PRESSEMITTEILUNG
Natur: Nr. 16 / Freitag, 09. Mai 2025
Zu wenig Wasser schadet auch dem Bodensee-Vergissmeinnicht
Ortstermin am Lindauer Bodenseeufer
Die Pflänzchen mit ihren charakteristischen hellblauen bis rosa Blüten ducken sich hier am Lindauer Bodenseestrand flach an den Boden. Botaniker Dr. Wolfgang von Brackel zeigt, dass sie gerade mal an die umgebenden Steine reichen und kaum hochkommen. Ein Zeichen, dass das Bodensee-Vergissmeinnicht darunter leidet, zu oft niedergetreten zu werden.
Am Bodenseestrand haben sich Wolfgang von Brackel und mehrere amtliche Naturschützer von LfU, Regierung von Schwaben und örtlichem Landratsamt zusammengefunden, um über den Schutz des vom Aussterben bedrohten Bodensee-Vergissmeinnichts zu sprechen. Denn die Pflanze ist einzigartig und kommt von Natur aus nur am Bodensee vor, das heißt, sie ist endemisch. Einzigartig und stark gefährdet ist auch der Ufer-Hahnenfuß, dessen winzige keulenartige Blätter Wolfgang von Brackel einige Meter weiter zeigt. Artenhilfsprogramm (AHP) Strandrasen nennt sich das Schutzprogramm, das auch die Bodensee-Strandschmiele und den Europäischen Strandling einschließt. Pflanzen, die sich daran angepasst haben, zeitweise überstaut zu werden und so eine Nische am periodisch überfluteten Seeufer als ihren Lebensraum belegen.
Beschilderung, die Aktivitäten der Gebietsbetreuer und vermutlich auch günstige Wasserstände sorgten dafür, dass die Bestände in den vergangenen Jahren in Bayern anstiegen. „Noch vor Kurzem hätte ich von einer Erfolgsgeschichte gesprochen“, sagt Dr. Fritjof Munck vom Bayerischen Artenschutzzentrum im Landesamt für Umwelt. Wolfgang von Brackel kartiert regelmäßig das elf Kilometer lange bayerische Bodenseeufer von Nonnenhorn im Westen bis Campingplatz Zech im Osten im Auftrag des LfU und nennt Zahlen. In den letzten Jahren sind die Bestände des Bodensee-Vergissmeinnichts auf über 2.500 Rosetten angewachsen. Sehr erfreulich war auch, dass die ebenfalls endemische Bodensee-Strandschmiele mit zwei Exemplaren im letzten Jahr wieder aufgetaucht ist.
Heuer sind die Bestände des Vergissmeinnichts um gut die Hälfe zusammengebrochen und auch die Strandschmiele war nicht mehr aufzufinden. In einem gewissen Rahmen sind starke Bestandsschwankungen bei den stark spezialisierten Strandrasenarten nicht ungewöhnlich. Gerade deshalb ist es enorm wichtig, genau zu verstehen wie die Bestände der Strandrasenarten auf unterschiedliche Faktoren wie die Seespiegelschwankungen, Wetterereignisse, Freizeitnutzung, Treibholzanlandungen und andere reagieren. Nicht zuletzt muss Bayern auch regelmäßig über die Bestände des Bodensee-Vergissmeinnichts an die EU berichten, da die Art in den Anhängen der Natura2000 Verordnung gelistet ist. Deshalb soll die detaillierte Erfassung und Betreuung der Bestände am Bodensee fortgeführt werden.
Gutachter Von Brackel hat auch Verschiebungen registriert: Die Strandrasengesellschaften wanderten in den letzten Jahrzehnten am bayerischen Bodenseeufer von Westen nach Osten. Wahrscheinlicher Grund: Die Verlängerung des Rheinkanals bei Bregenz sorgt für eine veränderte Strömung und bringt mehr Treibholz in den Bereich Nonnenhorn und Wasserburg. Treibgut, das zu hoch aufliegt, erstickt jedoch den Strandrasen. Diese Ablagerungen abzuräumen zählt darum zu einer der Hilfsmaßnahmen für die Strandrasen-Arten an allen Strandabschnitten.
Trockenheit macht auch dem Bodensee-Vergissmeinnicht zu schaffen. Normalerweise sind die Pflanzen jetzt im Frühjahr bereits teilweise vom Wasser überspült. Doch heuer ist der Wasserstand des Sees extrem niedrig und deshalb ein größerer Strandbereich für Besucher begehbar: Mehr Trittbelastung für den Strandrasen. „Neben sich verändernden Wasserständen spielen auch auf den Beständen liegendes Treibholz und weitere, teils ungewisse Faktoren eine Rolle. Außerdem bitten wir die Besucher des Wäsenufers im Bereich des Bodensee-Vergissmeinnichts keine Lagerfeuer zu entzünden. Wir haben in der Vergangenheit entsprechende Hinweisschilder aufgestellt und die Besucher erfolgreich auf den sensiblen Bereich aufmerksam gemacht“, berichtet Cornelia Mesmer von der unteren Naturschutzbehörde.
Munck setzt auch auf weitere Erkenntnisse beispielsweise zum Keimverhalten des Bodensee-Vergissmeinnichts und hofft darauf bei Universitäten Interesse für eine derartige Forschung zu finden. Wichtig ist ihm auch eine Fachkonferenz aller Anrainerstaaten, um Wissen über wirksame Schutzmaßnahmen auszutauschen. „Wir haben eine besondere Verantwortung für diese Art, die es von Natur aus nur am Bodensee gibt“, sagt Wolfgang von Brackel und hofft wie die anderen Beteiligten, dass es gelingt das einzigartige Bodensee-Vergissmeinnicht zu bewahren.
Weitere Informationen finden Sie unter:
https://www.lfu.bayern.de/natur/bayaz/artenschutz_pflanzen/artenhilfsprogramme_gefaesspflanzen/vergissmeinnicht/index.htm
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