Impaktgesteine Wengenhausen

In den zertrümmerten Kristallingesteinen des ehemaligen Steinbruches bei Wengenhausen wurden sogenannte "shatter cones" gefunden. Diese Strahlenkegel bilden sich beim Einwirken von hohen Drücken und beweisen, dass der Ries-Krater durch den Einschlag eines Asteroiden entstanden ist.

Anfahrt - So finden Sie den Steinbruch Wengenhausen

Von der A7 kommend bei Aalen/Westhausen auf die B29 Richtung Nördlingen oder aus Süden von der A8 bei der Anschlussstelle Augsburg-West auf die B2 und B25 nach Nördlingen. In Nördlingen über die Stadtumgehungsstraße auf die B25 Richtung Dinkelsbühl durch Wallerstein bis Wengenhausen. Dort Parkmöglichkeiten im Ort und zehn Minuten Fußweg. Dazu dem Weg am nördlichen Ortsende bis zum aufgelassenen Steinbruch folgen.

Beschreibung

Das Ries-Ereignis

Grafik, die den Einschlag in die verschiedenen Gesteinsschichten nachzeichnet. Beim Aufprall des Asteroiden entstanden extrem hohe Drücke und Temperaturen; Farben des Untergrunds: rosa-beige = Grundgebirge, braun = Trias, blau = Jura (verändert nach Melosh 1989)
Schemaskizze zum Ries–Impakt (ausgeschleudertes Material fällt zurück)Material fällt zurück

Vor etwa 15 Millionen Jahren, zur Zeit des Tertiärs, schlug im Übergangsbereich der heutigen schwäbischen und fränkischen Alb ein rund 1,5 Kilometer großer Asteroid mit einer Geschwindigkeit von etwa 72.000 Stundenkilometer auf der Erdoberfläche ein. Seine Aufprallenergie entsprach der von 250.000 Atombomben des in Hiroshima verwendeten Typs.
Der Asteroid durchschlug 600 Meter dicke Ablagerungen aus der Zeit des Juras und des Keupers (Trias) und zertrümmerte das darunter liegenden kristalline Grundgebirge bis in eine Tiefe von etwa sechs Kilometern. Gesteine wurden zerbrochen, umgewandelt, ausgeworfen, aufgeschmolzen oder verdampften ebenso wie ein Großteil des Asteroiden.
Durch Rückfedern des Kraterbodens gelangte das sonst im Untergrund liegende kristalline Grundgebirge an die Oberfläche. Übrig blieb ein Krater mit 25 Kilometer Durchmesser, an den sich großflächige Auswurfmassen anschließen. Sekunden nach dem Einschlag raste eine Druck- und Hitzewelle über die Oberfläche und löschte das Leben in weitem Umkreis aus.

Nach dem Einschlag

Im Einschlagskrater entstand ein abflussloser See, der wiederholt zeitweise trocken fiel. Bäche und Schlammströme schwemmten Gesteinsschutt hinein und bildeten mächtige Seeablagerungen. In flachen Uferbereichen entstanden fossilreiche Kalke. Nach rund zwei Millionen Jahren war der Krater vollständig mit Ablagerungen gefüllt. Erst seit der jüngeren Tertiärzeit machte ihn die Abtragung wieder sichtbar.

Was ist im Steinbruch zu sehen?

Am oberen Rand des Aufschlusses erkennt man die gelb gefärbten Sedimente des Kratersees, welche die darunter liegenden Trümmergesteine des kristallinen Grundgebirges überdecken.
Die "polymikte Kristallinbrekzie" besteht aus Bruchstücken unterschiedlicher Kristallingesteine wie Gneis, Granit oder Amphibolit. Sogenannte Strahlenkegel ("shatter cones") im Gestein sind dezimetergroße kegelförmige und radialstrahlige Bruchstrukturen, die beim Durchlaufen der vom Einschlag verursachten Stoßwellen entstanden sind. Sie werden im Druckbereich von etwa 20 bis 200 Kilobar gebildet.

Beweise für den Einschlag

Seit mehr als 200 Jahren beschäftigen sich Wissenschaftler mit dem Nördlinger Ries und seinen eigenartigen Gesteinen. Lange Zeit nahm man eine vulkanische Entstehung an. Um ortsfremde Gesteine und Schliff-Flächen zu erklären, wurde sogar ein "Riesgletscher" postuliert.
1904 äußerte der Schwäbisch-Gmünder Kaufmann Ernst Werner erstmals die Theorie der Entstehung durch den Einschlag eines kosmischen Körpers. Beweise für diese Theorie wurden jedoch erst 1961 gefunden: damals entdeckte man im Suevit – einem auch als "Schwabenstein" bezeichneten, seltenen Aufschmelzungsgestein – die Minerale Coesit und Stishovit. Das sind besondere Formen von Quarz, die nur bei extrem hohen Drücken, wie während eines Impaktes gebildet werden.
Neuerdings fand man ein weiteres Mineral in den Sueviten, das nur bei sehr hohen Drücken entsteht: mikroskopisch kleine Diamanten, sogenannte Impaktdiamanten. Ein weiterer wesentlicher Beweis war die Existenz der "shatter cones", die eben auch hier in Wengenhausen gefunden wurden.

Geologische Karte/Zeittafel

Zeittafel mit (übereinanderliegend dargestellt): Erdfrühzeit (bis vor 545 Mio. Jahren), Erdaltertum (bis vor 250 Mio. Jahren, unterteilt in: Kambrium, Ordovizium, Silur, Devon, Karbon, Perm), Erdmittelalter (bis vor 65 Mio. Jahren, unterteilt in: Trias, Jura, Kreide), Erdneuzeit (bis Heute, unterteilt in: Tertiär, Quartär)Zeittafel. Das Ries-Ereignis fand zur Zeit des Tertiärs statt

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