwei Jahren. Je nach den Umständen, können Tiere die Geschlechtsreife jedoch auch schon früher erreichen.

Die Paarungszeit, auch Ranzzeit genannt, liegt zwischen Februar und April. In diesen Monaten sind auch vermehrt die heiseren Rufe beider Geschlechter zu hören. Nach gut zwei Monaten Tragzeit werden Mitte Mai bis Mitte Juni durchschnittlich zwei Junge geboren, die von der Mutter alleine aufgezogen werden. Im Alter von knapp einem Jahr verlassen die halbwüchsigen Luchse das Mutterrevier.

Was ist die Hauptbeute des Luchses?

Der Luchs ist ein reiner Fleischfresser. In Mitteleuropa frisst er vor allem mittelgroße Schalenwildarten wie Reh oder Gämse. Aber auch Rotwild, Hasen, Füchse, Wildschweine, Marder, Wild- und Hauskatzen, Kleinsäuger und Vögel gehören zum Beutespektrum.

Selten kommen Übergriffe auf Schafe und Gehegewild durch den Luchs vor.

Der Luchs hat als Pirsch- und Lauerjäger wenig Ausdauer. Er hetzt seine Beute nicht, sondern nutzt den Überraschungseffekt und setzt auf Schnelligkeit und seine gute Tarnung. Dabei wählt er vor allem unachtsame Beutetiere.

Wie viel frisst ein Luchs?

Bisherige Studien belegen, dass ein Luchs im Durchschnitt etwa 1 bis 2,5 kg Fleisch pro Tag verzehrt, bei Familiengruppen (Muttertier mit Jungtieren) ist der Fleischbedarf entsprechend höher. Ein Luchs erbeutet in etwa ein Reh pro 100 Hektar und Jahr.

Kann ein Luchs auch Menschen gefährlich werden?

Begegnungen mit dem Luchs sind selten, denn dieser ist von Natur aus vorsichtig. Seine Raumnutzung ist in der Regel an die Aktivität des Menschen angepasst: Gebiete, in denen tagsüber viele Menschen anzutreffen sind, werden nur in der Nacht genutzt. Eine Gefahr für den Menschen durch einen gesunden Luchs besteht daher grundsätzlich nicht.

Als Katzenart vertraut der Luchs auf seine perfekte Tarnung und bleibt lange laut- und bewegungslos sitzen. Im Schutze der Dunkelheit, wenn Luchse auf der Jagd an der Wald-Feld- Grenze sind, können sie im Einzelfall nahe an Siedlungen herankommen. Luchse, die an Einzelgehöften oder in Siedlungen auftauchen und dort nach Futter suchen, sind in der Regel mutterlose Jungtiere.

Wie verhalte ich mich, wenn ich einem Luchs begegne?

Der Luchs ergreift beim Anblick von Menschen nicht immer sofort die Flucht. Oft verharrt das Tier regungslos, vertraut auf seine Tarnung und schätzt zunächst die ungewohnte Situation ein. Falls so eine Begegnung stattfinden sollte, beachten Sie bitte folgende Regeln:

  • Haben Sie Respekt vor dem Tier.
  • Laufen Sie nicht weg. Wenn Sie mehr Abstand möchten, ziehen Sie sich langsam zurück.
  • Falls Sie einen Hund dabeihaben, sollten Sie diesen in jedem Fall anleinen und nahe bei sich halten.
  • Wenn Ihnen der Luchs zu nahe erscheint, machen Sie auf sich aufmerksam. Sprechen Sie laut, gestikulieren Sie oder machen Sie sich anderweitig deutlich bemerkbar.
  • Laufen Sie dem Luchs nicht hinterher.
  • Füttern Sie niemals Luchse – die Tiere lernen sonst sehr schnell, menschliche Anwesenheit mit Futter zu verbinden und es besteht das Risiko, dass sie in Zukunft aktiv die Nähe von Menschen suchen.

Wer untersucht bei Luchsverdacht?

Für die Untersuchung von Hinweisen und die Dokumentation von potentiellen Rissen sind kundige Personen vor Ort notwendig. Dafür werden vom Landesamt für Umwelt regelmäßig Fachkundige (z.B. Jäger, Förster, Landwirte oder Naturschützer) geschult. Diese bilden das bayernweite "Netzwerk Große Beutegreifer" und fungieren als Ansprechpartner vor Ort. Die Informationen aus dem Netzwerk laufen am Bayerischen Landesamt für Umwelt zusammen.

Vermuten Sie den Übergriff eines Luchses, wenden Sie sich bitte schnellstmöglich an eine der folgenden Institutionen:

  • Bayerisches Landesamt für Umwelt:
    Telefon: 09281/1800-4640 (täglich von 10:00 bis 16:00 Uhr)
    oder fachstelle-gb@lfu.bayern.de
  • Ihr zuständiges Landratsamt
  • Ihre zuständige landwirtschaftliche Fachberatung in den Ämtern für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten
  • Polizei.

Das Bayerische Landesamt für Umwelt informiert ein Mitglied des "Netzwerks Große Beutegreifer", das Kontakt mit den Meldern aufnimmt. Alle Hinweise werden fachlich geprüft und ausgewertet.

Was passiert bei einem mutmaßlichen Nutztierriss?

Der Verdacht muss zeitnah an die Fachstelle "Große Beutegreifer" des Landesamtes für Umwelt gemeldet werden. Das LfU nimmt Kontakt mit dem Nutztierhalter auf, um sich über genauere Angaben (bestenfalls liegt bereits Bildmaterial vor) einen Eindruck von der Situation zu verschaffen.

Liegen mögliche Indizien auf eine Beteiligung großer Beutegreifer vor, dokumentiert ein Mitglied des "Netzwerks Große Beutegreifer" vor Ort das Ereignis und sichert mögliche Spuren. Wichtig ist, dass bis zu diesem Zeitpunkt keine Veränderungen am Fundort vorgenommen wurden. Dabei wird der Tierkadaver äußerlich gründlich untersucht und die sichtbaren Verletzungen werden fotodokumentiert.

Sollte sich die Vermutung auf einen Luchsübergriff vor Ort erhärten, wird entschieden, ob mit Hilfe einer Wildkamera die mögliche Rückkehr eines Luchses belegt werden kann oder ob eine weiterführende amtstierärztliche Sektion eingeleitet wird. Gegebenenfalls wird eine genetische Probe genommen. Die Analyse der Probe dauert in der Regel mind. 10 Werktage.

Gibt es eine Ausgleichszahlung für Nutztierrisse durch Luchse? Was sind hierfür die Voraussetzungen?

Für ein Nutztier, das nachweislich von einem Luchs gerissen wurde, wird unter bestimmten Voraussetzungen eine Ausgleichszahlung gewährt.

Weiterführende Informationen

Wie kann ich meine Nutztiere schützen? Wo kann ich mich beraten lassen?

Je nach Haltungsform der Nutztiere gibt es eine Reihe von Möglichkeiten zur Vorbeugung von Luchsübergriffen. Allen voran steht die Elektrifizierung der Zäunung und die Vermeidung von Einsprungmöglichkeiten. Das LfU steht hierbei gerne beratend zur Seite.

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