Wasserrechtliche Anforderungen

Im Wasserhaushaltsgesetz sind konkrete Vorgaben zu umweltpolitischen Zielen verankert. Gemäß diesen Vorgaben müssen Energie- und Klimaziele mit ökologischen Anforderungen in Einklang gebracht werden. Dies sind die wichtigsten Punkte, die eine ökologisch verträglichere Wasserkraftnutzung erfüllen muss:

Ausreichende Mindestwasserführung in Ausleitungsstrecken

Wasserkraftanlagen nutzen je nach Ausbaugröße über weite Strecken des Jahres den überwiegenden Teil des ankommenden Wassers. Bei Ausleitungskraftwerken wird dieses Wasser aus dem Gewässerbett über den Kraftwerkskanal zur Turbine geleitet. Damit das ursprüngliche Gewässerbett nicht trockenfällt, sondern weiterhin als Lebensraum zur Verfügung stehen kann, muss der Anlagenbetreiber den sogenannten Mindestabfluss abgeben. Dieser läuft an der Wehranlage ständig in das eigentliche Flussbett und darf zu keiner Zeit unterschritten werden. Ein ausreichender Mindestabfluss im Gewässer ist Voraussetzung für den Erhalt der standorttypischen Lebensgemeinschaften und richtet sich vor allem nach den ökologischen Erfordernissen und den Gegebenheiten vor Ort. Er muss für jede Anlage im Einzelfall festgelegt werden.

Für die Abschätzung der Mindestwasserfestlegung wurde die "Handlungsanleitung zu ökologischen und energiewirtschaftlichen Aspekten der Mindestwasserfestlegung" erarbeitet und ab November 2021 den Wasserwirtschaftsämtern (amtliche Sachverständige im wasserrechtlichen Verfahren) und den Kreisverwaltungsbehörden zur Verfügung gestellt. Sie berücksichtigt sowohl gewässerökologische und als auch energiewirtschaftliche Aspekte. Die Festsetzung eines Mindestwasserabflusses bleibt eine Einzelfallentscheidung im Wasserrechtsverfahren.

Ziel der Mindestwasserabgabe ist, die erforderliche Lebensraumqualität für die Fischpopulationen und andere Gewässerorganismen und auch die biologische Durchgängigkeit zu gewährleisten. Mit dem Mindestabfluss müssen daher ausreichende Wassertiefen und Fließgeschwindigkeiten in der Ausleitungsstrecke erreicht werden können.

Die Forderung nach einer ausreichenden Mindestwasserführung gilt sowohl für neue als auch für bereits bestehende Anlagen. Viele dieser Bestandsanlagen wurden unter anderen Voraussetzungen und damit mit geringeren Anforderungen genehmigt und geben derzeit noch kein oder zu wenig Mindestwasser ab. Mit der Anpassung der Mindestwasserabgabe an die ökologischen Erfordernisse können bei diesen Wasserkraftanlagen Einbußen bei der Stromerzeugung verbunden sein. In Einzelfällen besteht die Möglichkeit, durch die Ableitung des Mindestwassers über eine weitere Turbine, die sogenannte Restwassernutzung, den Mindestwasserabfluss für eine zusätzliche Stromerzeugung zu nutzen.

Sicherstellung der Durchgängigkeit

An Wehren von Wasserkraftanlagen (und an anderen Querbauwerken) gilt es zur Herstellung der Durchgängigkeit die flussaufwärts wie auch flussabwärts gerichtete Wanderung von Fischen und anderen Gewässerorganismen sicherzustellen. Während es für die flussaufwärts gerichtete Wanderung mittlerweile gut funktionierende Fischaufstiegsanlagen gibt, sind der Fischschutz und die Sicherstellung der Abwärtswanderung immer noch eine besondere Herausforderung.

