Roboterkamera machte Stichprobenuntersuchung für den Kanalsanierungsplan

In Gemünden am Main untersuchte man eine genau ausgewählte Stichprobe (20 Prozent des Netzes) und entwickelte auf dieser Basis ein Prognosemodell für das gesamte Kanalnetz. So wurden schneller jene Netzabschnitte identifiziert, die vorrangig saniert werden mussten.

Das Kommunalunternehmen Stadtwerke Gemünden am Main AöR (kurz KU) wurde im Jahr 2005 gegründet. Zuvor erfolgte die Abwasserentsorgung im Eigenbetrieb der Stadt. Im Jahr 2007 stand man vor der Situation, dass ein großer Teil des 120 Kilometer langen Kanalnetzes entsprechend der rechtlichen Vorgaben in kurzer Zeit durch eine Kamerabefahrung als "Erstinspektion" zu untersuchen gewesen wäre.

Kamerabefahrung im Kanalnetz ist alle 10 Jahre vorgeschrieben

Roboter mit integrierter Kamera können sich ferngesteuert im Kanalnetz bewegen und so den Zustand bzw. etwaige Schäden im Netz erkennen und dokumentieren. Solche Kamer-abefahrungen der Kanäle sind im Abstand von 10 Jahren vorgeschrieben (Eigenüberwachungsverordnung des Freistaats Bayern aus dem Jahr 1995). Zwar wurden schon in den 1990er Jahren Teile des Kanalnetzes in Gemünden mit der Kamera befahren, doch diese Ergebnisse waren bereits veraltet und nur bedingt aussagekräftig.

Die Untersuchung und Dokumentation des gesamten Netzes mit einem Kanalroboter in kurzer Zeit wäre für das KU aber 2007 nur schwer zu leisten gewesen. In Abstimmung mit dem Wasserwirtschaftsamt und mit fachlicher Unterstützung des Landesamtes für Umwelt (LfU) entwickelte man eine andere Herangehensweise. Rund 20 Prozent des Netzes wurden als genau ausgewählte Stichprobe erfasst und dokumentiert. Damit wurde in den Jahren 2011/2012 ein Altersprognosemodell aufgesetzt und damit ein Inspektions- und Sanierungsplan für das gesamte Kanalnetz erstellt.

Prognosemodell liefert Aussagen zum Zustand des gesamten Kanalnetzes

Ein Altersprognosemodell liefert belastbare statistische Aussagen zu Schadensanfälligkeit und Lebensdauer von Kanalrohren, wenn man deren Alter, sowie die verwendeten Materialien, Durchmesser und Bautechniken kennt. Statistische Erfahrungswerte aus unterschiedlichsten Kanalnetzen wurden dafür mit der untersuchten Stichprobe aus Gemünden am Main zusammen geführt.

Auf Basis des erstellten Prognosemodells wurde das gesamte Kanalnetz in sechs Zustandsklassen eingeteilt: 2,2 Prozent des Netzes befanden sich demnach in Zustandsklasse 1 (sehr schwere Mängel) und 4,2 Prozent in Zustandsklasse 2 (schwere Mängel). Deren Sanierung und Erneuerung musste also zügig angegangen werden. Weitere 12,1 Prozent des Netzes wiesen mit Zustandsklasse 3 immerhin noch erhebliche Mängel auf und waren im Sanierungsplan auf Basis des Altersprognosemodells ebenso mit zu berücksichtigen.

Langfristig betreiben die Stadtwerke ein Investitionsprogramm, das den Substanzwerterhalt berücksichtigt. Schon in den letzten 25 Jahren wurden 14 Mio. Euro in die Erneuerung des Kanalnetzes investiert, weitere 1,7 Mio. Euro stehen für die nächsten 3 bis 4 Jahre ins Haus.

Finanziert wurden diese Investitionen aus den Gebühreneinnahmen und mit Erhaltungs- und Verbesserungsbeiträgen. Künftig wird für die Instandhaltungsinvestitionen eine reine Gebührenfinanzierung angestrebt. Aktuell liegen die Gebühren bei 3,22 Euro pro Kubikmeter Schmutzwasser und bei 0,32 Euro für Niederschlagswasser.

Bei der Planung der Zustandserfassung und Sanierung der Kanäle arbeiten wir auch mit einem statistischen Altersprognosemodell. Es wurde zuerst nur eine genau ausgewählte Sticprobe an Kanälen mit der Roboterkamera untersucht. Im Modell wurden diese Ergebnisse für das gesamte Netz hochgerechnet. So haben wir jene Kanalabschnitte identifiziert, die vorrangig erneuert werden mussten.

Henry Bürgermeister, Leiter Technischer Bereich KU Gemünden/Main

Stadtwerke Gemünden am Main

  • System: Abwasser
  • Regierungsbezirk: Unterfranken
  • Landkreis: Main Spessart
  • Länge des öffentlichen Trinkwassernetzes: 120 km
  • Anzahl der angeschlossenen Einwohner: 13.000

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