Grundsätze und gesetzliche Anforderungen der Abwasserentsorgung

Die Erfolge der jahrzehntelangen bayerischen Gewässerschutzpolitik, die sich durch den gezielten Ausbau kommunaler und industriell-gewerblicher Abwasseranlagen sowie durch eine Vielzahl flankierender Maßnahmen eingestellt haben, lassen sich an unseren Bächen, Flüssen und Seen erkennen. Der Eintrag von Nähr- und Schadstoffen aus punktuellen Quellen ist deutlich zurückgegangen. Alle Seen im Freistaat erfüllen die strengen Anforderungen der EU-Badegewässer-Richtlinie.

Einen ganz wesentlichen Anteil an diesem Erfolg haben die bayerischen Kommunen. Anfang der 50er Jahre gab es in Bayern nur wenige kommunale Kläranlagen und das Kanalnetz hatte nur einen geringen Umfang. Heute sind rund 97 % der Bevölkerung Bayerns an fast 2.500 öffentliche Kläranlagen angeschlossen. Die Kanalnetze haben eine Gesamtlänge von etwas mehr als 100.000 km. Seit 1946 haben die bayerischen Gemeinden und Städte rund 35 Mrd. € in die Abwasserentsorgung investiert. Der Staat hat sie dabei mit Zuschüssen von rd. 9 Mrd. € unterstützt.

Das Abwasser von etwa 400.000 Einwohnern wird auf Dauer über mechanisch-biologische Kleinkläranlagen zu entsorgen sein. Hier stand der Freistaat Bayern den Bürgern in den Jahren 2003 – 2014 mit einem Förderprogramm für Kleinkläranlagen unterstützend zur Seite.

Gesetzliche Rahmenbedingungen für Abwasseranlagen

Nach dem Wasserhaushaltsgesetz (WHG) stellen Einleitungen von Abwasser aus Kanalisation oder aus Abwasserbehandlungs- bzw. Kläranlagen in Gewässer Benutzungen dar, für die eine behördliche Erlaubnis zu erteilen ist.

Grundsätzlich wird das auf dem Vorsorgegrundsatz beruhende sog. Emissionsprinzip angewandt. § 57 WHG schreibt hierzu als Anforderungsniveau zur Begrenzung der Schadstofffracht des Abwassers den Einsatz eines Verfahrens nach dem Stand der Technik vor. Präzisiert wird dieser in der Abwasserverordnung (AbwV) mit den zugehörigen Anhängen.

Auch das Verdünnungsverbot oder das Verbot der Verlagerung von Umweltbelastungen in andere Umweltmedien ist zu beachten. Dementsprechend müssen Abwasseranlagen auch errichtet und betrieben werden (§ 60 WHG). Bestehende Anlagen, die diesen vorgenannten Anforderungen nicht entsprechen, sind unter angemessener Fristsetzung in erforderlichem Maße umzurüsten oder zu sanieren. Die Sanierungsauflagen werden von den Wasserrechtsbehörden unter Fristsetzung vorgegeben.

Bei Erteilung einer Erlaubnis sind mindestens die Anforderungen der AbwV festzusetzen. Neben allgemeinen Begriffsbestimmungen und Festlegungen zu Analysen- und Messverfahren und zur Einhalteregelung enthält diese Verordnung spezielle Anforderungen für Abwässer aus bestimmten Herkunftsbereichen in einzelnen Anhängen.

Für Industrie/Gewerbe-Anlagen wurden bisher mehr als 50 Anhänge zur AbwV für abwasserproduzierende Industrie- und Gewerbebranchen erlassen. Für verschiedene Schmutzstoffparameter sind dort jeweils Anforderungen an das Abwasser für die Einleitungsstelle in ein Gewässer und gegebenenfalls auch Anforderungen an das Abwasser vor Vermischung oder Anforderungen an das Abwasser für den Ort des Anfalls bestimmt. Die beiden letzteren Bezugspunkte sind auch von Bedeutung für indirekt einleitende Industrie- oder Gewerbebetriebe, deren Abwässer einer kommunalen Abwasseranlage zur weiteren Behandlung zugeführt werden. In diesen genehmigungspflichtigen Fällen müssen die Indirekteinleiter zum Beispiel durch geeignete Vorbehandlungsanlagen die Einhaltung der betroffenen Anforderungswerte gewährleisten.

Bei Einleitungen in besonders empfindliche bzw. schützenswerte Gewässer können im Einzelfall nach dem Immissionsprinzip über die gesetzlichen Regelungen hinaus weitere oder noch strengere Anforderungen gefordert werden. Beispielsweise können bei Einleitungen in stehende oder sehr langsam fließende Gewässer gezielte Nährstoffeliminationsmaßnahmen zur Vermeidung von Eutrophierungserscheinungen geboten sein.

Bestehende Anforderungen aus dem europäischen Recht werden in den nationalen Bundes-Vorschriften bzw. Länder-Verordnungen übernommen bzw. umgesetzt (zum Beispiel die EU-Richtlinie 91/271/EWG für kommunales Abwasser, Richtlinie 76/464/EWG mit Tochterrichtlinien, Wasserrahmenrichtlinie-WRRL 2000/60/EG). Für den Vollzug sind die Bundesländer verantwortlich.

