Eine Daueraufgabe: Betrieb, Überwachung und Unterhaltung

Bauwerke des technischen Hochwasserschutzes müssen ständig ordnungsgemäß gepflegt und gewartet werden. Nur so können sie jederzeit die vorgesehene Hochwasserschutzfunktion erfüllen. Auch wenn über mehrere Jahre möglicherweise kein Hochwasserereignis stattfindet, müssen die Schutzanlagen auch ohne lange Vorwarnung betriebsbereit und voll funktionsfähig sein. Die personellen und finanziellen Aufwendungen für diese Daueraufgabe steigen mit dem Anlagenbestand und der Komplexität der technischen Hochwasserschutzanlagen.

Während konventionelle Deiche durch einfache Pflegemaßnahmen unterhalten werden können, erfordern modernere Hochwasserschutzsysteme aufgrund des Einsatzes mobiler Hochwasserschutzelemente und zunehmend aufwändigerer Binnenentwässerungsanlagen einen erheblich höheren Aufwand sowie entsprechendes Fachwissen.

Darüber hinaus führen fortgeschriebene Anforderungen aus technischen Regelwerken und Normen sowie die allgemeine bautechnische Entwicklung zu kontinuierlich steigenden Standards im technischen Hochwasserschutz. Die laufende Weiterentwicklung des Anlagenbestandes ist somit eine Daueraufgabe.

Die planmäßige Lebensdauer von Deichen und Hochwasserschutzwänden liegt bei 80 bis 100 Jahren. Um die Gebrauchs- und Anlagensicherheit von rund 1.350km Deichen und ca.100 km Hochwasserschutzwänden dauerhaft zu gewährleisten, müssen jährlich 10 bis 20km dieser Bauwerke grundlegend saniert oder neugebaut werden. Auch die derzeit 26 staatlichen Speicher und die Wildbachbauwerke müssen sukzessive ersetzt oder saniert werden. Um gezielt handeln zu können, werden die bestehenden Anlagen laufend auf ihren baulichen Zustand sowie die der Bemessung zugrunde liegenden Annahmen überprüft.

Des Weiteren müssen steuerbare und bewegliche Anlagenteile stetig technisch gewartet werden, um die Einsatzbereitschaft jederzeit gewährleisten zu können. Die Zuverlässigkeit muss auch nach mehreren Jahren ohne Hochwasserereignis gegeben sein. Zusätzlich ist kompetentes Betriebspersonal laufend zu schulen und das Personal muss nahezu ständig vor Ort einsatzbereit und schnell verfügbar sein. Besonders bei kleinen Einzugsgebieten und im Wildbachbereich sind die Vorwarnzeiten je nach Ereignis, zum Beispiel bei lokalen Starkniederschlägen, sehr gering.

Die Anforderungen an die für Bauwerke des technischen Hochwasserschutzes zuständigen staatlichen und kommunalen Fachstellen werden weiter steigen. Ein stetiger Erfahrungsaustausch und laufende Fort- und Weiterbildungen sind hier erforderlich.

Sanierung von Hochwasserschutzanlagen

Trotz einer guten und konstanten Unterhaltung der baulichen Anlagen nagt der Zahn der Zeit an den technischen Schutzeinrichtungen jeglicher Art. Nach einer gewissen Zeit wird die Sanierung einer Hochwasserschutzanlage zur Erhaltung der Schutzwirkung notwendig. Zusätzlich wird im Zuge einer Sanierung eine Anpassung an die sich ändernden technischen Normen, Vorschriften und Gesetze in der langen Betriebszeit der baulichen Schutzanlagen durchgeführt.

Der überwiegende Teil der Deiche in Bayern wurde in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts errichtet und konnte daher die Ende der 1990er-Jahre eingeführten technischen Standards für Hochwasserschutzanlagen nicht oder nur bedingt erfüllen. Viele dieser Bauwerke wurden zudem ursprünglich vorrangig für den Schutz landwirtschaftlicher Flächen angelegt und ihnen fielen erst im Zuge der mittlerweile erfolgten Nutzungsintensivierung in den geschützten Gebieten die heute relevanten Hochwasserschutzfunktionen zu.

