Naturschutzrelevante Gutachten in Bayern

Blattfisch Technisches Büro für Gewässerökologie
2022

Abschlussbericht AHP-Kartierung der Bachmuschel in ausgewählten Gewässern 2021–2022

Unveröffentlichtes Gutachten im Auftrag von: Bayerisches Landesamt für Umwelt, 32 Seiten, Augsburg
Landkreise: Rosenheim,Traunstein
Artengruppe:
Fische, Muscheln
Stichwörter:
Artenhilfsprogramm, Kartierung der Bachmusschelbestände, Bewertung des Erhaltungszustandes, Maßnahmen, Zustand des Wirtsfischbestandes
Landkreis(e):
Rosenheim,Traunstein
Auftraggeber:
Bayerisches Landesamt für Umwelt

Zusammenfassung

Im Rahmen des Projekts „AHP-Kartierung der Bachmuschel in ausgewählten Gewässern 2021–2022“ wurde die Ischler Achen in den Landkreisen Rosenheim und Traunstein bzw. in den Gemeinden Eggstätt und Seeon-Seebruck zwischen dem Eschenauer See und der Mündung in die Alz kartiert. Untersucht wurden mittels Zeitsuchmethode mit dem Schauglas 71 Probestrecken im Abstand von jeweils 50 bis 100 Metern. Bei dieser Erhebung wurden insgesamt 98 lebende Bachmuscheln dokumentiert, aus denen sich ein Gesamtbestand in der Ischler Achen von 557 Tieren errechnet. Dem gegenüber stehen die Ergebnisse einer Untersuchung der gleichen Probeabschnitte aus dem Jahr 2007 Hochwald Ansteeg, 2009, bei der noch 1.504 lebende Muscheln gefunden wurden. Die darauf aufbauende Bestandsschätzung ergab eine Populationsgröße von 10.000 Individuen. Der Bestand wurde damals als bayern- und sogar bundesweit bedeutsam eingestuft. Aktuell finden sich nennenswerte Dichten der Bachmuschel nur noch im Teilabschnitt zwischen dem Auslauf aus dem Eschenauer See und der Mündung der Alten Achen, also nur auf etwa einem Fünftel der gesamten Fließstrecke der Ischler Achen – allerdings auch dort nur noch in deutlich geringeren Dichten als bei den Voruntersuchungen aus dem Jahr 2007. In einigen wenigen weiter flussabwärts gelegenen Einzelabschnitten gelangen noch isolierte Einzelfunde. Die überwiegende Mehrzahl der im Jahr 2007 noch muschelführenden Fließabschnitte beherbergt heute aber keine Bachmuscheln mehr. Juvenile Tiere – sechs Jahre oder jünger – wurden auch in den etwas dichter besiedelten Abschnitten nicht gefunden. Innerhalb von nur 14 Jahren hat sich einer der bedeutendsten bayerischen Bachmuschelbestände in einen zahlenmäßig enorm dezimierten, überalterten Restbestand ohne nachweisliche Reproduktion verwandelt. Zugleich war in den für weite Strecken der Ischler Achen repräsentativen begradigten Fließabschnitten ohne uferbegleitenden Gehölzsaum eine unnatürlich starke Entwicklung von Makrophyten festzustellen, die die gesamte Bachsohle und damit den Lebensraum der Bachmuschel und aller anderen Großmuschelarten vereinnahmt hatten. Durch den enormen Makrophytenbestand war es zu einer völligen Veränderung des lotischen Lebensraums gekommen. Konkret lagerten sich in hohem Maß Feinsedimente zwischen den Pflanzenstängeln ein, außerdem war die Fließgeschwindigkeit stark gesenkt bei gehobenem Wasserspiegel, und schließlich, so ist anzunehmen, kommt es zu sehr starken diurnalen Schwankungen in der Sauerstoffverfügbarkeit. Daneben zeugten unzählige aufgebrochene, an regelrechten Fressplätzen aufgehäufte Leerschalen verschiedener Großmuschelarten deutlich von der Anwesenheit des Bisams und seinem dezimierenden Fraßdruck auf die Najadenfauna in der Ischler Achen. Die Bachmuschelpopulation steht unmittelbar vor ihrer Auslöschung. Sofort wirksame Maßnahmen sind daher unerlässlich. In einem ersten Schritt sollte mit der gezielten Entnahme von Bisams begonnen werden sowie eine ökologisch ausgerichtete Gewässerunterhaltung eingeführt werden, die künftig fachlich begleitet wird. Darüber hinaus sollte der Bestand durch halbnatürliche Vermehrung gestützt werden. Die Unterstützung der Reproduktion wird als unverzichtbare Sofortmaßnahme betrachtet, weil sonst die völlige Auslöschung der Population zu befürchten ist, bevor die anderen Maßnahmen ihre Wirksamkeit entfalten können. Mittel- bis langfristig sollte der Lebensraum durch strukturverbessernde Maßnahmen, Entwicklung eines Ufergehölzsaums sowie durch Extensivierung des Einzugsgebiets verbessert wer-den.

Erstellt am: 21.03.2023

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