Naturschutzrelevante Gutachten in Bayern

Landesbund für Vogelschutz in Bayern e. V. LBV
2024

Artenhilfsprogramm Wiesenweihe Circus pygargus in Bayern Jahresbericht 2023

Unveröffentlichtes Gutachten im Auftrag von: Bayerisches Landesamt für Umwelt, 100 Seiten, Augsburg
Landkreise: Ansbach,Bad Kissingen,Coburg,Dillingen a.d.Donau,Donau-Ries,Eichstätt,Fürth,Haßberge,Kelheim,Kitzingen,Landshut,Lichtenfels,Main-Spessart,Neuburg-Schrobenhausen,Neustadt a.d.Aisch-Bad Windsheim,Regensburg,Rhön-Grabfeld,Schweinfurt,Straubing-Bogen,Weißenburg-Gunzenhausen,Würzburg
Artengruppe:
Vögel
Stichwörter:
Primärhabitat, landwirtschaftlichen Nutzflächen, Bestandssteigerung, Brutplatzschutz, Ausbau von Nahrungsflächen, Photovoltaikanlagen
Landkreis(e):
Ansbach,Bad Kissingen,Coburg,Dillingen a.d.Donau,Donau-Ries,Eichstätt,Fürth,Haßberge,Kelheim,Kitzingen,Landshut,Lichtenfels,Main-Spessart,Neuburg-Schrobenhausen,Neustadt a.d.Aisch-Bad Windsheim,Regensburg,Rhön-Grabfeld,Schweinfurt,Straubing-Bogen,Weißenburg-Gunzenhausen,Würzburg
Auftraggeber:
Bayerisches Landesamt für Umwelt

