PureAlps - Schutz der Alpen vor Umweltchemikalien

Projekt zu langlebigen atmosphärischen Schadstoffen in den Alpen

Aufnahme von zylindrischen Kartuschen, durch die Luft gesaugt wird, um Schadstoffe auf geeignetem Material anzureichern. Im Hintergrund die winterlichen Berge süd-östlich der Zugspitze unter blauem Himmel, während die Täler von einer Nebelschicht bedeckt sind. Probenahmegeräte zur Bestimmung der Konzentrationen persistenter Schadstoffe in der Luft an der Umweltforschungsstation Schneefernerhaus (UFS) an der Zugspitze. Baugleiche Apparaturen werden auch am Hohen Sonnblick in den Hohen Tauern eingesetzt.

Beitrag zur Chemikalienregulierung

Im Projekt PureAlps (2016-2020) wurden neben den Messungen von Schadstoffgehalten in der Luft (Immission) und im Niederschlag (Deposition), auch die Gehalte in den umliegenden Gewässern, Sedimenten, Böden und Tieren untersucht. So konnte der Eintrag und das Umweltverhalten von Umweltchemikalien genau bewertet werden.

Im Fokus des Projektes standen die Messung von persistenten Schadstoffen wie Quecksilber, bromierten Flammschutzmitteln und perfluorierten Chemikalien, die in vielen Ökosystemen in Spuren nachzuweisen sind. Ein Großteil dieser Schadstoffe gehört zu den sogenannten Persistent Organic Pollutants, kurz POPs. PureAlps untersuchte in enger Abstimmung zwischen Bayern und Österreich die Anreicherung dieser Verbindungen in alpinen Ökosystemen. Die Ergebnisse stehen in nationalen und internationalen Datenbanken als Grundlage für die Regulierung von Chemikalien zu Verfügung oder dienen der Kontrolle, ob Beschränkungsverfahren wirken.

PureAlps kurz und knapp - dieser Film liefert einen Überblick:

Schutz eines einzigartigen Ökosystems

Um Hinweise über das Umweltverhalten und die Anreicherung von Substanzen in Organismen zu erhalten, wurden zahlreiche Proben von Organismen verschiedener trophischer Ebenen genommen. Durch solch ein Biotascreening lässt sich die Belastungssituation in den Alpen umfänglicher und ganzheitlicher aufzeigen.

Aus dem Vergleich der atmosphärisch verbreiteten Schadstoffe mit den Stoffen, die sich in Tieren anreichern, können problematische Stoffe frühzeitig identifiziert und für die Regulierung vorgeschlagen werden. Durch die Erfassung von zeitlichen Trends in den Schadstoffkonzentrationen kann bewertet werden, ob bereits regulierte und auch nicht-regulierte besorgniserregende Stoffe ein zunehmendes Problem darstellen oder nicht.

Für viele Fälle zeigen die Ergebnisse des PureAlps-Monitorings, dass Regulierung auf internationaler Ebene ein wirksamer Weg zur Verminderung einer Belastung ist. Ein Beispiel ist hierfür die Regulierung von Endosulfan. Die Fortführung des Monitorings und die Aufnahme neuer relevanter Schadstoffe sind daher ein wichtiger Baustein für die nationale und internationale Regulierungen von Chemikalien.

Die Grafik stellt die Gehalte von Endosulfan in Luftproben von der Zugspitze aus den Jahren 2005 bis 2017 dar. Gehalt der beiden Isomere α- und β-Endosulfan in Immissionsproben der Zugspitze von 2006 bis 2017. Abnehmende Luftkonzentrationen des Organochlorpestizids Endosulfan an der Zugspitze bestätigen dessen erfolgreiche Regulierung. Die beiden Isomere bilden das technische Gemisch Endosulfan, wie es als Pflanzenschutzmittel eingesetzt wurde. Seit 2005 darf Endosulfan in der Europäischen Union nicht mehr als Pflanzenschutzmittel eingesetzt werden. 2011 wurde das Herbizid in den Anhang A der Stockholmer Konvention aufgenommen.

Monitoring als Langzeitaufgabe

PureAlps baut auf einer Reihe von erfolgreichen Vorläuferprojekten auf. Dabei wurde belegt, dass trotz großer Entfernung zu verschiedenen Emissionsquellen ein Ferntransport von über 100 persistenten bioakkumulierenden und toxischen Verbindungen, darunter Dioxine, PCB, OCP, Flammschutzmittel, PFAS, Quecksilber und Pflanzenschutzmittel in die Alpen erfolgt. Darunter sind auch viele Stoffe, die global bisher nicht reguliert sind.

