PHYLIB -Projektsteckbrief

Beschreibung und Ziele

Die EG-Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) trat im Jahr 2000 in Kraft. Gemäß der Richtlinie wird der ökologische und chemische Zustand aller größeren Gewässer bewertet. Bis zum Jahr 2015 und bei Nichterreichung verlängert auf die nachfolgenden, jeweils sechsjährigen Bewirtschaftungszeiträume sollen alle Gewässer einen guten Zustand erreichen. Für die Bewertung des ökologischen Zustandes gemäß WRRL wurden in den vergangenen Jahren neue Verfahren entwickelt. Mit diesen sollen alle Mitgliedstaaten der Europäischen Union oberirdische Gewässer auf der Grundlage der im Anhang 5 der WRRL aufgestellten einheitlichen Kriterien bewerten.

Bild von einem Bach, der durch einen Wald verläuft.Waldbach

Für die Bewertung des ökologischen Zustandes werden biologische Bewertungsverfahren herangezogen, die leitbildbezogen sind. Das heißt, die Biozönose (Gemeinschaft der Organismen in einem Lebensraum) des zu bewertenden Gewässers wird mit derjenigen des sogenannten Referenzzustandes desselben Gewässertyps verglichen. Als Referenz dienen unbelastete oder möglichst ungestörte Gewässer (Referenzgewässer), Literaturhinweise und Expertenwissen. Da unterschiedliche Gewässertypen natürlicherweise unterschiedliche Biozönosen und Biomasse aufweisen, werden alle untersuchten Gewässer Gewässertypen zugeordnet. Jeder Gewässertyp hat einen eigenen Referenzzustand. Da die Typzuordnung eines Gewässers einen sehr großen Einfluss auf die Bewertung hat, ist diese kritisch zu überprüfen.

Mikroskopische Aufnahme einer Diatomee (Kieselalge).Diatomee (Kieselalge)

Um ein Gewässer zu beurteilen, dient die taxonomische Zusammensetzung und Häufigkeit folgender vier Organismengruppen als Messlatte.

  • Phytoplankton: Einzellige, im Wasser schwebende Algen/Kieselalgen -
    u. a. Indikator für den Nährstoffgehalt des Freiwassers
  • Makrophyten & Phytobenthos: Wasserpflanzen und der Algenaufwuchs -
    u. a. Indikator für den Nährstoffgehalt des Wassers und des ufernahen Sediments
  • Makrozoobenthos: am Gewässergrund lebende wirbellose Tiere wie Insektenlarven, Würmer, Kleinkrebse, Schnecken, Muscheln - u. a. Indikator für die ufernahe Lebensraumstruktur
  • Fische: u. a. Indikator für die Struktur und stoffliche Belastung des Gewässers

Zur Komponente der benthischen Flora "Makrophyten & Phytobenthos" gehören: höhere Wasserpflanzen, Armleuchteralgen, Wassermoose und Wasserfarne (als Makrophyten zusammengefasst) sowie die Aufwuchsalgen einschließlich der Kieselalgen (Diatomeen) (als Phytobenthos zusammengefasst).

Verschiedene Wasserpflanzen am Ufer und im Wasser eines Fließgewässers.Makrophyten (Wasserspflanzen) im Fließgewässer

Für die Bewertung des Gewässers wird nun dessen Makrophyten- und Phytobenthos-Gesellschaft mit der Referenzgesellschaft desselben Gewässertyps verglichen: Je mehr Referenz-Arten (und je weniger Degradations-Arten) im Untersuchungsgewässer auftreten, desto besser ist sein ökologischer Zustand. Und je mehr das Arteninventar der beiden Gesellschaften voneinander abweicht, desto stärker ist die Degradation bzw. desto schlechter die ökologische Zustandsklasse des untersuchten Gewässerabschnitts.

Für diesen Auswertungsschritt wurde das Bayerische Landesamt für Umwelt (LfU) beauftragt, ein nationales Verfahren für Seen und Fließgewässer zu entwickeln (Projektlaufzeit: 1999-2004). Dieses Verfahren wurde anschließend in mehreren Projektschritten bundesweiten Anwendungstests und Anpassungen unterzogen (Berichte siehe Publikationen), sowie in einem rechtlich vorgeschriebenen Prozess im europäischen Vergleich mit den EU-Nachbarstaaten Deutschlands interkalibriert.

