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Brachvogel (Numenius arquata)
Rote Liste Bayern: | Vom Aussterben bedroht |
Rote Liste Deutschland: | Vom Aussterben bedroht |
Erhaltungszustand Kontinental: | In Bezug auf Status Brutvorkommen: ungünstig/schlecht, in Bezug auf Status Rastvorkommen: ungünstig/unzureichend |
Erhaltungszustand Alpin: |
Foto: Christoph Moning
Verbreitung und Bestandssituation
Das Areal des Brachvogels erstreckt sich von Irland über Nord- und Mitteleuropa bis Ostsibirien.
Der Brachvogel ist in Bayern regional verbreitet. Das Brutareal hat sich im Vergleich zum Erfassungszeitraum 1996-1999 wesentlich verkleinert. Die Schwerpunkte der Verbreitung liegen derzeit in den Tallandschaften von Altmühl, Donau, Unterer Isar, Regen, im Nördlinger Ries sowie den Niedermoorgebieten südlich der Donau. Kleinere Verbreitungsinseln bestehen noch im mittleren und südlichen Alpenvorland und im Fränkischen Weihergebiet.
Der Bestand des Brachvogels in Bayern hat zwischen 1980 und 2015 um ca. 54 % abgenommen. Besonders starke Rückgänge traten in Gebieten ein, in denen - vielfach in Folge verbesserter Infrastruktur - eine deutliche Intensivierung der landwirtschaftlichen Nutzung zu beobachten war (z. B. Donautal).
Für den Brachvogel liegen gute Zählergebnisse aus den Wiesenbrüterkartierungen von 1998 (591 BP), 2006 (465 BP) und 2015 (496 BP) vor (Bayerisches Landesamt für Umwelt 2016)
Brutbestand: 496 Brutpaare (LfU 2016)
Kurzfristiger Bestandstrend: Rückgang > 50 %
Rastmaximum: 550 Individuen (LfU)
Lebensraum und Lebensweise
Brachvögel besiedeln ausgedehnte Wiesengebiete in Flusstälern oder Niedermooren. Die Größe eines Brutreviers kann mitunter stark schwanken. Der Großteil des bayerischen Bestandes brütet inzwischen in feuchten Wirtschaftswiesen. Auch eingesprengte Äcker werden gelegentlich als Brutplatz genutzt, reine Ackerbaugebiete dagegen nicht besiedelt. Vorkommen in naturnahen Mooren und Streuwiesenspielen nur mehr eine untergeordnete Rolle. Optimale Bruthabitate sind Wiesen mit höherem Grundwasserstand und Feuchtstellen mit niedrigerer, lückiger Vegetation. Als günstig haben sich Wiesengebiete erwiesen, in denen sich spät gemähte Flächen mit Frühmahdstreifen, Altgras- und Bracheflächen auf engem Raum abwechseln. Wie Ringfunde und Telemetrieergebnisse zeigen, zieht die bayerische Population nach Südwesten in die Hauptüberwinterungsgebiete an den Atlantikküsten von Spanien und Portugal ab (Schlenker 1982). In den letzten Jahren wurden zunehmend Überwinterungen und Übersommerungen registriert. Am Chiemsee wurden beispielsweise 287 Individuen im Achendelta im August registriert (Lohmann & Rudolph 2016).
Phänologie
Seltener Brutvogel
Wanderungen: Teil- und Kurzstreckenzieher; Ankunft im Brutgebiet ab Anfang März, Vögel ohne Bruterfolg ziehen z. T. schon im Mai ab oder bilden übersommernde Trupps, sonst Abzug ab Ende Juli, sofern nicht an größeren Gewässern (Bodensee, Chiemsee) in größeren Trupps überwintert wird
Brut: Bodenbrüter; das Nest wird in niedriger Vegetation und bevorzugt auf feuchtem (nicht zu nassem) Untergrund angelegt
Brutzeit: Mitte März bis Mitte Juli; Eiablage ab Ende März
Tagesperiodik: tagaktiv
Zug: tags und nachts
Rastzeit-Diagramm
Relative Häufigkeit der Art in Bayern während der Wintermonate.
Brutzeit-Diagramm
Dunkle Sektorenfarbe weist auf die Hauptbrutzeit der Art in Bayern hin.
