Hochwasser und Überschwemmungen

Hochwasser bedeutet zunächst, dass an einem Fluss oder See der Wasserstand oder Abfluss höher ist als im langjährigen Mittel. Ausuferungen und Überschwemmungen, die zum Teil auch Schäden verursachen, treten meist erst bei deutlich erhöhten Wasserständen auf.

Das Ausmaß der Hochwasser-Ereignisse wird im Allgemeinen über Abfluss- und Wasserstands-Werte beschrieben, die an den Pegel-Messstellen in Bayern gemessen werden. Ausgewertet wird vor allem der maximale Abfluss- oder Wasserstands-Wert der Hochwasserwelle.

Hochwasser-Klassifizierung

Um die Werte einzuordnen gibt es zwei unterschiedliche Klassifizierungen:
Jährlichkeit (HQx) und Meldestufen.

Die Meldestufe gibt Auskunft darüber welche Schäden durch Überschwemmungen beim Hochwasser im Bereich des jeweiligen Pegels aufgetreten sind bzw. auftreten können.

In Bayern wurden Meldestufen an etwa 260 Pegeln festgelegt vorrangig an Pegeln mit größerem Einzugsgebiet. Hochwasser durch Starkniederschläge, welches meist räumlich sehr begrenzt auftritt, wird daher besser durch die Angabe der Jährlichkeits-Werte abgebildet, da diese auch für viele Pegel mit kleinem Einzugsgebiet vorhanden sind.

Datengrundlage

Plausibilisierte und geprüfte Abfluss- und Wasserstands-Daten stehen für das Jahr 2022 noch nicht zur Verfügung. Daher werden für diesen Bericht Rohdaten verwendet, die sich bei der abschließenden Prüfung noch ändern können. Während der Bearbeitung dieses Berichts wurden jedoch bereits die wichtigsten Werte auf auffällige Ausreißer überprüft und korrigiert.

Überblick über die Hochwassersituation 2022

Im Jahr 2022 wurde in Bayern kein extrem großes Hochwasser beobachtet, Wasserstände der höchsten Meldestufe 4 wurden 2022 nicht erreicht. Es gab aber einige mittlere bis größere Hochwasser, die verbreitet zu Überschwemmungen der Meldestufen 1 bis 2 und an sieben Pegeln auch zu Überflutungen der Meldestufe 3 führten. An den großen Flüssen Main, Donau und Inn trat kein Hochwasser mit Überschwemmungen auf, nur am Pegel Würzburg am Main wurden Anfang Januar kurzzeitig Wasserstände etwas oberhalb der Meldestufe 1 gemessen.

Wie in den letzten Jahren verursachten Regen und Schneeschmelze auch 2022 mehrere Hochwasser mit verbreitet auftretenden Überschwemmungen im Januar, Februar und Dezember. Das größte Hochwasser im Januar betraf fast alle Flüsse im Main-Gebiet und im Gebiet der nördlichen Donau-Zuflüsse. Bei den Hochwassern im Februar und Dezember lag der Schwerpunkt in unterschiedlichen Gebieten nördlich der Donau.

In den Monaten Juni bis Oktober gab es im Süden Bayerns Hochwasser und Sturzfluten durch sommerliche Starkregen, die aber deutlich geringer ausfielen als in den letzten Jahren. Die Hochwasser-Ereignisse im Juni, August und Oktober traten, räumlich zum Teil auf wenige Flussabschnitte begrenzt, vor allem in den Gebieten von Ilz (Juni), dem Oberlauf von Iller und Lech (August) und an den Flüssen am östlichen Alpenrand (Oktober) auf. Es wurden auch weniger extreme Abfluss-Werte gemessen als in den Vorjahren. Die höchsten Abflussspitzen der Klasse 20 bis 50-jährlich wurden bei Starkregen-Hochwassern im Mai und Juni an zwei Pegeln kleinerer Flüsse im Isar-Gebiet beobachtet.

Vom Hochwassernachrichtendienst wurden 2022 insgesamt 36 Hochwasser-Berichte (Hochwasserlagebericht und Information zur Hochwasserlage) herausgegeben, die meisten davon bei den lang andauernden Hochwasser-Ereignissen durch Regen und Tauwetter. Die Hochwasser-Gefahr durch Starkregen kann wegen Unsicherheiten in der Niederschlags-Vorhersage, in Bezug auf Niederschlagsmenge und räumliche Verteilung, oft nur kurzfristig und in allgemeiner Form bewarnt werden.