Mit dem Bewertungsverfahren PHYLIB steht eine Software zur Verfügung, die allen Anwendern die Ermittlung des ökologischen Zustands ermöglicht.

Das Bewertungsverfahren, die Verfahrensanleitungen und Feldprotokolle sowie die Berechnungssoftware werden nach Erfordernis und im Auftrag der Bund-Länderarbeitsgemeinschaft Wasser (LAWA) fortgeschrieben und damit an den aktuellen Stand der Wissenschaft und die Erfahrungen aus den Bundesländern angepasst.

Kurzbeschreibung

Mit dem Verfahren PHYLIB wird der ökologische Zustand von Fließgewässern und Seen über die Komponente Makrophyten und Phytobenthos zur Umsetzung der WRRL bewertet. In Fließgewässern wird in einem typspezifischen Abschnitt von mindestens 100 m Länge das Vorkommen und die Menge von Makrophyten und Phytobenthosorganismen kartiert bzw. Proben genommen. Seeufer werden für die Untersuchung in Transekte eingeteilt. Die Untersuchung der Makrophyten und die zeitgleiche Beprobung des Phytobenthos in Fließgewässern und Seen soll in der Hauptvegetationszeit (Anfang Juli – Mitte August) stattfinden. In der Software PHYLIB sind Indikatortaxalisten hinterlegt. Hiermit wird für jeden Seetransekt über die Artzusammensetzung (Referenz- und Degradationsarten) der Makrophyten und der Diatomeen eine Zustandsklasse ermittelt. Über das arithmetische Mittel ergibt sich dann die ökologische Zustandsklasse des gesamten Wasserkörpers nach WRRL anhand der Biokomponente Makrophyten und Phytobenthos. In Fließgewässern wird der beprobte Abschnitt bewertet.

Ansprechpartner

  • Dr. Jochen Schaumburg, Bayerisches Landesamt für Umwelt (LfU), Referat "Ökologie der Flüsse und Seen"
  • Christine Schranz, LfU, Referat "Ökologie der Flüsse und Seen"

An der Entwicklung des Bewertungsverfahrens haben mitgewirkt:

  • Dr. Jochen Schaumburg (LfU), Projektleitung, Interkalibrierung ab Juli 2001
  • Christine Schranz (LfU), Projektkoordination, Diatomeen ab August 2002
  • Dr. Ursula Schmedtje (LfU), Projektleitung bis Juni 2001
  • Barbara Köpf (LfU), Projektkoordination bis Juli 2002
  • Dr. Susanne Schneider (TUM), Makrophyten
  • Dr. Doris Stelzer (TUM, freiberuflich), Makrophyten, Interkalibrierung
  • Dr. Petra Meilinger (TUM), Makrophyten
  • Dr. Antje Gutowski (Uni Bremen, freiberuflich), Phytobenthos ohne Diatomeen
  • Dr. Julia Foerster (Uni Bremen, freiberuflich), Phytobenthos ohne Diatomeen
  • Dr. Peter Pfister (freiberuflich), Phytobenthos inkl. Diatomeen
  • Dr. Gabriele Hofmann (freiberuflich), Diatomeen
  • Dr. Andrea Vogel (freiberuflich), Diatomeen
  • Dr. Ullrich Welzl (Gesellschaft für Strahlenforschung (GSF)), Statistik

Verfahrensanleitung

In aktualisierter Version sowie in englischer Übersetzung (Link siehe links) stehen hier die Verfahrensanleitungen für die ökologische Bewertung von Makrophyten und Phytobenthos in Seen bzw. Fließgewässern zur Umsetzung der WRRL zum Download bereit. Die jeweils dazugehörigen modifizierten Feldprotokolle stehen separat zur Verfügung. Die Veröffentlichungen werden laufend aktualisiert, d.h. die Inhalte an den neuesten Entwicklungsstand des Verfahrens angepasst.

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