Saatkrähenmanagement

Saatkrähe aktuell

In einer Zeit in der vorwiegend von Artenrückgang gesprochen wird, ist es etwas Besonderes, über eine Art zu berichten, der es in Bayern wieder gut geht. Die Saatkrähe ist so eine Art. Gab es Mitte der 1950er Jahre nicht einmal mehr 1.000 Brutpaare in Bayern, sind es aktuell über 17.000. In den vergangenen 70 Jahren hat sich die Saatkrähe von ihren ursprünglichen Brutplätzen in Feldgehölzen der Agrarlandschaft in Siedlungsbereiche der Dörfer und Städte zurückgezogen. Nur etwa 6 % der Population (rund 8 % der Kolonien) brüten außerhalb von Siedlungen, d. h. in mehr als 100 m Distanz zu Ortsrändern. Als Gründe hierfür können vor allem Störungen und gezielte Vergrämung und früher auch die Bejagung vermutet werden – letztere war bis 1977 erlaubt. Mit dieser Umorientierung und mit der deutlichen Zunahme der Brutbestände wachsen aber auch Konflikte im Umfeld des Menschen. Lärmbelästigung, Verschmutzung und Schäden an landwirtschaftlichen Anbaufrüchten werden angeführt.

Auf Grundlage eines Landtagsbeschlusses (Drs. 18/6358) startete das Bayerische Landesamt für Umwelt im Jahr 2020 im Auftrag des bayerischen Umweltministeriums ein "Modellprojekt zum Management von Saatkrähen". Das dreijährige Projekt wird in enger Zusammenarbeit mit der Landwirtschaftsverwaltung und der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf (HSWT, Lehrstuhl für Zoologie und Tierökologie) durchgeführt. Ein erster Zwischenbericht mit umfassenden Analysen zur Bestandssituation und –entwicklung in Bayern und zu den von vielen Seiten innerhalb und außerhalb Bayerns vorliegenden Erfahrungen im Management von Kolonien und zur Prävention landwirtschaftlicher Schäden wurde Anfang 2021 erarbeitet und steht auf dieser Seite zum Herunterladen zur Verfügung. Zur Dokumentation von Schäden an landwirtschaftlichen Anbaufrüchten wurde im Modellgebiet um die Kolonie in Asbach-Bäumenheim (Landkreis Donau-Ries) eine Meldekette installiert, damit ein vom Landwirt erkannter und von Saatkrähen verursachter Schaden zeitnah begutachtet werden kann. Das Ziel ist es, diese Schäden zu analysieren, Landwirte zu beraten und angepasste Bewirtschaftungsformen zu entwickeln. Weiterhin soll die Raumnutzung der Saatkrähe wissenschaftlich untersucht werden. Dazu bekommen die Vögel einen kleinen Rucksack mit einem Satellitensender auf den Rücken gebunden. Jeder dieser Vögel sendet dann im 15-Minuten-Takt seinen aktuellen Standort an die Computer von LfU und HSWT, so dass man das Verhalten der besenderten Vögel in Echtzeit verfolgen kann.

Das LfU hofft, dass Lösungen gefunden werden, die ein konfliktfreies oder zumindest konfliktarmes Miteinander von Mensch und Tier ermöglichen.

Der erste Zwischenbericht im Rahmen dieses Landtagsauftrages enthält eine umfassende Analyse bisheriger Managementmaßnahmen zur Vermeidung von Schäden auf Äckern durch Saatkrähen anhand der Literatur sowie zu Vergrämungsmaßnahmen an Kolonien in einigen bayerischen Gemeinden.

Im zweiten Zwischenbericht fassen wir die Ergebnisse des ersten Projektjahres zusammen und geben einen Ausblick auf die folgenden Jahre. Die Projektlaufzeit ist von 2021 bis 2024.