Die Konzentrationen in der Luft sind zwar deutlich niedriger als in Emissionsgebieten aber durch besondere klimatische und atmosphärische Prozesse im Gebirge ist der Eintrag einiger Stoffe verhältnismäßig hoch. Der zugrundeliegende Effekt ist das sogenannte „cold trapping“, bei dem sich Substanzen bevorzugt in kalter Umgebung aus der Gasphase abscheiden. Dies zeigt sich deutlich an verhältnismäßig hohen Einträgen bei Dioxinen und PCB im Vergleich zu deren niedrigen Luftkonzentrationen. Aber auch die teils hohen Niederschlagsraten in den Alpen tragen zu umfangreichen Einträgen bei, dies belegen die Depositionsraten für Quecksilber, die im Gebirge deutlich höher sind als im Tiefland.

Einfluss von Regulierung, Altlasten und Ferntransport

Internationale Regulierung wirkt: eine große Zahl regulierter Stoffe insbesondere aus der Gruppe der Organochlorpestizide (OCP) zeigen in Folge der Regulierungen deutliche Abnahmen, ebenso ein Teil der Flammschutzmittel (BDE). Gleiches gilt für die abnehmenden Konzentrationen an Dioxinen. Für einige Substanzen stagniert der Rückgang in den Konzentrationen durch bestehende Altlasten, wie bei den PCB oder OCP. Wobei unterschieden werden muss, dass PCB aus diffusen Altanwendungen emittiert und für die OCP-Einträge aus inkorrekter Entsorgung und über Ferntransport vermutet werden.

Für die Flammschutzmittel wurde eine Anreicherung in Lebewesen und ein dauerhafter Verbleib in der Umwelt bestätigt. Der umfangreiche Datensatz zeigt, dass die Regulierungen zu Flammschutzmitteln aus der Gruppe der polybromierten Diphenylether (PBDE) zwar wirken, da die Konzentrationen im Eintrag geringer werden, aber die Stoffe dauerhaft in der Umwelt verbleiben.

Die Problematik der Anreicherung zeigt sich unter anderem daran, dass der Eintrag zwar sinkt, aber für PBDE in alpinen Fischen Überschreitungen der EU-Umweltqualitätsnormen (UQN) festgestellt werden mussten. Eine zusätzliche Beobachtung ist, dass regulierte Flammschutzmittel durch neue Substanzen ersetzt werden, die allerdings ebenfalls aufgrund ihrer persistenten, toxischen und bioakkumulierenden Eigenschaften als problematisch einzustufen sind.

Die Einträge von Quecksilber in die Alpen aus der Atmosphäre scheinen durch die globale Hintergrundkonzentration verursacht zu sein. Durch atmosphärische Prozesse kommt es dabei speziell an den Alpenrandlagen zu sehr hohen Einträgen, die sich auch in Belastungen der Biosphäre widerspiegeln. So zeigten speziell die Eier von Haubentauchern eine sehr starke Anreicherung von Quecksilber, die Giftwirkungen erwarten lassen. Aus diesem Grund ist das Minamata-Abkommen zur globalen Eindämmung von anthropogenen Quecksilber-Emissionen auch für den Alpenraum von hoher Relevanz.

Grafik zum Gehalt von Quecksilber in Niederschlagsproben von den Stanorten Augsburg, Garmisch-Partenkirchen, EMEP-Stationen, Zugspitze und Sonnblick. Quecksilberdeposition an den Projektstandorten (Augsburg, Garmisch-Partenkirchen im Tal, UFS- Zugspitze und SBO – Hoher Sonnblick) im Vergleich zu Einträgen an Messstationen in ganz Europa (EMEP wet Deposition). Quelle: LfU, Umweltbundesamt Österreich, EMEP 2019 Status Report 2/2019)

Umfassendes Monitoring für ein korrektes Gesamtbild notwendig

Insgesamt zeigt das Projekt auf, dass ein umfassendes Monitoring notwendig ist, um die Gesamtsituation zur Belastung alpiner Ökosysteme mit Schadstoffen zu erfassen. Die methodisch leichtere Erfassung in Luft und Deposition erlaubt es neue Stoffe von Bedeutung zu erkennen, den Eintrag und zeitliche Trends abzuschätzen; die Bestimmung in Lebewesen lässt Rückschlüsse über die Anreicherung und den tatsächlichen Gehalt im Ökosystem zu.

Die Gehalte von persistenten organischen Schadstoffen in Deposition und Immission werden durch das LfU an der Zugspitze kontinuierlich erfasst und auch dem globalen Monitoring Programm der Stockholm Konvention zur Verfügung gestellt.

Die Anreicherung in alpinen Lebewesen wird punktuell routinemäßig im Nationalpark Berchtesgaden über die Umweltprobenbank des Umweltbundesamts überwacht. Von Seiten des LfU werden diese Daten über umfassende Untersuchungen in alpinen Lebewesen regelmäßig abgesichert (siehe die Projekte protectAlps, protectBats, KlimChemAlps).

Finanzierung

PureAlps wurde auf bayerischer Seite finanziert vom Bayerischen Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz.

Projektmanagement

Bayerisches Landesamt für Umwelt, Referat 76: Stofftestlabor, Umweltmonitoring

Kontakt:

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