Starkregen und Sturzfluten

Was ist Starkregen?

Niederschlagsereignisse, die lokal sehr begrenzt (kleinräumig) auftreten und in kurzer Zeit sehr große Niederschlagsmengen verursachen, werden als Starkregenereignisse bezeichnet. Diese können grundsätzlich an jedem Ort in Bayern auftreten. Häufig entstehen solche Niederschläge, wenn hohe Temperaturunterschiede und Feuchtigkeit in der Luft zu ergiebigen Regenwolken führen, die plötzlich und intensiv abregnen können. Dabei führen Temperaturunterschiede zu starken Aufwärtsbewegungen von feuchtwarmen Luftmassen und damit zur Bildung von ergiebigen Regenwolken, die plötzlich und intensiv abregnen können. Belastbare meteorologische Vorhersagen von Ort und Intensität dieser Ereignisse sind nur kurz vor dem Auftreten möglich. Für wirksame Vorsorgemaßnahmen ist es dann häufig bereits zu spät.

Wasser strömt von einem Feld auf eine Straße

Auch dort, wo kein Gewässer verläuft, kann Hochwasser auftreten; Foto links: Dominik Loell, Foto rechts: Freiwillige Feuerwehr Hainsbach

Wie entsteht Hochwasser aus Starkregen?

Der Starkregen fällt mit hoher Intensität auf die Erdoberfläche. Ist der Boden bereits mit Wasser gesättigt, oder fällt mehr Niederschlag als vom Boden aufgenommen werden kann, bildet sich Oberflächenabfluss, der auch häufig als wild abfließendes Wasser bezeichnet wird. Verfügt der Boden ohnehin über ein geringes Aufnahmevermögen, zum Beispiel wegen starker Verdichtung oder durch Versiegelung, wird der größte Teil des Niederschlags sofort "abflusswirksam".

Der Oberflächenabfluss folgt dem Gelände, fließt und sammelt sich in tiefer liegenden Bereichen. Er kann bereits vor dem Erreichen eines Gewässers beträchtliche Ausmaße annehmen und damit erhebliche Schäden verursachen. Hochwasser infolge von Starkregen kann daher grundsätzlich überall in Bayern und auch fern von Gewässern und sogar in Hügellagen auftreten und zu erheblichen Schäden führen.

In steileren Geländebereichen, wird der Oberflächenabfluss beschleunigt und fließt sehr schnell ab. Das strömende Wasser entwickelt dabei große Kräfte, die starken Bodenabtrag (Erosion) zur Folge haben können und bei außergewöhnlichen Ereignissen auch schwere Gegenstände (zum Beispiel Siloballen, gelagertes Holz, Autos) mitreißen können. Nicht selten verwandeln sich Geländetiefpunkte in Gräben oder asphaltierte Straßen in richtige Sturzbäche. Das Durchwaten oder Durchfahren solcher Abflussbereiche, führt häufig zu lebensbedrohlichen Situationen und Totalschäden an Fahrzeugen. Aber auch Bereiche in denen das Oberflächenwasser zum Stehen kommt und sich aufstaut, können sehr gefährlich sein.

Nach der Flut sind starke Erosionsrinnen zu sehen

Im Tiefpunkt eines Ackers bildet sich reißende Strömung und verursacht starken Bodenabtrag; Foto rechts: René Heinrich

Sturzflut – eine extreme Form von Hochwasser!

Sturzfluten sind besonders plötzlich und unerwartet auftretende Hochwasserereignisse, die sich durch ihre extreme Wucht von anderen Hochwasserereignissen unterscheiden. Ausgelöst werden sie von außergewöhnlichen Starkregenereignissen, die starken Oberflächenabfluss, schnell ansteigende Wasserstände und kräftige Abflusswellen bilden. Sie treten lokal sehr begrenzt auf und treffen dadurch vor allem kleine Gewässer und ihre zugehörigen kleinen Einzugsgebiete. Wo Sturzfluten auftreten, verursachen sie häufig katastrophale Schäden und stellen eine sehr große Gefahr für Leib und Leben dar. Sie reißen sogar sehr schwere Objekte mit sich und können selbst Schäden an massiven Bauwerken anrichten. Das in Gebäude eindringende Wasser macht Keller und Tiefgaragen in wenigen Sekunden zu tödlichen Fallen. Bereits der Wasserdruck von wenigen Zentimetern Wasser entwickelt Kräfte, die zum Beispiel das Öffnen einer Türe und damit die Flucht unmöglich machen. Bringen Sie sich daher sofort in Sicherheit, wenn sturzflutartiges Hochwasser auftritt und in Kellerräume und das Erdgeschoss eindringen könnte. Begeben Sie sich in diesem Fall umgehend in höhere Stockwerke mit Fluchtmöglichkeiten. Gehen Sie kein unnötiges Risiko ein!

Während durch Dauerregen verursachte, großräumige Hochwasserereignisse entlang von großen Gewässern in den letzten Jahren glücklicherweise "nur" Sachschäden verursachten, sind bei den lokalen Sturzflutereignissen 2016 mehrere Menschen ums Leben gekommen.