Der 3. Zwischenbericht fasst den aktuellen Stand des Projekts zusammen, das sich in sieben Module gliedert. Die Schwerpunkte des Berichts liegen bei dem Modul 3 - Ermittlung der Raumnutzung durch Saatkrähen, dem Modul 4 - Bewertung landwirtschaftlicher Schäden und dem Modul 5 - Vergrämung von landwirtschaftlichen Flächen. Zu letzterem wurden mit einem Pflanzenstärkungsmittel Feldversuche zur Verringerung landwirtschaftlicher Schäden durch Saatkrähen zusammen mit Landwirten in drei Regionen Bayerns durchgeführt. In einem eigenen Kapitel werden verschiedene invasive Managementmaßnahmen bewertet und Ergebnisse, die konzeptionelle Ansätze zur Schadensminderung bieten können, aufgezählt.

Der 4. Zwischenbericht fasst den aktuellen Stand des Projekts zusammen. Die Schwerpunkte des Berichts liegen erneut bei dem Modul 3 - Ermittlung der Raumnutzung durch Saatkrähen, dem Modul 4 - Bewertung landwirtschaftlicher Schäden und dem Modul 5 - Vergrämung von landwirtschaftlichen Flächen. Zu letzterem wurden mit einem Pflanzenstärkungsmittel Feldversuche zur Verringerung landwirtschaftlicher Schäden durch Saatkrähen zusammen mit Landwirten in der Modellregion Asbach-Bäumenheim / Mertingen wiederholt. Trotz ausbleibender Resultate in den Feldversuchen stehen Landwirtinnen und Landwirten eine Vielzahl von pflanzenbaulichen Maßnahmen und Vergrämungsmaßnahmen zur Reduktion von Fraßschäden zur Verfügung (siehe 2. Zwischenbericht zum Landtagsbeschluss Projekt zum Management von Saatkrähen).

Die Saatkrähe – eine unserer größten Singvogelarten

Die Saatkrähe gehört zusammen mit der Raben- und Nebelkrähe sowie dem Kolkraben zur Gattung Corvus aus der Familie der Corvidae – Krähenverwandte.
Der Name Krähe stammt von altdeutschen Formen wie krawa oder kraja ab, was so viel wie "krächzen" heißt. Der wissenschaftliche Artname frugilegus bedeutet "Früchte sammelnd"; was sich bei der Saatkrähe sicher auf Feldfrüchte wie Getreidekörner bezieht. Sie ist nahezu genauso groß wie die Rabenkrähe, die sich im Alterskleid durch ihr rein schwarzes Gefieder deutlich von ihr unterscheidet. Die Jungvögel der Saatkrähe sind der Rabenkrähe allerdings sehr ähnlich, was sehr oft zu Verwechslungen der beiden Arten führt. Wie bei allen Krähenvögeln sind die Geschlechter äußerlich gleich. Das Gefieder der Saatkrähe ist schwarz und besitzt einen violetten Glanz (Rabenkrähe eher grünmetallisch). Das wichtigste Bestimmungsmerkmal ist die ungefiederte Schnabelwurzel, die bei den Altvögeln durch ihre hellgraue Färbung sehr deutlich erkennbar ist. Erst im Mittwinter verlieren die jungen Saatkrähen langsam die Federn an der Schnabelwurzel, und bekommen dann das typische Aussehen der Saatkrähe. Der Schnabel der Saatkrähen ist schlanker als der der Rabenkrähen, was das eckige Kopfprofil der Saatkrähe unterstreicht.

Durch die etwas längeren und tiefer gefingerten Schwingen ist die Saatkrähe im Flug recht gut von der Rabenkrähe zu unterscheiden. Als gesellig lebende Vogelart hat die Saatkrähe ein ausgeprägtes Sozialverhalten entwickelt.
Saatkrähen werden am Ende des zweiten Lebensjahres geschlechtsreif. Von Mitte März bis in den April hinein werden drei bis sechs Eier gelegt, die 16-19 Tage bebrütet werden. Das Männchen füttert während dieser Zeit das allein brütende Weibchen. Beide Partner füttern die Jungvögel ca. einen Monat im Nest. Nach dem Ausfliegen werden die flüggen Jungvögel noch mindestens vier bis sechs Wochen betreut.

