Verlauf des Niedrigwassers 2022 im Grundwasser

Die mittlere Grundwasserneubildungsrate im Jahr 2022 summierte sich in Bayern auf rd. 143mm (Nordbayern 133mm, Südbayern 155mm). Gegenüber dem 30-jährigen Mittel der Jahre 1971 bis 2000 entspricht dies einem Grundwasserneubildungsdefizit von rund 64mm bzw. -31%. Entsprechend hat sich im Jahr 2022 das vorhandene Defizit aus den Vorjahren (insbesondere der Trockenjahre 2015, 2018, 2019, 2020) weiter erhöht.

Dies hatte zur Folge, dass sich die Messwerte an vielen Grundwassermessstellen und Quellen im Jahresverlauf, zum Teil deutlich, weiter verringerten. Lediglich zu Beginn des Jahres bis zur ersten Februarhälfte wurden an vielen Messstellen für die Jahreszeit übliche Grundwasserstände registriert.

Zur Beschreibung der bayernweiten Grundwasserstandsentwicklung im Jahresverlauf können die tagesaktuellen Daten des Niedrigwasser-Informationsdienstes (NID) herangezogen werden. Der NID umfasst derzeit rund 640 Messstellen, die entweder dem oberflächennahen Grundwasser (einschließlich Quellen) oder tieferen Grundwasserleitern zugeordnet sind. Auf Basis einer statistischen Einteilung erfolgt für jede Messstelle mit einer mindestens fünfjährigen Messreihe eine Klassifikation der aktuellen Niedrigwassersituation (kein Niedrigwasser; niedrig; sehr niedrig; neuer Niedrigstwert). Betrachtet man den zeitlichen Verlauf des Messstellanteils, der innerhalb des NID als mindestens niedrig eingestuft war, so ergibt sich die in Abbildung 1 dargestellte und im Weiteren näher beschriebene Entwicklung im Verlauf des Jahres 2022.

Vorbemerkung zur Grafik

Die y-Achse zeigt den relativen Anteil der NID-Messstellen im oberen Grundwasserstockwerk mit Einstufung Niedrigwasser. Die x-Achse zeigt den zeitlichen Verlauf über die Monate Januar 2022 bis Dezember 2022.

Entwicklung des relativen Anteils der NID-Messstellen mit Einstufung Niedrigwasser über die Monate Januar 2022 bis Dezember 2022. Die genaue Beschreibung des Verlaufs kann dem nachfolgenden Text entnommen werden. Abbildung 1: Verlauf der Niedrigwassersituation 2022 im Grundwasser als Entwicklung des relativen Anteils der NID-Messstellen mit Einstufung Niedrigwasser, in der Auswertung berücksichtigt sind Grundwassermessstellen und Quellen des oberen Stockwerks mit einer Beobachtungsdauer > 5 Jahre

Im langjährigen Vergleich war das Jahr 2022 ein deutlich unterdurchschnittliches Niederschlagsjahr. Nach dem zuvor insgesamt durchschnittlichem Jahr 2021 wurde der erste Höhepunkt der Niedrigwasserphase bereits in der zweiten Märzhälfte, mit 64% der Messstellen mit Einstufung niedrig oder sehr niedrig, erreicht. Die Niederschläge Ende März reduzierten den Anteil erneut auf rund 40%, anschließend verharrte der Anteil niedrig bzw. sehr niedrig klassifizierter Messstellen bis Mitte Juni als Folge der in Summe zu trockenen Monate auf einem vergleichbar hohen Niveau mit Werten zwischen 40% und 60%. Insgesamt wurde somit, wie in vielen Vorjahren auch, ein erneut zu trockenes Frühjahr (Monate März bis Mai) registriert. Als Folge des dann einsetzenden, deutlich zu warmen und trockenen Sommers (Juni bis August) erhöhte sich der Anteil der Grundwasserstände mit niedrigen oder sehr niedrigen Messdaten am 17. August auf das Jahresmaximum von 80% der betrachteten Messstellen. Im Anschluss wirkten sich die teils sehr ergiebigen Niederschläge, speziell im September, zum Teil positiv auf die Grundwasserverhältnisse aus. Allerdings verblieben viele Messstellen, speziell in fließgewässerfernen Grundwasservorkommen bzw. Vorkommen mit mächtiger Bodenüberdeckung auf einem niedrigen oder sehr niedrigen Niveau. So wurde erst wieder zu Jahresende 2022 die 30%-Marke als Anteil niedriger Messstellen unterschritten. Die an vielen fließgewässerfernen Grundwassermessstellen seit mehreren Jahren beobachtete abnehmende Tendenz der Grundwasserstände hat sich im Jahr 2022 in den allermeisten Fällen weiter fortgesetzt. Im Mittel wiesen 48% der Messstellen im Jahr 2022 durchgehend niedrige oder sehr niedrige Messwerte auf. Dies entspricht, gemeinsam mit dem Jahr 2020, dem höchsten registrierten Wert der letzten Jahre (2017: 38%, 2018: 44%, 2019: 45%, 2021: 34%).

Die Grundwassermessstellen der tieferen Grundwasserstockwerke weisen bereits seit dem Trockenjahr 2015 mehrheitlich niedrige Grundwasserstände auf. Auf Grund der überwiegend sehr langsam stattfindenden Regenerierungsprozesse zeigten sie lediglich eine geringe Reaktion auf die Niederschläge im Jahr 2022. Im Jahresdurchschnitt wurden demnach im Jahr 2022 an 66% der Messstellen der tieferen Grundwasserstockwerke niedrige oder sehr niedrige Grundwasserstände registriert.

Betrachtet man die 338 Grundnetz-Messstellen des Landesgrundwasserdienstes, die mindestens seit dem Jahr 2000 in Betrieb sind, so wurden an auffallend vielen Grundwassermessstellen neue Niedrigstwerte (NNW) in den fünf vergangenen Jahren 2018 (53-mal), 2019 (29-mal), 2020 (29-mal), 2021 (29-mal) und 2022 (85-mal) registriert. Die anhaltende mehrjährige Niedrigwassersituation im Grundwasser in Bayern setzt sich weiterhin in starker Ausprägung fort. Das erneut zu trockene Jahr 2022 führte zu einer weiteren Verschärfung der Situation.

Für die Trockenjahre 2003 und 2015 zeigen heute nur noch 18 bzw. 13 Grundwassermessstellen einen Niedrigstwert. Das heißt, die Grundwasserstände liegen seit 2018 vielfach auf einem erheblich niedrigeren Niveau als 2003 und 2015. Für die genannten Zahlen liegt die Auswertung der Messzeitreihen von 2000 bis 2022 zu Grunde. Messwerte vor diesem Zeitabschnitt wurden, sofern vorhanden, nicht berücksichtigt.

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