Große Wassermassen strömen entlang einer Straße in Simmbach am Inn.

Sturzflut 2016 in Simbach am Inn mit unvorstellbarer Wucht; Foto links: Polizeipräsidium Niederbayern, Foto rechts: Walter Gering

Wie kann man sich gegen Starkregen schützen?

Starkregenereignisse sind Naturerscheinungen, die durch den Menschen nicht verhindert werden können! Wir können uns aber auf Hochwasser infolge von Starkregen vorbereiten und die negativen Folgen dieser Ereignisse deutlich reduzieren. Dabei ist der erste Schritt, sich der Gefahren und Risiken von Hochwasser bewusst zu werden. Grundsätzlich kann nahezu jeder von Starkregen und dadurch verursachtem Hochwasser betroffen sein! Aus diesem Grund sollte sich auch jeder im Rahmen seiner Möglichkeiten auf diese Ereignisse vorbereiten. Übrigens, ist dies auch eine gesetzliche Pflicht:

Der §5 Abs. 2 des Wasserhaushaltsgesetzes (WHG) legt fest: Jede Person, die durch Hochwasser betroffen sein kann, ist im Rahmen des ihr Möglichen und Zumutbaren verpflichtet, geeignete Vorsorgemaßnahmen zum Schutz vor nachteiligen Hochwasserfolgen und zur Schadensminderung zu treffen, insbesondere die Nutzung von Grundstücken den möglichen nachteiligen Folgen für Mensch, Umwelt oder Sachwerte durch Hochwasser anzupassen.

Im nächsten Schritt sollte man möglichst viele Informationen über das eigene, individuelle Risiko zusammentragen. Zum Beispiel sollte man sich fragen:

  • Was wäre passiert, wenn solche Niederschläge, wie sie im Mai/Juni 2016 vielerorts auftraten, über meinem Wohnort, oder meinem Gewerbebetrieb niedergegangen wären?
  • Gibt es in der Hinweiskarte Oberflächenabfluss und Sturzflut Hinweise auf mögliche Betroffenheiten, sind diese plausibel?
  • Mit welchen Schäden wäre zu rechnen?
  • Wäre ich in der Lage, mich mit eigenen Mitteln und eigener Kraft in Sicherheit zu bringen, von dem Ereignis zu erholen und alle Schäden zu ersetzen?
  • Bestünde bei der aktuellen Nutzung sogar eine Gefahr für Leib und Leben?
  • Liegen evtl. bereits Informationen über vergangene Ereignisse in meiner Region vor?
  • Was waren die Erfahrungen der Betroffenen, welche Konsequenzen wurden daraus gezogen?
  • Bin ich ausreichend versichert?
  • Wo bekomme ich weitere Unterstützung und Beratung?

Häufig lassen sich diese Fragen nicht abschließend und vollständig beantworten. Dennoch sollte im nächsten Schritt über mögliche Maßnahmen zur Minimierung des eigenen Risikos nachgedacht werden. Nachfolgend ein paar Beispiele:

  • Müssen wertvolle Gegenstände, teure Einrichtung, unersetzbare Dokumente und Erinnerungsstücke im Keller und Erdgeschoss gelagert werden?
  • Lässt sich über eine Nutzungsänderung das Schadenspotential reduzieren?
  • Kann ich meine Immobilie durch technische Maßnahmen besser vor Schäden (z.B. durch eindringendes Wasser) schützen?
  • Habe ich wichtige Dokumente und ein Notfallpaket für den Ernstfall sicher aufbewahrt?
  • Muss ich eine Versicherung abschließen, um mich vor dem finanziellen Ruin bei Verlust oder Beschädigung meines Eigentums zu schützen?
  • Sind die Nutzer von Kellern, Souterrain und Tiefgaragen in der Lage, sich im Hochwasserfall mit eigener Kraft rechtzeitig in Sicherheit zu bringen?
  • Trage ich die Verantwortung für besonders schutzbedürftige oder nicht selbstständige Personen und was ist notwendig, um dieser Verantwortung auch im Hochwasserfall gerecht zu werden?
  • Erhöht ein Notfallplan meine Chancen, im Ernstfall die wichtigsten Maßnahmen erfolgreich umzusetzen? Ist der Plan aktuell und allen Beteiligten ausreichend bekannt?
  • Wie kann ich dazu beitragen, die Entstehung von Hochwasser und die damit verbundenen negativen Folgen zu mindern?
  • Können versiegelte Flächen in meinem Eigentum wieder durchlässig gemacht werden?
  • Kann gesammeltes Niederschlagswasser von meinem Dach oder versiegelten Flächen zurückgehalten und versickert werden?
  • Verschärfe ich durch mein Bauvorhaben die Hochwassersituation in meiner Umgebung?
  • Ist der gewählte Standort für mein Bauvorhaben auch unter Berücksichtigung der notwendigen Hochwasservorsorge geeignet?

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