Die Saatkrähe – Wintergast in Bayern

Besonders im Winterhalbjahr fallen innerhalb und in der Umgebung von München, Nürnberg, Augsburg, aber auch in anderen Städten Bayerns große Schwärme von Saatkrähen auf. Innerorts trifft man die Saatkrähe vor allem in der Nähe von Großparkplätzen, Schulen oder Grünanlagen an. Hier bedienen sich die Saatkrähen wie andere Rabenvögel auch an Essensresten, die oft reichlich zu finden sind. In Grünanlagen werden, wie auf Wiesen und Äckern, Boden bewohnende Kleinlebewesen erbeutet. Außerhalb der Ortschaften sind Wiesen die bevorzugten Nahrungshabitate. In der Regel sind in diesen Wintertrupps auch Dohlen vergesellschaftet. Während die Dohlen für die meisten Menschen keine Probleme darstellen sind die Saatkrähen angesichts der großen Schwärme und in Anbetracht des negativen Images als (schwarzer) Rabenvogel unheimlich. Vor allem früh morgens oder am Abend, wenn die Saatkrähen von ihren Schlafplätzen kommen oder sich an diesen sammeln, fühlen sich manche Menschen in der Nachbarschaft der Plätze auch gestört.

Die Saatkrähe – ein mäßig häufiger Brutvogel in Bayern

Vor mehr als 100 Jahren war die Saatkrähe ein verbreiteter Brutvogel Bayerns. Der Bestand wurde um 1898 anhand einer Umfrage bei königlichen Forstämtern in staatlichen und Gemeindewäldern auf 10.425 Nester beziffert. Angaben zu Nestern in privaten Wäldern fehlen aus dieser Zeit. Durch intensive Verfolgung – die Saatkrähe galt als Schadvogel für die Landwirtschaft – wurde der Bestand stark dezimiert und erreichte 1955 einen Tiefstand von höchstens 1.000 Brutpaaren. Die Saatkrähe brütet in Kolonien, die mehrere Hundert Brutpaare umfassen können. Die Bildung von Kolonien stellt eine Anpassung an den ursprünglichen Lebensraum, die baumarme Steppenlandschaft, dar. Als Vogelart mit starken, traditionellen Bindungen an ihre Brutplätze versuchte die Saatkrähe trotz der anhaltenden Verfolgung immer wieder, bestehende Kolonien zu halten oder neue zu gründen.

Die Abbildung zeigt eine physische Reliefkarte des Freistaats Bayern in der die Saatkrähenkolonien als Punkte dargestellt sind. Dabei werden die Kolonien hinsichtlich ihrer Größe kategorisiert dargestellt. Die Kategorien lauten: 1-20 Brutpaare, 21-200 Brutpaare, 201-400 Brutpaare, 401-750 Brutpaare und 751-1500 Brutpaare. Mit zunehmender Koloniegröße wird der Punkt größer dargestellt. Die Verteilung der Punkte lässt einen deutlichen Schwerpunkt in der südlichen Hälfte Bayerns erkennen. Sehr gut auf der Karte zu erkennen ist die deutliche Konzentration der Kolonien in den Flussniederungen. Brutverbreitung der Saatkrähe in Bayern im Jahr 2022

Erst mit in Kraft treten des Bundesnaturschutzgesetzes wurde am 01.01.1977 die Saatkrähe unter Schutz gestellt; in der Folge trat eine langsame Bestandserholung ein, die bis heute anhält. Die Anlage von Kolonien in der Feldflur gilt aber vielen Landwirten und Jägern immer noch als problematisch und immer wieder kommt es zu illegalen Verfolgungen oder Störungen an den Kolonien. Die Saatkrähe hat daraus gelernt und siedelte sich nach und nach immer häufiger im direkten Umfeld des Menschen, d.h. innerhalb der Ortschaften, in denen keine Jagd ausgeübt wird, an. Bevorzugte Brutplätze sind hier Parks und andere Grünanlagen und Baumbestände. Autoverkehr oder Spaziergänger nehmen die Vögel nicht als Gefahren war, selbst wenn sie sich direkt unter den Nestern aufhalten.

