Phosphorrückgewinnung

Rechtlicher Rahmen

Mit Inkrafttreten der Verordnung zur Neuordnung der Klärschlammverwertung (AbfKlärV) vom 27.09.2017 hat das Gebot zur Phosphorrückgewinnung Rechtsverbindlichkeit erhalten. Bis zum Jahr 2029 müssen Betreiber von Kläranlagen und die Betreiber von Klärschlammverbrennungsanlagen die Rückgewinnung von Phosphor aus Klärschlamm, beziehungsweise der Klärschlammasche sicherstellen. Die Pflicht zur Rückgewinnung besteht, sobald der Phosphorgehalt in der Klärschlammtrockenmasse 2 % oder mehr beträgt. Wird der Schlamm direkt behandelt, muss der Phosphor bis unter 2 % abgereichert werden, um der Verordnung zu genügen. Enthält der Klärschlamm z.B. mehr als 4 %, reicht es, 50 % des Phosphors wiederzugewinnen. Wird die Klärschlammasche behandelt, müssen 80 % des in der Asche enthaltenen Phosphors wiedergewonnen werden.

Erläuterung in nachfolgender Textdatei 'Beschreibung Ablaufschema'. Abbildung 1: Mögliche Verwertungspfade für Klärschlamm inkl. Phosphorrückgewinnung gemäß Vorgaben der Klärschlammverordnung ab 2029(2032)

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... bis zum Inkrafttreten der Phosphorrückgewinnungspflicht aus Klärschlamm und Klärschlammaschen.

Beratungsstelle Phosphorrückgewinnung aus Klärschlamm in Bayern

Zum 1. Januar 2020 hat die Beratungsstelle Phosphorrückgewinnung am Bayerischen Landesamt für Umwelt ihre Arbeit aufgenommen. Die Einrichtung begleitet die Umsetzung der Phosphorrückgewinnung in Bayern. Insbesondere unterstützt die Beratungsstelle Kommunen, Abwasserverbände, Betreiber kommunaler Kläranlagen und auch Betreiber von Klärschlamm-Monoverbrennungsanlagen fachlich. Die Beratung erfolgt im Rahmen

  • der Unterstützung bei interkommunaler Zusammenarbeit,
  • der Entwicklung von Konzepten zur regionalen Trocknung dezentral anfallender Klärschlämme,
  • der energetischen Verwertung von Klärschlämmen,
  • der Verfahrensauswahl unter Berücksichtigung der örtlichen Gegebenheiten.

Phosphor als Baustein des Lebens

Als Baustein des Erbguts, der DNS und Bestandteil von ATP, dem universellen Energieträger in lebenden Zellen, ist das Element Phosphor Voraussetzung für jegliches Leben auf der Erde und nicht durch andere Elemente ersetzbar. Dies hat zur Konsequenz, dass der Mensch Phosphor als Nährstoff für die Produktion von Nahrungs- und Futtermitteln gewinnen muss, um die Ernährung der Weltbevölkerung sicherzustellen. Heute werden mehr als 80 % des überwiegend bergmännisch gewonnenen Phosphors für Düngemittel eingesetzt. Nur ein kleiner Teil wird für die industrielle Nutzung benötigt. Hier finden Phosphate unter anderem in Pestiziden, Flammschutzmitteln, Lebensmitteln oder in der Galvanikindustrie Anwendung.

Phosphor als kritische Ressource

Wenngleich für einige hundert Jahre und darüber hinaus ausreichend abbauwürdige Lagerstätten vorhanden sind, beziehungsweise erschlossen werden, existieren einige Faktoren, die langfristig die Preisstabilität oder gar die Versorgungssicherheit in Bezug auf Phosphatdünger gefährden könnten. Dies sind:

  • die geografische Konzentration der Lagerstätten auf wenige Länder (allein 75 % der Reserven sind in Marokko und der Westlichen Sahara lokalisiert),
  • die bereits vorhandenen und zukünftig steigenden Gehalte an zum Teil radioaktiven Schwermetallen in den Rohphosphaten (zum Beispiel Uran, Cadmium),
  • negative Umweltauswirkungen beim Abbau der Rohphosphate in den Gewinnungsländern und
  • zunehmende Weltbevölkerung und damit steigende Nachfrage nach Düngemitteln.