Gefährdungen und Beeinträchtigungen
Der Brachvogel ist in Bayern vom Aussterben bedroht. Auf der Roten Liste wandernder Vogelarten wird er als ungefährdet eingestuft.
Hauptgefährdungsursache ist die Intensivierung der Wiesennutzung. Besonders ungünstig wirken sich frühe und häufige Mahden (Gelegeverluste) und Düngung (ungünstigere Vegetationsstruktur) aus.
Die Trockenlegung von Feuchtwiesengebieten ist zumeist entscheidend, da sie eine intensivere Nutzung des Grünlandes, z. T. auch eine Umwandlung in Äcker, nach sich zieht.
Viele Wiesenbrütergebiete sind zusätzlich durch Infrastrukturmaßnahmen (Straßen, Wege, Autobahnen, Gewerbegebiete) bedroht.
In vielen wichtigen Lebensräumen haben Störungen durch Freizeitbetrieb an den Brutplätzen sowie an Rast- und Nahrungsflächen ein hohes Ausmaß erreicht.
Die in den letzten Jahren in Bayern beobachten niedrigen Reproduktionsraten lassen weitere Bestandsrückgänge erwarten. Diese treten jedoch aufgrund der hohen Lebenserwartung der Art erst mit Verzögerung in Erscheinung.
Mögliche Vermeidungs-, Minimierungs- und CEF-Maßnahmen
- Erhaltung und Entwicklung von feuchten Extensivgrünländern, Überschwemmungsflächen, Mooren sowie von Feuchtgebieten mit Flachwasserzonen und Schlammflächen
- Extensive landwirtschaftliche Nutzung, die zu strukturreichen Wiesen führt: Mahd erst ab 15. Juni, keine Beweidung oder geringer Viehbesatz bis 15. Juni, kein Walzen nach 15. März. Extensive Beweidung kann eine Alternative zur Mahd sein
- Erhalt von feuchten Mulden auf Ackerflächen
- Reduzierte Düngung, keine Biozide
- Verbesserung des Wasserhaushaltes zur Stabilisierung eines hohen Grundwasserstandes in Feuchtgebieten und Grünländern; ggf. Renaturierung und Wiedervernässung.
- Anlage von Kleingewässern und Flachwassermulden.
- Sicherung der Brutplätze (Gelegeschutz) durch Zäunung oder Markierung
- Vermeidung von Störungen im Brutgebiet ab der Ankunft der Vögel bis zum Ende der Brutzeit sowie an Rast- und Nahrungsplätzen, u. a. durch Lenkung der Freizeitnutzung
Sonstige Hinweise
- Die Vogelschutzwarte im LfU führt seit 2014 ein Artenhilfsprogramm für Wiesenbrüter durch.
Ergänzende Informationen
Bayerisches Landesamt für Umwelt (2016): 6. landesweite Wiesenbrüterkartierung in Bayern 2014/2015 - Bestand, Trends und Ursachenanalyse. 64-69
Bayerisches Landesamt für Umwelt (verschiedene Jahre): Ergebnisse der Wasservogelzählung in Bayern. - Schriftenreihe des LfU, Augsburg.
Lohmann, M. & B.-U. Rudolph (2016): Die Vögel des Chiemseegebietes. Ornithologische Gesellschaft in Bayern e.V., München.
Schlenker, R. (1982): Vom Zug süd- und nordwestdeutscher Brachvögel (Numenius arquata) nach Ringfunden. - Beih. Veröff. Naturschutz Landschaftspflege Bad.-Württ. 25: 109-112.
weiterführende Literatur:
Bayerisches Landesamt für Umwelt (2015): 35 Jahre Wiesenbrüterschutz in Bayern - Situation, Analyse, Bewertung, Perspektiven. 180 S.
Wahl, J., S. Garthe, T. Heinicke, W. Knief, B. Petersen, C. Sudfeldt & P. Südbeck 2007: Anwendung des internationalen 1%-Kriteriums für wandernde Wasservogelarten in Deutschland. Ber. Vogelschutz 44: 83-105.
Wahl, J. & T. Heinicke 2013: Aktualisierung der Schwellenwerte zur Anwendung des internationalen 1%-Kriteriums für wandernde Wasservogelarten in Deutschland. Ber. Vogelschutz 49/50: 85-97.