Zusammenfassung

Anfang der 1990er Jahre galt die Wiesenweihe in Bayern aufgrund des zunehmenden Verlusts ihres Primärhabitats als „vom Aussterben bedroht“. Die Trendwende brachte der massive Schutz von Wiesenweihenbruten in ihrem damals neuen Sekundärhabitat auf landwirtschaftlichen Nutzflächen, vor allem in Getreidefeldern. Zunächst durch einzelne, engagierte Vogelschützer gemeinsam mit Behörden und Landwirten, seit dem Jahr 2000 im Rahmen eines Artenhilfsprogramms des Bayerischen Landesamts für Umwelt, das seit 2005 vom Landesbund für Vogelschutz in Bayern e.V. LBV umgesetzt wird. Aufgrund der gemeinsamen Bestrebungen, der Kooperation mit den Landnutzern und dem hohen Engagement der Ehrenamtlichen kommt es zu einer positiven Bestandsentwicklung. So kann die Wiesenweihe auf der Roten Liste der bayerischen Brutvögel seit 2016 zu den Arten der Kategorie „extrem seltene Arten und Arten mit geografischer Restriktion“ geführt werden Rudolph et al. 2016. Kein anderes Bundesland Deutschlands verzeichnet eine so deutliche Bestandssteigerung der Wiesenweihe Illner 2015. Nichtsdestotrotz wird die Wiesenweihe auf europäischer Ebene auch weiterhin als Vogelart mit abnehmender Population eingeschätzt Keller et al. 2020. Dies verdeutlicht, wie wichtig der Erhalt des bayerischen Bestands als Quell- und Spenderpopulation in Mitteleuropa ist. Gleichzeitig gilt nach wie vor: Der Brutplatzschutz – hauptsächlich durchgeführt von knapp 100 Ehrenamtlichen in Bayern – ist derzeit Voraussetzung für den Fortbestand der Wiesenweihe. Seit Beginn des Artenhilfsprogramms vor über 20 Jahren, hat sich die Populationsgröße in den letzten zehn Jahren bei durchschnittlich 209 Brutpaaren in ganz Bayern stabilisiert. Werden die letzten fünf Jahre betrachtet, ergibt sich ein Durchschnitt von 223 Brutpaaren, die Tendenz ist folglich steigend. Nachdem es im Jahr 2022 zu einem deutlichen Einbruch der bayerischen Wiesenweihenpopulation kam, erlebte die Population in der Saison 2023 einen starken Aufschwung. 2022 war die Feldmausversorgung in den meisten Brutgebieten schlecht, was sich negativ auf die Anzahl der Bruten und den Bruterfolg auswirkte. Dieses Jahr wurde die Verfügbarkeit von Feldmäusen je nach Region als durchschnittlich bis sehr gut eingeschätzt. Im Jahr 2023 konnten somit 252 Brutpaare 2022: 156 und 672 flügge Jungvögel 2022: 264 erfasst werden. Die Fortpflanzungsrate lag mit 2,67 flüggen Jungvögeln je Brutpaar und der Bruterfolg mit 3,57 flüggen Jungvögeln je erfolgreichem Brutpaar deutlich über den Vorjahreswerten 2022: 1,69 und 2,61 und über dem langjährigen Mittel 2,16 und 3,20. Der Anteil an erfolgreichen Brutpaaren, welche mindestens einen flüggen Jungvogel hervorbrachten, betrug 75 %. Zwar dehnt die Wiesenweihe ihr Brutareal in Bayern nach wie vor aus, zugleich aber besetzt sie seit einigen Jahren traditionelle Siedlungsgebiete spärlicher. Abermals brüteten 2023 weniger Wiesenweihen innerhalb des SPA Special Protected Area „Ochsenfurter und Uffenheimer Gau und Gäulandschaft nordöstlich von Würzburg“ als in den angrenzenden Gebieten. In der Brutsaison 2023 lagen 68 % 145 Bruten der Bruten außerhalb und 32 % 47 Bruten innerhalb des Vogelschutzgebietes. Diese Tendenz ist schon seit mehreren Jahren zu beobachten. Der enorme Rückgang gegenüber dem Status bei Einrichtung des EU-Vogelschutzgebietes bleibt somit ein deutlicher Hinweis für die Verschlechterung des Vogelschutzgebietes. Aktuell erstellt die Regierung von Unterfranken den neuen Managementplan zum SPA „Ochsenfurter und Uffenheimer Gau und Gäulandschaft nordöstlich Würzburg“. Seit dem Jahr 2016 stellen die vom LBV angelegten Nahrungshabitate einen wichtigen Schritt zur Verbesserung des Lebensraums der Wiesenweihe dar. Dank der Bereitstellung von Geldern des Bayerischen Landesamts für Umwelt LfU bzw. des Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz und der Regierung von Unterfranken konnten auch 2023 rund 15 ha Nahrungsflächen geschaffen werden. Die Erprobungsphase des Wiesenweihen-Nahrungsflächenprogramms läuft 2023 aus. Bestehende Flächen werden durch die Regierung von Unterfranken auch im Jahr 2024 finanziert. In Bezug auf die Lebensraumaufwertung werden Synergieeffekte mit den im Rahmen des Artenhilfsprogramm Feldhamster FHP angelegten Maßnahmen Feldhamsterinseln erwartet. Durch die den Wiesenweihen-Nahrungsflächen ähnliche Struktur und Bewirtschaftungsvorgaben ist eine Eignung zur Bejagung durch die Wiesenweihe gegeben. Weiter soll die Beratung der Behörden durch die AHP Koordination zur Umsetzung von wiesenweihenspezifischen Agrarumwelt- und Klimamaßnahmen AUKM weiter ausgebaut werden. Die hauptamtlichen Mitarbeiterinnen im AHP Wiesenweihe beteiligten sich beratend an verschiedenen, laufenden Eingriffsverfahren in den Wiesenweihen-Brutgebieten. Unter anderem wurden die AHP Mitarbeiter bei Planungen zu Windkraft- und Photovoltaikanlagen und bei der Neuerstellung des Managementplans zum SPA-Gebiet „Ochsenfurter und Uffenheimer Gau und Gäulandschaft nordöstlich Würzburg“ beratend beteiligt. Landwirtschaftliche Flächen werden zunehmend als Standorte für Photovoltaikanlagen genutzt. Dadurch steigt der Druck auf die Brutgebiete der Wiesenweihe enorm. Dem Ausbau von Nahrungsflächen und Vernetzungsstrukturen in den Lebensräumen wird in den nächsten Jahren eine noch größere Rolle zukommen. Der Wiesenweihenschutz in Bayern ist im hohen Maße abhängig vom Ehrenamt. Insbesondere in Franken liegt der Schutz eines Großteils der Brutgebiete in der Hand weniger ehrenamtlicher Betreuerinnen. Einige dieser Ehrenamtlichen können oder wollen seit einigen Jahren aus verschiedenen Gründen weniger Zeit und Energie in den Wiesenweihenschutz investieren. Die Unterstützungsanfragen an die AHP Koordination haben vor allem in der Saison 2023 drastisch zugenommen. Durch den verstärkten Einsatz von Saisonkräften konnten Engpässe bei Erfassungs- und Schutzarbeiten in den letzten Jahren teilweise aufgefangen werden. Um jedoch auch weiterhin die Kartierung und den Schutz der Wiesenweihenbruten gewährleisten zu können, müssen zum einen das Ehrenamtsmanagement und zum anderem die hauptamtlichen Kapazitäten ausgebaut werden. Eine Drohne mit Wärmebildkamera – wie sie im Nördlinger Ries bereits seit Jahren erfolgreich zum Einsatz kommt – kann Erfassung und Kontrolle der Bruten erleichtern. Seit 2022 wird eine LBV-eigene Drohne bei der Erfassungsarbeit eingesetzt. Hierdurch konnten die Ehrenamtlichen in den Hochphasen der Brutsaison entlastet werden. Weiter kann durch die Kontrolle aus der Luft durch ausbleibende Spurenlegung das Prädationsrisiko reduziert werden. Eine wichtige Aufgabe des AHP ist es, über die Artansprüche der Wiesenweihe, sowie die erforderlichen Schutzmaßnahmen aufzuklären. Eine umfangreiche Öffentlichkeitsarbeit trägt nicht nur zum Verständnis für Schutzmaßnahmen unter der lokalen Bevölkerung und den Landwirtinnen bei, sondern ist auch notwendig, um neue Ehrenamtliche als Unterstützung im Wiesenweihenschutz zu finden. Die AHP Koordination wird in diesem Bereich durch das Ehrenamtsmanagement des LBV Unterfranken unterstützt. Unter anderen wurde die Arbeit des AHP Wiesenweihe 2023 auf Vorträgen, Pressemitteilungen und Exkursionen vorgestellt. Trotz der im Durchschnitt hohen Bestandszahlen bleibt die Wiesenweihe derzeit weiterhin stark von den Schutzmaßnahmen im Rahmen des AHP abhängig. Um den zukünftigen Herausforderungen im Wiesenweihenschutz begegnen zu können, müssen haupt- und ehrenamtliche Kapazitäten entsprechend ausgebaut und neu eingeteilt werden.

Erstellt am: 27.03.2024

Teilen