Kulturlandschaft

Bayern zeichnet sich durch eine Vielfalt gewachsener Kulturlandschaften aus. Sie machen Regionen unverwechselbar, sie prägen Heimat und vermitteln Heimatgefühl, sie tragen zur lokalen und regionalen Identität bei. Die spezifische Eigenart der Kulturlandschaften hat sich über lange Zeiträume entwickelt: auf der Grundlage der naturräumlichen Gegebenheiten wie Relief, Klima und Boden hat der Mensch durch spezifische Nutzung charakteristische Kulturlandschaften geschaffen. Kulturlandschaften mit typischer Eigenart sind somit nicht nur Teil unseres Naturerbes, sondern auch unseres kulturellen Erbes.

Zu den Zielen des Naturschutzes gehören nach dem Bundesnaturschutzgesetz nicht nur die Sicherung der biologischen Vielfalt und der Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts, sondern auch die Vielfalt, Eigenart und Schönheit der Landschaft. Landschaft bedeutet in Mitteleuropa in der Regel nicht Naturlandschaft, sondern seit Jahrhunderten durch menschliche Nutzung „gewachsene Kulturlandschaft“. In reichen diese von den Weinbaulandschaften Unterfrankens über die Industrieregion Mittelfranken und die altbairischen Ackerbaulandschaften bis zu den von Almen geprägten Erholungslandschaften der Alpen. Diese landschaftliche Vielfalt bildet auch die Grundlage für die Bewahrung der Biodiversität, zu der wir uns mit der Bayerischen Biodiversitätsstrategie verpflichtet haben.

Die traditionelle Vielfalt der bayerischen Kulturlandschaften ist jedoch gefährdet. Der rasante Nutzungswandel in den letzten Jahrzehnten hat zu einer Nivellierung der Kulturlandschaften geführt. Landschaftsverbrauch durch großflächige Gewerbegebiete und Vermaisung der Landschaft sind hierzu nur zwei Stichworte. Vor diesem Hintergrund nimmt der Schutz der Landschaft eine Schlüsselfunktion unter den vielfältigen Aufgaben des Naturschutzes ein, der mit dem Entwurf einer kulturlandschaftlichen Gliederung Rechnung getragen wird.

Entwurf einer kulturlandschaftlichen Gliederung Bayerns

Mit dem Entwurf einer kulturlandschaftlichen Gliederung Bayerns wurde erstmals der Versuch gemacht, die Vielfalt der bayerischen Kulturlandschaft flächendeckend für Bayern zu gliedern und diese zu beschreiben. Als Ergebnis konnten 61 Kulturlandschaftsräume definiert werden. Die kulturlandschaftliche Gliederung ist kein Ersatz, aber eine notwendige Ergänzung zur naturräumlichen Gliederung. Sie soll dazu beitragen, dass das kulturlandschaftliche Erbe in den verschiedensten Planungen stärker berücksichtigt wird - damit Bayerns einmalige Kulturlandschaften nicht „ihr Gesicht verlieren“.

Bedeutsame Kulturlandschaften in Bayern – Entwurf einer Raumauswahl

Während der Entwurf der kulturlandschaftlichen Gliederung Bayerns einen rein beschreibenden Ansatz verfolgt und auf Wertungen verzichtet, ist das Projekt „Bedeutsame Kulturlandschaften in Bayern – Entwurf einer Raumauswahl“ dagegen explizit auf eine wertende Betrachtung ausgerichtet. Bei der Beurteilung der Bedeutsamkeit der Kulturlandschaften wurde dabei nicht die bayerische Landesfläche als Wertmaßstab angesetzt, vielmehr wurden die 61 Kulturlandschaftsräume der kulturlandschaftlichen Gliederung für die Bewertung herangezogen. Auf diese Weise konnten solche Räume identifiziert werden, die die traditionelle Eigenart des einzelnen Kulturlandschaftsraumes in besonderer Weise bewahrt haben. Dieser Wertungsansatz wird der Vielfalt der bayerischen Kulturlandschaft besser gerecht als ein landesweiter Ansatz, bei dem Teilräume, die sich allein schon durch ihre hohe naturräumliche Eigenart auszeichnen (zum Beispiel Alpenraum, Jura) gegenüber anderen Gebieten eine überproportionale Beachtung finden würden.

Kulturlandschaftliche Empfehlungen für Bayern

Für die 61 Kulturlandschaftsräume der kulturlandschaftlichen Gliederung wurden in einem dritten Projektbaustein kulturlandschaftliche Empfehlungen erarbeitet. Entsprechend der jeweils charakteristischen Eigenart der einzelnen Teilräume zeigen die kulturlandschaftlichen Empfehlungen Perspektiven für Erhalt und Entwicklung der Kulturlandschaften auf. Die Empfehlungen bilden einen aus rein fachlich-sektoraler Perspektive („Schutzgut Kulturlandschaft“) entwickelten, nicht mit Zielvorstellungen anderer Raumansprüche bzw. Fachdisziplinen abgestimmten Beitrag zur Landschaftsentwicklung. In ihrer Aussageschärfe und ihrem sprachlichen Duktus entsprechen die Empfehlungen dabei landes- bzw. regionalplanerischen Zielformulierungen. Anders als diese besitzen sie jedoch für die kulturlandschaftlichen Entwicklung einen rein unverbindlichen Charakter. Sie bilden dennoch wichtige Informations- und Entscheidungsgrundlagen und sollen dazu beitragen, diese in der räumlichen Planung und in Fachplanungen zu berücksichtigen, um so die Eigenart und Vielfalt der bayerischen Kulturlandschaften für kommende Generationen zu erhalten.

Die drei Pilotprojekte wurden im Auftrag des Bayerischen Staatsministeriums für Umwelt und Gesundheit und unter Leitung des Bayerischen Landesamtes für Umwelt vom Institut für Landschaftsarchitektur der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf von 2009 – 2013 gemeinsam mit dem Lehrstuhl für Strategie und Management der Landschaftsentwicklung der TU München erarbeitet. Die Oberste Baubehörde im Bayer. Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr war Kooperationspartner beim Projekt „Kulturlandschaftliche Empfehlungen für Bayern“.

Alle drei Projekte wurden jeweils durch eine Arbeitsgruppe mit Vertretern aus Behörden, Fachinstitutionen und Planungsbüros sowie zahlreiche externe Experten begleitet, die ihr umfassendes Fachwissen in die Projekte einbrachten. Ohne diese Mitwirkung von externen Experten wären die Projekte in der kurzen Laufzeit nicht möglich gewesen (siehe Danksagung).

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