Rechtliche Grundlagen

Die Föderalismusreform im Jahr 2006 hat eine Wende im Naturschutzrecht eingeleitet: Bis dahin wurde das unmittelbar geltende Naturschutzrecht maßgeblich von den Bundesländern festgesetzt, seit 2006 fällt das Naturschutzrecht unter die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz des Bundes. Das neue Bundesnaturschutzgesetz (BNatschG) vom 29.07.2009 (zuletzt geändert durch Gesetz vom 04.03.2020) trifft daher unmittelbar geltende Regelungen. Dem Landesrecht kommt nur noch eine ergänzende Funktion zu. Der bayerische Gesetzgeber hat an einigen Stellen von seinem verfassungsrechtlich eingeräumtem Abweichungsrecht Gebrauch gemacht, so auch bei der Festlegung weiterer gesetzlich geschützter Biotope. Das neue Bayerische Naturschutzgesetz (BayNatSchG) ist am 01. März 2011 in Kraft getreten. Im Zusammenhang mit dem Volksbegehren "Rettet die Bienen" wurden im BayNatSchG umfangreiche Änderungen vorgenommen. Dabei wurden unter anderem im Art. 23 BayNatSchG die gesetzlich geschützten Biotope um zwei Biotope ergänzt. Die Änderungen sind seit 01.08.2019 in Kraft.

Die Biotopkartierung hat weder das Ziel noch die rechtlichen Möglichkeiten, ökologisch wertvolle Flächen unter Schutz zu stellen oder Grundstücksbesitzern bestimmte Bewirtschaftungsweisen vorzuschreiben. Sie stellt lediglich eine unverbindliche Bestandsaufnahme der natürlichen Umgebung dar.
So gilt: Nicht die Kartierung, sondern die Natur macht eine Fläche zum Biotop. Rechtliche Einschränkungen können sich allerdings ergeben aus

  • bestehenden Gesetzen, wie etwa § 30 und 39 BNatSchG sowie Art. 23 und 16 BayNatSchG, die bestimmte Biotoptypen unter besonderen Schutz stellen, sowie
  • dem Verschlechterungsverbot in Gebieten von gemeinschaftlicher Bedeutung oder in Europäischen Vogelschutzgebieten (§§ 33, 34 BNatSchG) oder
  • Schutzgebietsverordnungen.

Damit sind die genannten rechtlichen Regelungen unabhängig von der Biotopkartierung wirksam. Eine genaue Erfassung der Biotope hat jedoch den Vorteil, ohne zusätzliche Erhebungen vor Ort feststellen zu können, welche Flächen unter diese Bestimmungen oder Verordnungen fallen. Falls eine Fläche nach § 30 BNatSchG / Art. 23 BayNatSchG geschützt ist, sind Maßnahmen, die zu einer Zerstörung oder sonstigen erheblichen Beeinträchtigung dieser Fläche führen, unzulässig.
Bei erschwerten Nutzungsbedingungen auf einer geschützten Fläche hat der Grundstückseigentümer die Möglichkeit, einen Erschwernisausgleich zu erhalten oder am Bayerischen Vertragsnaturschutzprogramm teilzunehmen.
Weitere Informationen darüber gibt es bei den Unteren Naturschutzbehörden an den Landratsämtern oder in den kreisfreien Städten.

§ 30 Bundesnaturschutzgesetz (Auszug)

Gesetzlich geschützte Biotope

(1) Bestimmte Teile von Natur und Landschaft, die eine besondere Bedeutung als Biotope haben, werden gesetzlich geschützt (allgemeiner Grundsatz).
(2) Handlungen, die zu einer Zerstörung oder einer sonstigen erheblichen Beeinträchtigung folgender Biotope führen können, sind verboten:

  1. natürliche oder naturnahe Bereiche fließender und stehender Binnengewässer einschließlich ihrer Ufer und der dazugehörigen uferbegleitenden natürlichen oder naturnahen Vegetation sowie ihrer natürlichen oder naturnahen Verlandungsbereiche, Altarme und regelmäßig überschwemmten Bereiche,
  2. Moore, Sümpfe, Röhrichte, Großseggenrieder, seggen- und binsenreiche Nasswiesen, Quellbereiche, Binnenlandsalzstellen,
  3. offene Binnendünen, offene natürliche Block-, Schutt- und Geröllhalden, Lehm- und Lösswände, Zwergstrauch-, Ginster- und Wacholderheiden, Borstgrasrasen, Trockenrasen, Schwermetallrasen, Wälder und Gebüsche trockenwarmer Standorte,
  4. Bruch-, Sumpf- und Auenwälder, Schlucht-, Blockhalden- und Hangschuttwälder, subalpine Lärchen- und Lärchen-Arvenwälder,
  5. offene Felsbildungen, Höhlen sowie naturnahe Stollen, alpine Rasen sowie Schneetälchen und Krummholzgebüsche,
  6. Fels- und Steilküsten, Küstendünen und Strandwälle, Strandseen, Boddengewässer mit Verlandungsbereichen, Salzwiesen und Wattflächen im Küstenbereich, Seegraswiesen und sonstige marine Makrophytenbestände, Riffe, sublitorale Sandbänke, Schlickgründe mit bohrender Bodenmegafauna sowie artenreiche Kies-, Grobsand- und Schillgründe im Meeres- und Küstenbereich.