Hochwasser-Situation 2022 im Jahresverlauf

Das erste Hochwasser begann bereits Ende Dezember 2021, weshalb im Folgenden der Zeitraum vom 25.12.2021 betrachtet wird. Dieses größte Hochwasser im Januar 2022 wird im nächsten Kapitel ‚Besondere Hochwasser-Ereignisse' genauer beschrieben.

Kurze Zeit später folgten die Hochwasser-Ereignisse Anfang und Mitte Februar, die – ebenso wie das Hochwasser im Januar – durch Tauwetter in Verbindung mit ergiebigem Regen ausgelöst wurden. Beim Hochwasser Anfang Februar waren besonders die Aisch, die Wörnitz und der Obere Main betroffen, am 7. Februar traten an 44 Pegeln Überschwemmungen der Meldestufe 1 und 2 auf.

Das Hochwasser Mitte Februar hatte den Schwerpunkt an Aisch und Wörnitz sowie dem Gebiet des Oberen Main, insgesamt traten am 17. Februar an 26 Pegeln kleine Ausuferungen und Überschwemmungen landwirtschaftlicher Flächen der Meldestufe 1 und 2, am Pegel Fürth am Berg an der Steinach (Gebiet des oberen Main) auch Überschwemmungen der Meldestufe 3 auf.

Ergiebige konvektiv verstärkte Dauer-Niederschläge führten Mitte April zu einem kleinen Hochwasser vor allem im Gebiet der westlichen Regnitz-Zuflüsse (Fränkische Rezat, Aisch), Wörnitz, Altmühl, Tauber und vereinzelt an weiteren kleineren Zuflüssen zum unteren Main. Dabei traten leichte Ausuferungen und Überschwemmungen der Meldestufe 1 bis 2 in den Bereichen von 25 Pegeln, am Pegel Greindorf an der Aisch auch der Meldestufe 3 auf.

Am 6. Mai treten durch lokal begrenzten Starkregen am Pegel Obernach/Ach (oberes Isar-Gebiet) seltene Abflusswerte der Klasse 20 bis 50-jährlich auf.

Anfang Juni traten flächig gewittrige Stark-Niederschläge in Südbayern und der Oberpfalz auf und führten dazu, dass am 5. Juni an einzelnen kleineren Flüssen im Gebiet der Ilz, des Oberen Regen, der Vils und der Rott seltene Abflüsse der Klasse 5 bis 10-jährlich auftraten. Am Pegel Operding/Hammerbach (kleiner Zufluss zur unteren Isar) wurden 20 bis 50-jährliche Abflusswerte gemessen.

Feuchte Luftmassen mit Schauern und Gewittern führten Mitte August zu hohen Abflüssen an kleineren Flüssen an der oberen Iller und einzelnen Pegeln im Gebiet der Bodensee-Zuflüsse, des oberen Lech und der oberen Loisach. Am 20. August wurde an einem kleineren Zufluss im Oberlauf der Iller eine Abflussspitze mit 5 bis 10-jährlichen Abflusswerten gemessen. Insbesondere durch die vorhergehende Trockenheit konnte in Schwaben einiges an Niederschlag in den Einzugsgebieten gepuffert werden, so dass es trotz hoher Niederschläge nicht überall zu Hochwasser kam.

Auch das Hochwasser Anfang Oktober wurde durch sommerliche Stark-Niederschläge verursacht. Die genauere Beschreibung findet sich im Kapitel "Besondere Hochwasser-Ereignisse".

Tauwetter und der Durchzug mehrerer Regengebiete führten Ende Dezember zu einem Hochwasser mit verbreitet auftretenden Überschwemmungen im Norden Bayerns. Betroffen sind vor allem das Gebiet des oberen Main mit Itz und Steinach, verschiedene Regnitz-Zuflüsse, die Fränkische Saale, Naab und Regen, vereinzelt auch Altmühl, Rott und Vils. Hier treten am 24.12.2022 in den Bereichen von insgesamt 42 Pegeln leichte Ausuferungen und Überschwemmungen der Meldestufe 1 und 2 auf, an 3 Pegeln der Flüsse Itz, Steinach und Schwabach auch Überflutungen der Meldestufe 3.