Phosphorsenken in Bayern

Der bayerische kommunale Klärschlamm enthält im Mittel ca. 3,1 % Phosphor in der Trockenmasse (TM). Bei einer anfallenden Klärschlammmenge von ca. 270.000 Mg TM/a (Stand 2022) ergibt sich hiermit im Klärschlamm eine Phosphormenge von ca. 8.600 Mg P/Jahr. Der bayerische Klärschlamm wird derzeit in erheblichem Umfang in Kohlekraftwerken, Müllheizkraftwerken oder Zementwerken mitverbrannt (vgl. die Unterseite "Thermische Behandlung"). Eine weitere relevante Menge an Phosphor (ca. 1.050 Mg P/Jahr) ist in tierischen Nebenprodukten (Tiermehl, Fleischknochenmehl) der Kategorie 1 enthalten. Dieses Tiermehl wird derzeit in Zementwerken mitverbrannt, wobei der enthaltene Phosphor in den Zement eingebunden wird und somit nicht mehr als Dünger zur Verfügung steht. Die Anteile aus der Kategorie 3 werden bereits als Zusatz in Heimtierfutter oder Düngemitteln verwertet. Bedeutend geringere Phosphormengen sind in Bio- und Grünabfällen enthalten. Da diese derzeit bereits in Bayern großteils gesammelt und einer Verwertung zugeführten werden, stellen sie kein zusätzliches Potenzial dar. Zum Vergleich: Über Mineraldünger wurden den bayerischen Böden im Zeitraum 2018 bis 2023 durchschnittlich ca. 16.000 Mg P pro Jahr zugeführt (vgl. Abbildung 1).

Ein erheblicher Anteil der konventionellen Phosphatdünger (bis ca. 50 %) könnte durch eine weitgehende Monoverbrennung des bayerischen Klärschlamms und eine anschließende Phosphorrückgewinnung aus den Aschen ersetzt werden. Eine Nutzung der Phosphorfrachten im Tiermehl ist hierbei noch nicht berücksichtigt.

Die größte Rolle unter den phosphorhaltigen Düngemitteln spielen die sogenannten Wirtschaftsdünger (insbesondere Gülle). Über sie gelangt mehr als die Hälfte der gesamten Phosphorzufuhr auf die landwirtschaftlich genutzten Flächen Deutschlands. Dies kann besonders in viehreichen Regionen zu überversorgten Böden führen, sofern die Aufbringung hinsichtlich der Nährstoffversorgung, insbesondere hinsichtlich Stickstoff, nicht bedarfsorientiert erfolgt.

Technologische Umsetzung der Phosphorrückgewinnung in Bayern

Grundsätzlich lässt sich Phosphor (P) aus dem Abwasser, aus Klärschlamm, aus Prozesswässern der Schlammbehandlung sowie aus Klärschlammaschen zurückgewinnen (siehe auch „Initialstudie Phosphor-Strategie für Bayern - Erarbeitung von Entscheidungsgrundlagen und Empfehlungen“). Hierzu gibt es eine Reihe von technischen Verfahren, die sich in unterschiedlichen Entwicklungsstadien bis hin zum großtechnischen Maßstab bewegen. Eine staatliche Unterstützung großtechnischer Umsetzungen erfolgt im Rahmen der RePhoR-Fördermaßnahme des BMBF bis zum Jahre 2026.

In Bayern wurden bereits frühzeitig an einigen Kläranlagenstandorten Rückgewinnungsverfahren im Pilotmaßstab realisiert. Auf der Kläranlage Neuburg a.d.Donau wurde ab dem Jahr 2011 ein Pilotprojekt zur Rückgewinnung von Phosphor aus Schlammwässern nach dem P-RoC®-Verfahren durchgeführt. Das Verfahren setzt bei der Phosphor-Rückgewinnung im Schlammwasser an. Durch die Zugabe von Calciumsilikathydraten (CSH) kristallisiert das Phosphat auf den CSH-Oberflächen als Calciumphosphat aus. Nach der Abtrennung der P-beladenen CSH-Partikel können diese direkt als Dünger eingesetzt werden. Aktuell ist der Bau einer großtechnischen Anlage zur Phosphorrückgewinnung geplant.