Die Verbote des Satzes 1 gelten auch für weitere von den Ländern gesetzlich geschützte Biotope.

§ 39 Abs. 5 und 6 Bundesnaturschutzgesetz (Auszug)

Allgemeiner Schutz wild lebender Tier und Pflanze

(5) Es ist verboten,

  1. die Bodendecke auf Wiesen, Feldrainen, Hochrainen und ungenutzten Grundflächen sowie an Hecken und Hängen abzubrennen oder nicht land-, forst- oder fischereiwirtschaftlich genutzte Flächen so zu behandeln, dass die Tier- oder Pflanzenwelt erheblich beeinträchtigt wird,
  2. Bäume, die außerhalb des Waldes, von Kurzumtriebsplantagen oder gärtnerisch genutzten Grundflächen stehen, Hecken, lebende Zäune, Gebüsche und andere Gehölze in der Zeit vom 1. März bis zum 30. September abzuschneiden, auf den Stock zu setzen oder zu beseitigen; zulässig sind schonende Form- und Pflegeschnitte zur Beseitigung des Zuwachses der Pflanzen oder zur Gesunderhaltung von Bäumen,
  3. Röhrichte in der Zeit vom 1. März bis zum 30. September zurückzuschneiden; außerhalb dieser Zeiten dürfen Röhrichte nur in Abschnitten zurückgeschnitten werden,
  4. ständig wasserführende Gräben unter Einsatz von Grabenfräsen zu räumen, wenn dadurch der Naturhaushalt, insbesondere die Tierwelt erheblich beeinträchtigt wird.

Die Verbote des Satzes 1 Nummer 1 bis 3 gelten nicht für

  1. behördlich angeordnete Maßnahmen,
  2. Maßnahmen, die im öffentlichen Interesse nicht auf andere Weise oder zu anderer Zeit durchgeführt werden können, wenn sie
    1. behördlich durchgeführt werden,
    2. behördlich zugelassen sind oder
    3. der Gewährleistung der Verkehrssicherheit dienen,
  3. nach § 15 BNatSchG zulässige Eingriffe in Natur und Landschaft,
  4. zulässige Bauvorhaben, wenn nur geringfügiger Gehölzbewuchs zur Verwirklichung der Baumaßnahmen beseitigt werden muss.

Die Landesregierungen werden ermächtigt, durch Rechtsverordnung bei den Verboten des Satzes 1 Nummer 2 und 3 für den Bereich eines Landes oder für Teile des Landes erweiterte Verbotszeiträume vorzusehen und den Verbotszeitraum aus klimatischen Gründen um bis zu zwei Wochen zu verschieben. Sie können die Ermächtigung nach Satz 3 durch Rechtsverordnung auf andere Landesbehörden übertragen.

(6) Es ist verboten, Höhlen, Stollen, Erdkeller oder ähnliche Räume, die als Winterquartier von Fledermäusen dienen, in der Zeit vom 1. Oktober bis zum 31. März aufzusuchen; dies gilt nicht zur Durchführung unaufschiebbarer und nur geringfügig störender Handlungen sowie für touristisch erschlossene oder stark genutzte Bereiche.

Art. 23 Bayerisches Naturschutzgesetz (Auszug)

Gesetzlich geschützte Biotope

(1) Gesetzlich geschützte Biotope im Sinn des § 30 Abs. 2 Satz 2 BNatSchG sind auch

  1. Landröhrichte, Pfeifengraswiesen,
  2. Moorwälder,
  3. wärmeliebende Säume,
  4. Magerrasen, Felsheiden,
  5. alpine Hochstaudenfluren
  6. extensiv genutzte Obstbaumwiesen oder -weiden aus hochstämmigen Obstbäumen mit einer Fläche ab 2.500 Quadratmetern (Streuobstbestände) mit Ausnahme von Bäumen, die weniger als 50 Meter vom nächstgelegenen Wohngebäude oder Hofgebäude entfernt sind und
  7. arten- und strukturreiches Dauergrünland.

Die Staatsregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung Einzelheiten zur fachlichen Abgrenzung der in Satz 1 Nr. 6 und 7 genannten Biotope zu bestimmen.