Besondere Hochwasser-Ereignisse

Hochwasser im Zeitraum 25.12.2021 bis 20.01.2022

Das Hochwasser im Januar wurde von Regen und Schneeschmelze verursacht und führte im nördlichen Teil Bayerns fast an allen kleineren und mittleren Flüssen zu Überschwemmungen. Betroffen waren vor allem westliche und östliche Regnitz-Zuflüsse, Altmühl und Wörnitz, Oberer Main, Itz, Fränkische Saale, Regen, Ilz und der Oberlauf der Naab.

Das Hochwasser begann bereits Ende Dezember 2021, die meisten Ausuferungen und Überschwemmungen wurden aber erst Anfang Januar beobachtet: Am 4. Januar überschritten die Wasserstände an insgesamt 79 der 260 Pegel, für die in Bayern Meldestufen festgelegt sind, die Schwellwerte der Meldestufe 1 bis 2, an sieben Pegeln die Meldestufe 3.

Auch an Pegeln kleinerer Gewässer, für die oft keine Meldestufen aber Jährlichkeits-Werte vorhanden sind, zeigte sich die große Verbreitung des Hochwassers: An 54 der 485 Pegel für die Jährlichkeits-Werte festgelegt sind, wurde ein Hochwasser-Scheitelabfluss mit der Jährlichkeit von 1-jährlich oder mehr beobachtet.

Wiederholte Regenfälle und die Tatsache, dass das Hochwasser an einem Teil der Flüsse nur langsam abfloss, führten dazu, dass sich das Hochwasser über eine Zeit von etwa drei Wochen hinzog. In dieser Zeit war der Hochwassernachrichtendienst aktiv und informierte in insgesamt 14 Hochwasser-Berichten über die sich fast täglich ändernde Hochwasser-Situation.

Wasserstandsganglinie am Pegel Laufermühle an der Aisch über 26 Tage vom 25.12.2021 bis 20.01.2022. Die Ganglinie zeigt ein langsames Ansteigen und Abfallen des Wasserstandes. Die Schwellwerte der Meldestufen sind als waagerechte Linien eingezeichnet. Die Ganglinie der Wasserstände bleibt zwei Mal mehrere Tage lang oberhalb der Meldestufe 2 und steigt auch kurze Zeit über die Meldestufe 3. Abbildung 3: Wasserstandsganglinie am Pegel Laufermühle/Aisch beim Hochwasser im Januar 2022 mit Darstellung der Meldestufen, der langsame Anstieg und Abfall der Ganglinie zeigt, dass hier das Hochwasser nur langsam abfließt

Hochwasser im Zeitraum 02.10.2022 bis 04.10.2022

Intensive Niederschläge beim Durchzug mehrerer Fronten-Systeme führten Anfang Oktober im Süd-Osten Bayerns zu Hochwasserwellen vor allem im Gebiet der Mangfall und einzelner Pegel im Gebiet der Amper sowie der Königsseer Ache (Inn-Zufluss).

Vom 2. bis zum 4. Oktober traten im Bereich von insgesamt 21 Pegeln Abflüsse mit einer Jährlichkeit von mehr als einem Jahr auf, an der Mangfall wurden an den Pegeln im Mangfall-Gebiet Oberach/Weißach und Beyharting/Glonn Abflüsse der Klasse 5 bis 10-jährlich gemessen.

Im gleichen Zeitraum wurden nur Wasserstände der Meldestufe 1, an insgesamt 8 Pegeln, registriert.

Durch den schnellen Ablauf des Hochwassers und die Unsicherheit über die räumliche Lage der prognostizierten Niederschläge wurde vom Hochwassernachrichtendienst nur eine Information zur Hochwasserlage am 2. Oktober herausgegeben.

Abflussganglinie am Pegel Oberach/Weißach über 5 Tage vom 01.10 bis zum 5.10. Die Schwellwerte der Jährlichkeiten sind als waagerechte Linien eingezeichnet. Die Ganglinie am 02.10. steigt schnell bis auf etwas über 72m²/s, den Wert eines 5-jährlichen Hochwassers, an und fällt am 03.10. rasch wieder ab. Abbildung 4: Abflussganglinie am Oberach/Weißach beim Hochwasser im Oktober 2022 mit Darstellung der Jährlichkeiten (HQ1 bis HQ100)

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