Einsatzgebiete Hydraulik

Hydrodynamisch-numerische Strömungsmodelle haben in der wasserwirtschaftlichen Praxis eine große Bedeutung erlangt. Im Vergleich zu physikalischen Modellen besitzen sie eine größere Flexibilität und verursachen geringere Kosten. Die in der Bayerischen Wasserwirtschaftsverwaltung standardmäßig eingesetzten 2D-Modelle liefern als Ergebnisse flächendeckende Aussagen. Dies sind unter anderem:

  • Wassertiefen und Wasserspiegellagen
  • Ausdehnung der Hochwassergefahrenflächen bzw. Überschwemmungsgebiete
  • Fließgeschwindigkeiten
  • Überflutungsdauer
  • Erosionsgefährdung (Schubspannung)
  • Aussagen über die zeitliche Entwicklung von Abfluss- und Wasserstandsganglinien (bei längeren Flussabschnitten).

Die Modelle werden sowohl zur Feststellung und Analyse bestehender Zustände als auch als Instrument für wasserwirtschaftliche Planungen und Gefahrenprognosen eingesetzt. Aufgabenbereiche sind folgende.

Ermittlung von Hochwassergefahrenflächen und Überschwemmungsgebieten

Die bei Hochwasser von Überschwemmungen betroffenen Gebiete können für beliebige Hochwasserabflüsse ermittelt werden. Sowohl Überschwemmungsgrenzen als auch zu erwartende Wassertiefen und Strömungsgeschwindigkeiten werden berechnet.

Das Fließschema zeigt die hydraulische Modellierung als Instrument zur Ermittlung von Hochwassergefahrenflächen. Auf der Grundlage der ermittelten Hochwassergefahrenflächen werden für das HQ100 die Karten für ein vorläufig gesichertes bzw. festgesetztes Überschwemmungsgebiet erstellt. Die ermittelten Hochwassergefahrenflächen für HQ100, HQhäufig und HQextrem bilden gleichzeitig die Grundlage für die Hochwassergefahrenkarten und Hochwasserrisikokarten nach der EU-Hochwasserrisikomanagement-Richtlinie.

Bemessung von Hochwasserschutzmaßnahmen

Für die Dimensionierung von Deichen, Hochwasserschutzmauern und Flutmulden liefern Modelle wichtige Entscheidungshilfen bezüglich der zu erwartenden Wasserstände.

Foto einer gewässerbegleitenden Hochwasserschutzwand und die Umsetzung der Geometrie im Berechnungsnetz sowie einen Profil-Querschnitt dazu. Ins hydraulische Berechnungsnetz eingearbeitete Hochwasserschutzmauer

Nachweis der Auswirkungen von Baumaßnahmen im und am Gewässer

Brückenbauwerke, Durchlässe und Querbauwerke im Gewässer wie Wehre und Rampen üben einen Einfluss auf Wasserstände und Strömungssituation aus. Durch die Modellierung werden diese Auswirkungen quantifiziert.

Beurteilung von Auswirkungen bei der Renaturierung von Gewässern

Renaturierungsmaßnahmen am Gewässer und in der Aue haben einen Einfluss auf das Abflussverhalten. Mögliche Retentionswirkungen wie Verzögerung und Dämpfung des Abflussscheitels durch Maßnahmen wie Flussbettaufweitung, Laufverlängerung, Änderung der Flächennutzung und Deichrückverlegung lassen sich quantitativ nachweisen.

Beurteilung der ökologischen Standortbedingungen

Wassertiefe, Überflutungsdauer und Fließgeschwindigkeit sind wichtige Standortfaktoren für Pflanzengesellschaften in der Aue. Mögliche Auswirkungen auf diese Faktoren im Zuge geplanter Bau- bzw. Renaturierungsmaßnahmen können mit Hilfe der Modellierung vorab untersucht werden.

Beurteilung der Flutwellenausbreitung für den Katastrophenschutz

Für Gefahrenprognosen und für den operationellen Einsatz beim Katastrophenschutz können neben einfachen Hochwasserszenarien auch besondere Situationen wie Deichbruchszenarien berechnet werden.

Beurteilung des Feststofftransports in Gewässern

Um die Transportprozesse in einem Gewässer besser verstehen und analysieren zu können, bedient man sich computergestützter Feststofftransportmodelle, welche auf hydrodynamisch-numerischen Strömungsmodellen aufbauen. Bei den Feststoffen unterscheidet man zwischen Geschiebe (Korndurchmesser größer 2 mm), welches sich nur langsam (bei Hochwasser) über die Flusssohle bewegt und Schwebstoffen (Korndurchmesser kleiner als 2 mm), die sich schwebend mit ähnlicher Geschwindigkeit wie das Wasser im Fluss fortbewegen.

Bei der Modellierung des Feststofftransports werden neben den Strömungsgleichungen zusätzlich die Gleichungen für den Geschiebe- und/oder den Schwebstofftransport sowie für die Sohlveränderungen gelöst. Mit einem Feststofftransportmodell lassen sich Ablagerungs- und Erosionsprozesse sowohl bei einzelnen Hochwasserereignissen als auch in Form einer Langzeitprognose über mehrere Jahrzehnte voraussagen.

Feststofftransportmodelle dienen zur Untersuchung von historischen, aktuellen sowie zukünftigen morphologischen Zuständen. So können zum Beispiel Erosionsprozesse oder auch Stauraumverlandungen nach den in vergangener Zeit durchgeführten Flussbegradigungen und Errichtung von Wehren nachvollzogen werden. Bei aktuellen flussbaulichen Sanierungskonzepten sind sie wichtige Hilfsmittel zur Planung und Erfolgsprognose wasserbaulicher Maßnahmen. Langfristige Auswirkungen von Maßnahmen wie Geschiebezugabe, Gewässeraufweitungen, Umbau oder Rückbau von Querbauwerken auf die Sohlgeometrie können untersucht werden.

Zwei Abbildungen eines zweidimensionalen Feststofftransportmodells zeigen ein Berechnungsnetz mit modellierten Geländehöhen einer Flusssohle im zeitlichen Abstand von mehreren Jahren. Sohlentwicklung eines Flusses in einem numerischen Modell

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