An Wasserkraftanlagen wird durch die Barrierewirkung des zugehörigen Querbauwerks und den damit verbundenen Aufstau in die Fließgewässerdynamik eingegriffen. Dies hat auch Folgen für den natürlichen Feststofftransport von zum Beispiel Sanden und Kiesen im Gewässer, so dass auch hierfür die Schaffung der Durchgängigkeit ein wichtiges Ziel ist.

Schutz der Fischpopulation

Die flussabwärts gerichtete biologische Wanderung wird durch Wasserkraftanlagen und andere Querbauwerke in der Regel nicht vollständig unterbunden. Bei Wehren mit einer Wasserkraftanlage kann es zu zeitlichen Verzögerungen dieser Wanderungen oder Schädigungen beim Passieren der Turbinen kommen. Von besonderer Bedeutung ist hier, dass abwärts wandernde Tiere diese Anlagen soweit wie möglich schadlos überwinden können.

Um die Fische vor Turbinenschäden zu schützen, wurden in den letzten Jahren verschiedene Techniken für den Fischabstieg und den Fischschutz entwickelt. Diese reichen von einfachen mechanischen Fischschutzeinrichtungen (Feinrechen vor der Turbine, die verhindern, dass die Fische in die Turbine geraten) in Kombination mit Abstiegsöffnungen (Bypässe, die die Fische an der Anlage vorbei ins Unterwasser leiten) bis zu neuen Kraftwerkskonzepten, die durch Anordnung und Auslegung der Anlagenbestandteile bereits auf eine bessere Fischverträglichkeit ausgelegt sind.

Neben technischen Ansätzen können weitere Maßnahmen zum Fischschutz beitragen:

  • Betriebsweise des Wehres bzw. Kraftwerks, zum Beispiel durch optimierten Turbinenbetrieb (Öffnung der Lauf- und Leitradschaufel, Drehzahl, etc.) oder Öffnen von zusätzlichen Abstiegskorridoren, wie Leerschütz oder Wehrklappe, zu Fischwanderzeiten.
  • Aufwertung des Gewässers durch gezielte Einrichtung oder Verbesserung wichtiger Lebensräume (zum Beispiel Schaffung von Fischunterständen oder Laichplätzen zur Vermehrung) und durch die Wiederherstellung der Durchgängigkeit im Gewässer und damit der Verbindung verschiedener Lebensräume (zum Beispiel Anbindung von Seitengewässern, Errichtung von Umgehungsgewässern).
  • Fang und Transport ("catch und carry"): Flussabwärts wandernde Fische werden gefangen und unterhalb einer Kraftwerkskette wieder in das Gewässer ausgesetzt (Beispiel: Fang von Aalen am Main).

Generell besteht zum Thema Fischschutz und Fischabstieg gegenwärtig noch Forschungs- und Entwicklungsbedarf hinsichtlich der biologischen Grundlagen sowie der technischen und hydraulischen Anforderungen an entsprechende Anlagen bzw. Einrichtungen. Das Forschungsvorhaben "Fischökologisches Monitoring an innovativen Wasserkraftanlagen" greift viele dieser Fragen auf, um konkrete Lösungsansätze zu entwickeln.

Erreichen der Bewirtschaftungsziele nach EG-Wasserrahmenrichtlinie

Oberirdische Gewässer sind grundsätzlich so zu bewirtschaften, dass eine Verschlechterung ihres Zustands vermieden wird und ein guter chemischer Zustand und ein guter ökologischer Zustand bzw. ein gutes ökologisches Potenzial erhalten oder erreicht werden. Auch der Betrieb von Wasserkraftanlagen darf dieser Zielerreichung nicht entgegenstehen. Die rund 4.300 Wasserkraftanlagen in Bayern stellen mit den beschriebenen Auswirkungen eine Belastung für die Gewässerökologie dar. Eine angepasste Bau- und Betriebsweise ist daher ein wesentlicher Baustein für das Erreichen des guten Zustands unserer Gewässer.

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