Am Standort der Klärschlammverbrennungsanlage in Altenstadt wird im Zuge des RePhoR-Teilprojekts R-Rhenania eine industrielle Demonstrationsanlage zur Phosphorrückgewinnung aus Klärschlammasche errichtet und soll 2024 in Betrieb gehen. Das Verfahren beruht auf dem Ashdec-Verfahren, bei dem auf thermochemischem Wege die Klärschlammasche unter Einsatz von (Erd-)alkalimetallen behandelt wird. Das Zielprodukt des Verfahrens ist ein schwermetallreduziertes Düngemittel mit im Vergleich zur Klärschlammasche verbesserter Pflanzenverfügbarkeit. Das Projekt läuft noch bis Juni 2026.

Eine Zusammenstellung und kurze Beschreibung von ausgewählten Verfahrensentwicklungen findet sich in der Broschüre des LfU "Klärschlammentsorgung in Bayern – Planungshilfe für Kommunen". Weitergehende Informationen enthalten die Ausgaben des UmweltSpezial des LfU "Rückholbarkeit von Phosphor aus kommunalen Klärschlämmen" und "Klärschlammverwertung und Phosphorrückgewinnung in Bayern".

Gebührenfähigkeit der Phosphorrückgewinnung

Das Bayerisches Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz stellte bereits 2018 fest, dass die Kosten für die Vorbereitung und Umsetzung der Phosphorrückgewinnung auf die Abwassergebühren umzulegen sind. Dies folgt einerseits aus der Klärschlammverordnung, die die Phosphorrückgewinnung ab 2029 bzw. 2032 für die Kläranlagen vorschreibt, andererseits aus dem Kommunalabgabengesetz, das die Gebührenfähigkeit aller Kosten aus dem ordnungsgemäßen Betrieb der Kläranlage festhält.

Aktuelles aus Bund und Länder

Im Zuge der 101. Umweltministerkonferenz (UMK) der Länder im Dezember 2023 bekräftigten die Umweltminister das Ziel der Phosphorrückgewinnung aus Klärschlamm bis spätestens 2029. Dabei wurde unter anderem auf folgende Punkte hingewiesen:

  • Die Umweltministerkonferenz stellte fest, dass aufgrund der schleppenden Umsetzung nur wenige konkrete Pläne zum Bau von Phosphorrückgewinnungsanlagen bekannt und der verbleibende Zeitraum für Planung, Bau und Genehmigung hierfür bis zum In-Kraft-Treten der Phosphorrückgewinnungspflicht knapp ist. Um die notwendigen Innovationen in großem Maßstab umzusetzen, die Techniken zu erproben und den rechtlich vorgegebenen Zeitrahmen nach Klärschlammverordnung bis 2029 einhalten zu können, müssten kurzfristig Investitionen getätigt werden.
  • Auf Anregung der Umweltministerkonferenz lud das Bundesumweltministerium im 1. Quartal 2024 zu einen Branchendialog unter Einbindung der relevanten Akteure an, um Hemmnisse für eine fristgerechte Umsetzung der Phosphorrückgewinnung zu analysieren, Lösungsmöglichkeiten mit geeigneten Maßnahmen zu identifizieren und einen Bericht der wesentlichen Ergebnisse für die 102. Umweltministerkonferenz zu erstellen.
  • Die Düngemittelverordnung bedarf einer punktuellen Anpassung, um den Einsatz von Phosphorrezyklaten als Düngemittel zu fördern. Beispielsweise ist die Verwendung als Düngemittel von der Nutzung ausgeschlossen, wenn der ursprüngliche Klärschlamm die Anforderungen der bodenbezogenen Verwertung nach Klärschlammverordnung nicht erfüllt. Dies gilt selbst dann, wenn im Rahmen der Phosphorrückgewinnung eine Schadstoffreduktion erfolgt und die Rezyklate alle Grenzwerte der Düngemittelverordnung einhalten.

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