Historische Deiche stellen häufig hochwertige Landschaftsbestandteile von Flussauen dar. Eingriffe in diese Naturräume können aufwendige Genehmigungsverfahren sowie umfangreiche Ersatz- und Ausgleichsverfahren erfordern. Häufig stehen Eingriffe in die Auen auch im Widerspruch zu wasserwirtschaftlichen Zielen der Gewässerentwicklung. Daher wurden Bauweisen entwickelt, mit denen die ökologischen Funktionen bestehender Deiche erhalten und Eingriffe in den Naturhaushalt sowie privates Grundeigentum vermieden werden können. Neben Stahlspundwänden werden hierzu Bauweisen mit tiefreichenden Bodenverfestigungen (Bodenvermörtelungen) eingesetzt. Aufgrund der deutlich geringeren Aufwendungen für Ersatz- und Ausgleichsmaßnahmen sowie Grunderwerb sind diese angepassten Bauweisen trotz insgesamt etwa 1,5- bis 2,5-fach höheren Baukosten häufig die wirtschaftlichste Lösung. Darüber hinaus können solche Lösungen überströmbar ausgebildet werden und erfüllen somit die Vorgaben an resiliente Bauweisen. Hierbei ist aber zu berücksichtigen, dass bei längerer und höherer Überströmung eine Erosion am Deichkörper stattfindet und die Dichtwand dann teilweise frei steht. Dies muss bei der Berechnung der Statik berücksichtigt werden.

Die geschilderten Vorteile dieser Bauweise rechtfertigen, dass künftig als wichtig eingestufte Deichabschnitte – sogenannte systemrelevante Deiche – grundsätzlich mit Dichtwänden nachgerüstet werden. Wo möglich und sinnvoll, sollten sie auch auf Überströmung ausgelegt und statisch nachgewiesen werden.

Die bisher in die Anpassung des technischen Hochwasserschutzes investierten Mittel sind in Anbetracht der privat- wie volkswirtschaftlich immensen Schadenpotenziale in diesen Bereichen mehr als gerechtfertigt. Die Notwendigkeit der konsequenten und beschleunigten Fortführung der noch erforderlichen Sanierungen verdeutlichen nicht zuletzt die verheerenden Auswirkungen der Deichbrüche noch nicht sanierter bzw. angepasster Altdeiche an der Isar (Deggendorf-Fischerdorf) sowie der Donau (Winzer-Auterwörth) während des Hochwassers 2013. Die Sanierung und Anpassung des Bestandes an die geltenden bautechnischen Regeln und die wasserwirtschaftlichen Standards hat daher uneingeschränkt Vorrang.

Deichsanierung mittels Dichtwand Deichsanierungen an der Isar

Weitergehende Sanierungen werden häufig erforderlich, wenn im Rahmen einer grundlegenden Überprüfung Defizite in der Schutzwirkung festgestellt werden oder Systeme hinsichtlich der Resilienz angepasst werden sollen. Hierzu können zusätzlich zum Beispiel gesteuerte Flutpolder oder Überlaufstrecken vorgesehen werden. Lokal können darüber hinaus auch Deichrückverlegungen und Strukturmaßnahmen im Vorland (Flutrinnen, Vorlandabsenkungen) Wasserspiegelabsenkungen bewirken und damit zur Sicherstellung der Hochwasserschutzfunktionen oder zur Verbesserung der Anlagensicherheit beitragen. Rückverlegungen stärken auch den natürlichen Rückhalt. Als alleinige Maßnahmen zur Sanierung technischer Hochwasserschutzanlagen sind sie in der Regel aber nicht ausreichend.

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