Artenhilfsprogramm Weißstorch – Ergebnisse

Der bayerische Weißstorchbestand nahm bis Mitte der achtziger Jahre stark ab. Daraufhin wurde ab 1984 das Artenhilfsprogramm zum Schutz und zur Bestandsförderung des Weißstorches in Bayern aufgestellt. Im Rahmen dieses Artenhilfsprogrammes gelang es, durch die zunehmende Wirkung der Maßnahmen diesen Bestandsrückgang zu stoppen.

Ab Anfang der 1990er Jahre begann der Bestand des Weißstorches sich langsam zu erholen. Diese Zunahme fand vorrangig in Westbayern statt und weitete sich dann aus, so dass nach und nach alle traditionellen Verbreitungszentren des Weißstorches in Bayern – bis auf Unterfranken – mittlerweile wieder besiedelt sind, wenngleich auch häufig nur mit wenigen Brutpaaren.

Vom Weißstorch in Bayern besiedelte Landkreise 1980 und 2008. Die fortschreitende Bestandserholung hat zur weitgehenden Wiederbesiedlung aller traditionellen Verbreitungszentren geführt. Graphik: LBV

Innerhalb des Bestandsmonitorings wurde in den letzten Jahren eine regionale Verschiebung des Weißstorchbrutbestandes innerhalb Bayerns beobachtet. Erfreulicherweise scheint die in den letzten Jahren verzeichnete Abnahme des Bestandes in Ostbayern (vor allem in der Oberpfalz) zu stagnieren. Parallel dazu findet seit einigen Jahren eine deutliche Neuansiedlung bzw. Wiederbesiedlung der westbayerischen Standorte, die unter dem Rückgang in den achtziger Jahren besonders stark gelitten hatten, statt. Hier ist die Beobachtung der Population und die Erfassung der überregionalen Zusammenhänge von großer Bedeutung, um zum Beispiel die Daten einzelner Standorte in die überregionale Entwicklung einordnen zu können.

So geht die Zunahme der „Westpopulation“ in Spanien, Portugal und mittlerweile auch Frankreich auf eine Verbesserung der Überwinterungsbedingungen für die Westzieher zurück. Dies hat auch für die westbayerischen Bestände eine höhere Rückkehrwahrscheinlichkeit und damit verbunden eine erhöhte Neu- bzw. Wiederansiedlungsrate zur Folge. Möglicherweise profitieren die hiesigen Bestände sogar direkt von Zuzug aus der wieder erstarkten Westpopulation. Neu- bzw. Wiederansiedlungen sind aber nur möglich, wenn vor Ort ausreichend geeignete Nahrungsflächen, wie extensiv bewirtschaftete Wiesen und Feuchtgebiete, vorhanden sind.

Als Vogelart mit nachgewiesen langfristigen Bestandsschwankungen und hoher Abhängigkeit von Rastquartieren auf dem Zug und den klimatischen Bedingungen im Winterquartier ist er besonders für die Fortpflanzung und die Aufzucht seiner Jungen auf die Erhaltung seiner hiesigen Lebensräume angewiesen.
Dieser Schutzbedürftigkeit der Weißstorchlebensräume trägt auch die Nennung des Weißstorches in Anhang 1 der EU-Vogelschutzrichtlinie Rechnung, welche die Ausweisung von ausreichend Lebensraum für den Weißstorch als Special Protection Area (SPA) fordert.

Das Artenhilfsprogramm Weißstorch in Bayern hat hierfür in den letzten 20 Jahren durch Einflussnahme auf geplante Siedlungs- und Verkehrsentwicklung sowie rund 300 kleinräumige Optimierungsmaßnahmen an über 120 von rund 200 betreuten Standorten zahlreiche lokale Erfolge erzielen können.

Für den Storch optimal zugänglicher Bachlauf mit natürlichen Uferstrukturen; Foto: N. Neuhaus

Ausblick

Mit der Pflege und Optimierung einzelner Nahrungsflächen sind die Standorte für den Weißstorch bei weitem noch nicht gesichert. Immer wieder werden für Ortsumgehungen, neue Baugebiete oder Gewerbeansiedelungen ortsnahen Wiesenflächen verplant. Auch die weitere Bewirtschaftung der verbliebenen Wiesen ist durch die zunehmende Unrentabilität der einzelnen Landwirtschaftszweige bedroht. Die Zahlen und Informationen im Rahmen des langjährigen Monitorings zeigen, dass an vielen Standorten der Bestand der Weißstorchlebensräume immer noch nicht gesichert ist, auch die Wiederbesiedlung ehemaliger Standorte ist durch Verlust von Nahrungsräumen in den Flussauen häufig stark erschwert.

Den europäischen Bestand bedrohen neben den Gefahren auf dem Zug und im Winterquartier zusätzlich negative Einflüsse zum Beispiel durch Änderungen der landwirtschaftlichen Nutzung in den EU-Osterweiterungsländern, den Kerngebieten der östlichen Weißstorchpopulation.

Um dem fortgesetzten Lebensraumverlust entgegenzuwirken, muss verstärkt ein großräumiger Schutz der Nahrungsflächen an den Weißstorchstandorten ins Auge gefasst werden. Ziel ist es, an allen Standorten bzw. in allen Flussauen ein Biotopverbundsystem zu schaffen, das den Störchen bei jeder Wetterlage ausreichende und unterschiedliche Nahrungsbiotope bietet. Der Erhalt der bayerischen Flussauen als Weißstorchlebensräume ist daher dringend notwendig. Die Kontrolle der Bestände und ihrer Entwicklung ist Voraussetzung für die Einschätzung einer Gefährdung.

Die Effektivität des Artenhilfsprogrammes für einzelne Standorte wird oft geschmälert oder gar zunichte gemacht, da großräumige Schutzkonzepte fehlen oder nur ungenügend durchgesetzt werden können, dazu zählt zum Beispiel häufig die fehlende Umsetzung im Bereich der Raumplanung oder auf Ebene der Bauleitplanung.

Neben dem großräumigen Erhalt der Lebensräume ist auf die noch nicht vollständig abgeschlossene Umsetzung der Vorgaben des §43 BNatSchG zur Sicherung aller gefährlichen Mittelspannungsmasten zu achten.

Neben den eigentlichen Weißstorchmaßnahmen muss daher vor allem auch die Öffentlichkeitsarbeit, die Aufbereitung und Bereitstellung neuer Erkenntnisse und die Umweltbildung verstärkt werden.

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