Saatkrähen sind aufgrund ihres sozialen Verhaltens sehr kommunikationsfreudig. Viele Krähen können viel Lärm erzeugen. Deshalb verursacht die Besiedelung von Ortschaften in manchen Fällen Probleme mit den Anwohnern. Dies ist zwar meist nur auf die Monate März bis Mai beschränkt, die Probleme sind jedoch für die direkten Anwohner von großen Kolonien gravierend. Die Folge sind sowohl legale (durch die Naturschutzbehörden genehmigte Maßnahmen zur Minderung der Beeinträchtigungen) als auch häufig illegale Übergriffe in Eigeninitiative, die zur Zerstörung einzelner Koloniestandorte bzw. zur Vertreibung der Vögel führen. Dies bedeutet aber in der Regel eine Aufsplitterung der Kolonien in mehrere Teilkolonien und somit häufig eine Verlagerung und Vervielfachung der Probleme.

Monitoring

Entwicklung des Brutbestandes der Saatkrähe in Bayern und in den Regierungsbezirken von 2008 bis 2022, Mittel- und Oberfranken sind wegen der sehr geringen Zahlen nicht abgebildet, Ufr = Unterfranken, Schw = Schwaben, Obb = Oberbayern, Ndb = Niederbayern

Aus den vergangenen Jahrzehnten gibt es nur einzelne Zählungen des landesweiten Brutbestandes, u.a. die landesweiten Erfassungen 1986, 1996 und 2008, die im Auftrag des LfU durch den Landesbund für Vogelschutz e.V. organisiert wurden.
Seit 2009 wird die jährliche Zählung der Kolonien und Brutpaare in Bayern ehrenamtlich durchgeführt. Sie wurde bis 2018 durch Frau Hilde Abold, Weilheim, koordiniert, danach vom LfU. Seit dem Jahr 2020 hat Frau Abold wieder intensiv bei Organisation, Erfassung und Auswertung mitgewirkt.

Das Monitoring erweist sich zunehmend schwieriger, da die Zahl der Kolonien durch die Aufsplitterungen nach Vergrämungsaktionen zunimmt.

Im aktuellen Monitoringbericht "Die Saatkrähe in Bayern 2022" möchten wir der Öffentlichkeit einen Überblick über die Bestandsentwicklung der Saatkrähe in Bayern im Zeitraum von 2008 bis 2022 geben. Dabei wird die Bestandsentwicklung auf Ebene der Regierungsbezirke wie auch auf Ebene Städte dargestellt.

Problembewältigung

Die zunehmenden Konflikte mit Saatkrähenkolonien in Städten haben das bayerische Umweltministerium veranlasst, das Landesamt für Umwelt mit der Suche nach Lösungswegen zu beauftragen. Das "Konzept zum Umgang mit Saatkrähenkolonien in Bayern" soll den fachlichen Rahmen aufzeigen und ein einheitliches Vorgehen gewährleisten. Es zeigt, dass jeder Fall gesondert betrachtet werden muss und die Erfolgsaussichten bei einem abgestimmten und langfristig geplanten Vorgehen größer sind. Kernstück des Konzepts ist die Empfehlung für ein abgestuftes Vorgehen bei der Konfliktanalyse. Eine allgemeine, pauschale Lösung zur Behebung von Konflikten ist leider nicht möglich. In vielen Fällen erscheint es als das geringere Übel, vorübergehende Beeinträchtigungen durch Lärm zu ertragen, als sich der Gefahr auszusetzen, die Probleme nur zu verlagern.

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