Neobiota – gebietsfremde Arten

Neobiota ist der Fachbegriff für gebietsfremde Arten. Diese kann man unterteilen in

  • die Pflanzen (Neophyten),
  • Pilze (Neomyzeten),
  • Tiere (Neozoen) und
  • Mikroorganismen.

Gebietsfremde Arten – invasive Arten

Tiere und Pflanzen können durch den Menschen in Regionen gelangen, die sie aus eigener Kraft nicht erreichen können. Einige dieser Arten können sich in den neuen Gebieten dauerhaft etablieren und auch ausbreiten.

Als gebietsfremde Arten Deutschlands bezeichnet man Arten, die nach 1492 in Deutschland eingeführt wurden. In dem Jahr gelangte Christopher Columbus nach Amerika und leitete eine Zeit des Kontinente übergreifenden Handels ein. Viele Pflanzenarten wurden als Nutzpflanzen, wie zum Beispiel die Tomate, die Kartoffel oder der Mais oder als Zierpflanzen in Europa eingeführt. Tierarten wie zum Beispiel der Marderhund wurden zur Pelztierzucht von Asien nach Europa gebracht.

Doch bei weitem nicht alle Arten wurden absichtlich in Deutschland eingeführt. Der Asiatische Laubholzbockkäfer zum Beispiel, wurde unbeabsichtigt (wahrscheinlich) mit Bau- und Verpackungsholz aus Ostasien eingeschleppt. Auch die bei Imkern berüchtigte Varroa-Milbe begann durch den Versand von Bienen von Ostasien ausgehend als blinder Passagier ihre eindrucksvolle Ausbreitung in die Bienenstöcke der Welt.

Nur wenige dieser gebietsfremden Arten haben jedoch die Fähigkeit sich so weiträumig auszubreiten und so hohe Individuenzahlen zu erreichen, dass sie die heimische Biodiversität als auch die damit verbundenen Ökosystemleistungen gefährden oder nachteilig beeinflussen können. Diese Lebewesen bezeichnet man als invasiven Arten.

Blütenstand des Springkrautes mit einigen reifen Früchten kurz vor dem ausschleudern Das Drüsige Springkraut ist eine der bekanntesten invasiven Pflanzen. Sie kommt inzwischen an fast allen Gewässern und an vielen feuchten Standorten, wie Waldrändern, vor; Foto: Andreas Zehm

Invasive gebietsfremde Arten können vielfältige Auswirkungen auf Ökosysteme, Wirtschaft und menschliche Gesundheit haben. Die Effekte sind zum Beispiel:

  • eine Verdrängung heimischer Arten (zum Beispiel Staudenknöterich, Amurgundel)
  • die Übertragung von Krankheiten auf Fauna, Flora und den Menschen (zum Beispiel Signalkrebs als Überträger der Krebspest, Tiger-Mücke als Überträger von Krankheiten auch auf den Menschen)
  • das Auslösen von Allergien beim Menschen (Beifuß-Ambrosie)
  • das "Verstopfen" von Wasserwegen oder von Wasserrohren (Großblütiges Heusenkraut, Wander- oder Zebramuschel)
  • und je nach Art vieles weitere mehr.

Naturschutzfachlich besonders relevant ist die Bedrohung der heimischen Artenvielfalt. Erwiesenermaßen verursachen invasive gebietsfremde Arten aber auch erheblichen wirtschaftlichen Schaden durch Ertragsminderungen in Landwirtschaft, Forstwirtschaft und Fischerei.

Um die Ausbreitung von problematischen invasiven Arten zu verhindern wurde 2014 in der europäischen Gemeinschaft die Verordnung 1143/2014 über die Prävention und das Management von gebietsfremden Arten eingeführt und mit Verabschiedung einer Artenliste in Kraft gesetzt.

Gebietsfremde Pilze – Neomyzeten – eine nicht zu unterschätzende Gefahr für heimische Arten

Eingeschleppte Pilzarten können als Pflanzen- oder Tierpathogene einen enormen Einfluss auf heimische Arten ausüben, wie das Bundesamt für Naturschutz in der Naturschutzfachlichen Invasivitätsbewertung für in Deutschland lebende gebietsfremde terrestrische Moose, Flechten und Pilze berichtet. Ein bekanntes Beispiel ist der aus Ostasien stammende Schlauchpilz Falsches Weißes Stängelbecherchen Hymenoscyphus pseudoalbidus, der 2008 in Bayern erstmals nachgewiesen worden ist, und sich rasch im ganzen Land ausgebreitet hat. Er infiziert Triebe und Blätter von Eschen jeden Alters und bringt flächendeckend Eschenbestände oder erhebliche Anteile der Bäume zum Absterben, die Krankheit wird als „Eschentriebsterben“ bezeichnet.

Zu den invasiven Pilzarten zählt aber auch der Chytridpilz Batrachochytridium salamandrivorans (Bsal). An diesem kann man gleichfalls gut nachvollziehen, wie schnell eine Ausbreitung erfolgen und wie wenig man dagegen unternehmen kann. Bsal wurde 2013 erstmals in Europa in den Niederlanden entdeckt. Er infiziert Schwanzlurche, fast alle heimischen Salamander- und Molcharten können von ihm befallen werden. Bei einigen Arten führt er binnen weniger Tage zum Tod der infizierten Tiere. Der Feuersalamanderbestand ist in den Niederlanden in der Folge um über 95 Prozent zurückgegangen und steht kurz vor dem Erlöschen. Der Pilz wurde 2013 auch in Belgien und 2015 in Deutschland in der Eifel entdeckt, wo es in der Folge zu Massensterben von Feuersalamandern und Molchen kam. 2017 wurden neue Vorkommen im Ruhrgebiet festgestellt, und 2020 ist Bsal auch an zwei Stellen in Bayern, im nördlichen Steigerwald und bei Memmingen im Unterallgäu, nachgewiesen worden. Die Gefahr einer weiteren Ausbreitung des Pilzes und eine Gefährdung der heimischen Schwanzlurche ist sehr groß. Infektionsexperimente zeigten, dass Frösche und Kröten nicht anfällig für die Krankheit sind, aber als Träger von Sporen fungieren können. Asiatische Schwanzlurche werden allgemein als natürliche Wirte von Bsal und potenzielle Reservoirs angesehen, und es wird vermutet, dass der Pilz über importierte Tiere eingeschleppt worden ist. Anthropogene Verbreitungswege der Bsal-Sporen sind unter anderem Verschleppung von kontaminiertem Erdreich an Schuhwerk, Fahrzeugen und anderen Gerätschaften. Um eine Ausbreitung der Krankheitserreger zu verhindern, ist es wichtig Amphibien – in erster Linie den Feuersalamander, aber auch Molche – nicht anzufassen und ihre Land- und Wasserlebensräume nicht zu betreten, das heißt sich im Wald möglichst nur auf den Wegen zu bewegen.

Die Sporen können evtl. auch über Wasserpflanzen oder gefangene Kaulquappen in den eigenen Gartenteich gelangen, wo sich dann die dort bereits lebenden Amphibien infizieren können. In den Risiko-Gebieten im Umfeld der bekannten Bsal-Nachweisen (Steigerwald und Landkreis Unterallgäu) sind besondere Vorsichtsmaßnahmen einzuhalten. Welche das sind, können sie dem Hygiene-Protokoll des LfU entnehmen.

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