Rote Listen dokumentieren den Rückgang von Arten und sind somit ein unverzichtbares Instrument im Naturschutz. Weltweit stellt die Internationale Naturschutz-Union IUCN Internationale Rote Listen die IUCN-Red List of Threatened Species zusammen. Deutschlandweit koordiniert das Rote Liste Zentrum im Auftrag des Bundesamtes für Naturschutzzentrum (BfN) die Roten Listen für Deutschland.

Die bayerischen Roten Listen werden vom Bayerischen Landesamt für Umwelt (LfU) herausgegeben. Artenspezialisten schätzen nach einem festgelegten Kriterienkatalog ein, wie gefährdet die einzelnen Tier- oder Pflanzenarten sind. Dazu sind sie auf ausreichend vollständige und aktuelle Beobachtungsdaten angewiesen. Eine Überarbeitung ist alle zehn bis 15 Jahre vorgesehen. Eine umfangreiche Bearbeitung fand zuletzt bis 2004 statt, seit 2016 werden Listen neu überarbeitet.

Welche Bedeutung und Funktion haben Rote Listen?

  • Rote Listen zeigen objektiv die Gefährdungssituation einzelner Arten.
  • Sie dokumentieren den Rückgang von Arten.
  • Sie bieten Argumentations- und Entscheidungshilfen für umwelt- und raumrelevante Planungen.
  • Sie weisen auf notwendigen Handlungsbedarf im Naturschutz, zum Beispiel für Biotopschutz- und Artenhilfsprogramme, hin.
  • Sie stellen eine Grundlage für eine Prioritätensetzung im Artenschutz dar.
  • Sie sind ein Gradmesser für den Erfolg des Naturschutzes.
  • Sie dienen als Anregungen für künftige Forschungsfragen.
  • Sie bieten Informationen für Behörden, Verbände und die Öffentlichkeit.

Wie lauten die verschiedenen Gefährdungskategorien?

In den Roten Listen Bayern wird jede Art in eine Gefährdungskategorie eingeordnet. Arten, die in den Kategorien 0, 1, 2, 3 sowie G und R eingeordnet sind, stehen auf der Roten Liste.

Kategorie Erklärung der Kategorie
0 ausgestorben oder verschollen: Arten, die in Bayern nachweisbar ausgestorben sind oder trotz gezielter Nachsuche über längere Zeit nicht mehr nachgewiesen wurden.
1 vom Aussterben bedroht: Arten, die so schwerwiegend bedroht sind, dass sie in absehbarer Zeit aussterben werden, wenn die Gefährdungsursachen fortbestehen. Ein Überleben in Bayern kann nur durch sofortige Beseitigung der Ursachen oder wirksame Schutz- und Hilfsmaßnahmen für die Restbestände dieser Arten gesichert werden.
2 stark gefährdet: Arten, die erheblich zurückgegangen oder durch derzeitige oder absehbare menschliche Einwirkungen erheblich bedroht sind. Wird die aktuelle Gefährdung der Art nicht abgewendet, rückt sie voraussichtlich in die Kategorie "vom Aussterben bedroht" auf.
3 gefährdet: Arten, die merklich zurückgegangen oder durch derzeitige beziehungsweise absehbare menschliche Einwirkungen bedroht sind. Wird die aktuelle Gefährdung der Art nicht abgewendet, rückt sie voraussichtlich in die Kategorie "stark gefährdet" auf.
G Gefährdung unbekannten Ausmaßes: Arten, die gefährdet sind. Einzelne Untersuchungen oder das Verbreitungsmuster lassen eine Gefährdung erkennen, aber die vorliegenden Informationen reichen für eine exakte Zuordnung zu den Kategorien 1 bis 3 nicht aus.
R extrem selten: Arten, deren Bestände in der Summe weder lang- noch kurzfristig abgenommen haben und die auch nicht aktuell bedroht, aber gegenüber unvorhersehbaren Gefährdungen besonders anfällig sind.

Außerhalb der Roten Listen stehen die folgenden Kategorien:

Kategorie Erklärung der Kategorie
V Vorwarnliste: Arten, die merklich zurückgegangen sind, aber aktuell noch nicht gefährdet sind. Bei Fortbestehen von bestandsreduzierenden Einwirkungen ist in naher Zukunft eine Einstufung in die Kategorie "gefährdet" wahrscheinlich.
D Daten unzureichend: Die Informationen zu Verbreitung, Biologie und Gefährdung einer Art sind unzureichend, beispielsweise weil die Art
  • bisher oft übersehen, beziehungsweise nicht unterschieden wurde,
  • erst in jüngster Zeit taxonomisch untersucht wurde,
  • taxonomisch nicht ausreichend geklärt ist oder
  • mangels Spezialisten oder Kenntnissen hinsichtlich einer möglichen Gefährdung nicht beurteilt werden kann.
* ungefährdet: Arten werden als ungefährdet angesehen, wenn ihre Bestände zugenommen haben, stabil sind oder so wenig zurückgegangen sind, dass sie nicht mindestens in Kategorie Vorwarnliste (V) eingestuft werden müssen.

Wie werden diese Gefährdungskategorien ermittelt?

Die Einschätzung des Gefährdungsgrades folgt einer einheitlichen Methodik mit standardisierten Kriterien analog den bundesweiten Roten Listen. Betrachtet wird die aktuelle Bestandssituation einer Art, der kurzfristige und der langfristige Bestandstrend sowie potenzielle Risikofaktoren. Aus diesen Werten wird anhand eines Einstufungsschemas die Gefährdungskategorie ermittelt. Datengrundlage ist unter anderem die Artenschutzkartierung (ASK). Sind die Daten lückenhaft, nehmen Artenexperten eine gutachterliche Einschätzung vor.

  • Die aktuelle Bestandssituation umfasst maximal die vergangenen 25 Jahre und gibt an, wie häufig eine Art in diesem Zeitraum ist.
  • Der langfristige Bestandstrend gibt die Entwicklung der Arten über etwa die letzten 100 Jahre an.
  • Der kurzfristige Bestandstrend zeigt die Tendenzen der vergangenen 15 bis 20 Jahre auf.
  • Risikofaktoren können beispielsweise sein, dass Populationen fragmentiert sind und ein genetischer Austausch nicht mehr möglich ist. Bastardisierung mit eingewanderten Arten kann ein Risiko darstellen oder bei symbiotisch oder parasitär lebenden Arten die Gefährdung der Partner- beziehungsweise Wirtsart.