(2) Die Verbote nach § 30 Abs. 2 BNatSchG gelten nicht bei gesetzlich geschützten Biotopen, die

  1. nach Inkrafttreten eines Bebauungsplans entstanden sind, wenn eine nach diesem Plan zulässige Nutzung in seinem Geltungsbereich verwirklicht wird,
  2. während der Laufzeit einer vertraglichen Vereinbarung oder der Teilnahme an öffentlichen Programmen zur Bewirtschaftungsbeschränkung entstanden sind, soweit diese innerhalb einer Frist von fünfzehn Jahren nach Beendigung der vertraglichen Vereinbarung oder der Teilnahme an den öffentlichen Programmen wieder einer land-, forst- oder fischereiwirtschaftlichen Nutzung zugeführt werden.

Die Verbote nach § 30 Abs. 2 BNatSchG gelten außerdem nicht für regelmäßig erforderliche Maßnahmen zur Unterhaltung

  1. der künstlichen, zum Zweck der Fischereiwirtschaft angelegten geschlossenen Gewässer im Sinne des § 30 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BNatSchG oder
  2. der Obstbaumwiesen oder –weiden im Sinn des Abs. 1 Nr. 6.

(3) Für eine Maßnahme kann auf Antrag eine Ausnahme zugelassen werden, wenn die Beeinträchtigungen ausgeglichen werden können oder wenn die Maßnahme aus Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses notwendig ist. Die Entscheidung über die Ausnahme wird durch eine nach anderen Vorschriften erforderliche behördliche Gestattung ersetzt; diese Entscheidung wird im Benehmen mit der zuständigen Naturschutzbehörde getroffen.

(4) Abweichend von § 30 Abs. 3 und § 67 Abs. 1 BNatSchG bedürfen Maßnahmen auf Grund der öffentlich-rechtlichen Verpflichtung zur Unterhaltung der Gewässer keiner behördlichen Ausnahme- oder Befreiungsentscheidung vom Verbot des § 30 Abs. 2 Satz 1 BNatSchG. Sie dürfen nur unter den Voraussetzungen des Art. 23 Abs. 3 Satz 1 BayNatSchG oder des § 67 Abs. 1 BNatSchG durchgeführt werden.

(5) Die Sicherung von Brut-, Nahrungs- und Aufzuchtsbiotopen des Großen Brachvogels, der Uferschnepfe, des Rotschenkels, der Bekassine, des Weißstorchs, des Kiebitzes, des Braunkehlchens oder des Wachtelkönigs in feuchten Wirtschaftswiesen und -weiden (Wiesenbrütergebiete) soll in geeigneter Weise, insbesondere durch privatrechtliche Vereinbarungen, angestrebt werden.

Art. 16 Bayerisches Naturschutzgesetz (Auszug)

Schutz bestimmter Landschaftsbestandteile

(1) Es ist verboten, in der freien Natur

  1. Hecken, lebende Zäune, Feldgehölze oder -gebüsche einschließlich Ufergehölze oder -gebüsche zu roden, abzuschneiden, zu fällen oder auf sonstige Weise erheblich zu beeinträchtigen,
  2. Höhlen, ökologisch oder geomorphologisch bedeutsame Dolinen, Toteislöcher, aufgelassene künstliche unterirdische Hohlräume, Trockenmauern, Lesesteinwälle sowie Tümpel und Kleingewässer zu beseitigen oder erheblich zu beeinträchtigen,
  3. entlang natürlicher oder naturnaher Bereiche fließender oder stehender Gewässer, ausgenommen künstliche Gewässer im Sinne von § 3 Nr. 4 des Wasserhaushaltsgesetzes und Be- und Entwässerungsgräben im Sinne von Art. 1 des Bayerischen Wassergesetzes, in einer Breite von mindestens 5 m von der Uferlinie diese garten- oder ackerbaulich zu nutzen (Gewässerrandstreifen),
  4. Bodensenken im Außenbereich im Sinne des § 35 des Baugesetzbuches zu verfüllen,
  5. Alleen an öffentlichen oder privaten Verkehrsflächen und Wirtschaftswegen zu beseitigen, beschädigen oder auf sonstige Weise erheblich zu beeinträchtigen.

Das Verbot nach Satz 1 Nr. 1 gilt nicht für

  1. die ordnungsgemäße Nutzung und Pflege im Zeitraum vom 1. Oktober bis 28. Februar, die den Bestand erhält,
  2. schonende Form- und Pflegeschnitte zur Beseitigung des Zuwachses,
  3. Maßnahmen, die zur Gewährleistung der Verkehrssicherheit öffentlicher Verkehrswege oder der öffentlich-rechtlichen Verpflichtung zur Unterhaltung der Gewässer erforderlich sind.

(2) § 17 Abs. 8 und § 30 Abs. 3 BNatSchG sowie Art. 23 Abs. 3 gelten entsprechend.

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