Anforderungen für häusliches oder kommunales Abwasser

Die Mindestanforderungen für das Einleiten von häuslichem oder kommunalem Abwasser in Gewässer sind in Anhang 1 zur AbwV geregelt. Mit dieser Regelung wird in Deutschland auch die einschlägige EU-Bestimmung "Richtlinie des Rates über die Behandlung von kommunalem Abwasser" in nationales Recht umgesetzt. Die nachstehende Tabelle gibt einen Überblick über die gemäß Anhang 1 einzuhaltenden Konzentrationswerte von kommunalen Kläranlagen und privat betriebenen Kleinkläranlagen. Danach sind unterschiedliche strenge Anforderungswerte für organische Verschmutzungen (Chemischer Sauerstoffbedarf CSB und Biochemischer Sauerstoffbedarf BSB5) bei allen Kläranlagenausbaugrößen einer Kläranlage zu beachten (Größenklassen 1 bis 5).

Ab Größenklasse 3 (über 5.000 Einwohnerwerte) muss zusätzlich auch ein Anforderungswert für Ammonium-Stickstoff (Nitrifikation) beachtet werden. Ab Größenklasse 4 (über 10.000 Einwohnerwerte) sind darüber hinaus auch Anforderungswerte für Gesamt-Stickstoff, (Denitrifikation) und Gesamt-Phosphor, vorgeschrieben. Nachfolgende Tabelle zeigt die Anforderungswerte für kommunale Kläranlagen gemäß Anhang 1 zur Abwasserverordnung, einzuhalten in der qualifizierten Stichprobe oder 2-Stunden Mischprobe in vier von fünf Fällen.

Anforderungswerte für kommunale Kläranlagen
Größenklasse der Abwasserbehandlungsanlagen bzw. BSB5 (roh)-Fracht Ausbau-größe in Einwohner-werten EW Chemischer Sauerstoff-bedarf (CSB) mg/l Biochem. Sauerstoff-bedarf (BSB5) mg/l Ammonium-stickstoff (NH4-N) mg/l Stickstoff gesamt (Nges) mg/l Phosphor gesamt (Pges) mg/l
Größenklasse 1 < 60 kg/d < 1.000 150 40 - - -
Größenklasse 2 60 bis 300 kg/d 1.000 bis 5.000 110 25 - - -
Größenklasse 3 > 300 bis 600 kg/d 5.001 bis 10.000 90 20 10 - -
Größenklasse 4 > 600 bis 6.000 kg/d 10.001 bis 100.000 90 20 10 18 2
Größenklasse 5 > 6000 kg/d > 100.000 75 15 10 13 1

Zuständigkeiten

Nach den gesetzlichen Vorgaben sind die Kommunen zur Beseitigung ihres Abwassers verpflichtet. Bei der Erfüllung ihrer Aufgaben wird sie von der Bayerischen Wasserwirtschaftsverwaltung unterstützt. Diese

  • sorgt als amtlicher Sachverständiger in wasserrechtlichen Verfahren für den Schutz der Gewässer,
  • berät die Kommunen bei Planung, Betrieb und Eigenüberwachung ihrer Abwasseranlagen, bei der staatlichen Förderung sowie bei technischen Fragen beim Vollzug des Satzungsrechts,
  • wickelt die staatliche Förderung ab,
  • unterstützt die Entwicklung leistungsfähiger Verfahren,
  • überwacht im Rahmen der technischen Gewässeraufsicht unter Hinzuziehung von Privaten Sachverständigen der Wasserwirtschaft die Abwassereinleitungen und prüft, ob der Betrieb den gesetzlichen Vorgaben entspricht und
  • nimmt die nationalen und internationalen Berichtspflichten wahr.

Wichtige Ziele und Maßnahmen der Zukunft

  • Die in Gewässer eingeleiteten Stofffrachten so gering wie möglich halten. Dabei haben Vermeidung und Ersatz belastender Stoffe Vorrang vor Maßnahmen der Abwasserbehandlung.
  • Weitere Verbesserung des ökologischen Zustands, insbesondere der sensiblen Quellbäche und Oberläufe von Gewässern, durch Verringerung des Phosphor-Eintrags aus kommunalen Kläranlagen.
  • Einführung produktintegrierter Umweltschutzmaßnahmen in Industrie- und Gewerbebetrieben zur Verminderung von Frischwasserverbrauch, Abwasseranfall und Schmutzfrachten, wobei insbesondere schwer abbaubare, persistente und ökotoxische Stoffe von den Gewässern fernzuhalten sind.
  • Niederschlagswasser auch in Siedlungsgebieten wieder mehr in den natürlichen Wasserkreislauf einbeziehen; Abfluss so natürlich wie möglich bzw. Versickerung vor Ort über die belebte Bodenzone, Sammlung möglichst vermeiden; finanzielle Anreize, zum Beispiel im Rahmen des Satzungsrechtes (geteilter Gebührenmaßstab), können diesen Prozess fördern und beschleunigen.
  • Überwachung, Bewirtschaftung und Sanierung von Mischwasserbehandlungsanlagen.
  • Prioritätsbezogene Sanierung schadhafter und überlasteter Kanäle.
  • Ausbau, Erweiterung bzw. Nachrüstung bestehender Abwasserbehandlungsanlagen auf den Stand der Technik je nach Erfordernis im Einzelfall; Optimierung des Energie- und Ressourcenverbrauchs.
  • Aufzeigen der Defizite, Entwicklung von Programmen und Durchführung von Maßnahmen bei Abwasseranlagen im Vollzug der EU-Wasserrahmenrichtlinie.
  • Schutz der Gewässer durch Überwachung der Abwassereinleitungen, zum einen durch die staatliche Überwachung mittels privater Sachverständiger der Wasserwirtschaft und gleichzeitig durch die Förderung der Eigenverantwortung der Einleiter.
  • Optimierung der Reinigungsleistung von Kleinkläranlagen durch systemgerechte Eigenkontrolle und Wartung sowie regelmäßiger Überprüfungen durch private Sachverständige in der Wasserwirtschaft.

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