Permafrost an der Zugspitze

Die Zugspitze ist mit 2.962 m nicht nur Deutschlands höchster Gipfel, sie ist auch dessen einziger hochalpiner Gipfel, der technisch erschlossen und intensiv bebaut ist. Dadurch entsteht ein Gefährdungspotential, das eine genauere Betrachtung des Permafrostes erforderlich macht. Gleichzeitig erleichtert die Infrastruktur den Zugang für Forschungsarbeiten. Ein weiterer Vorteil für die Permafrostforschung an der Zugspitze ist die Tatsache, dass der Deutsche Wetterdienst dort bereits seit dem Jahr 1900 Wetterbeobachtungen aufzeichnet. Der Ausbau des Schneefernerhauses zur Umweltforschungsstation (UFS) im Jahr 1999 legte es nahe, die Permafrostuntersuchungen des LfU mit der UFS zu verknüpfen.

Forschungsbohrung

Das LfU hat im Jahr 2007 mit Mitteln des Bayerischen Umweltministeriums zwei Bohrungen quer durch den Gipfelkamm veranlasst. Eine davon hat den Rücken auf 44,5 m Länge vollständig durchbohrt. Diese Bohrungen dienen zur Beobachtung von Temperaturänderungen im Permafrost und wurden dafür mit Messsonden bestückt. Die bisherigen Messergebnisse zeigen, dass die Temperatur im Berginneren in den letzten zehn Jahren um etwa 0,4 Kelvin angestiegen ist; die Auftauzone liegt derzeit von Süden her bei ca. 16 m, an der Nordwand bei ca. 3 m. Um Aussagen zu langfristigen Tendenzen vornehmen zu können, wurde anhand der im Beobachtungszeitraum gemessenen Daten ein neu entwickeltes Computermodell kalibriert. Mit Hilfe dieses Modells erfolgten eine Berechnung der Entwicklung des Permafrosts in den letzten hundert Jahren sowie eine Projektion der möglichen weiteren Entwicklung bis Ende des Jahrhunderts. Die Messungen sind langfristig angelegt und werden weiter fortgesetzt.

Beobachtung der Temperaturentwicklung

Die Temperatursensoren zeigen die jahreszeitlichen Veränderungen gut auf. Das jährliche Temperaturmaximum im Berginneren wird um ca. 6 Monate verzögert erst im Januar beobachtet. Grund hierfür ist die Wärmeleitfähigkeit des Gesteins. Der bisherige Beobachtungszeitraum lässt bereits eine erkennbare Tendenz für eine Zunahme der Gesteinstemperaturen und somit eine Reduzierung des Permafrosts erkennen.

Das Einsetzen der winterlichen Abkühlung im Berginneren verschiebt sich aufgrund der geringen Wärmeleitfähigkeit des Gesteins (Wettersteinkalk) um über ein halbes Jahr. Die Minimaltemperatur von -1,8 bis -2,15°C im Zentrum des Zugspitzgipfels wird erst im Juli erreicht, das Temperaturmaximum von - 1,3 bis -1,6°C wird dagegen im Januar verzeichnet.

Der Gipfelbereich ist als Schnitt dargestellt inklusive eingetragener Bohrachse der Permafrostbohrung. Der Temperaturverlauf ist für ab dem Jahr 2010 über die Zeit abgerollt als flächige Farbsignatur dargestellt. Erkennbar ist die langfristige Erwärmung insbesondere im Bereich von 11 m bis 26 m Bohrachsenlänge vom südlichen Bohrkopf aus gemessen. Ebenfalls eindrücklich visualisiert wird, dass auf der Nordseite die winterliche Kälte erst in den Sommermonaten in 18 m Tiefe ankommt. Begründet liegt dies in der Wärmeleitfähigkeit des Gesteins.

Gemessene Temperaturentwicklung entlang der Bohrachse am Zugspitzgipfel

Als Indikator für den Rückgang des Permafrosts wird der Temperatursensor in 23,65 m Entfernung von der Südwand des Zugspitzgipfels verwendet, da dieser am besten die Mitte des Zugspitzgrats repräsentiert und die geringsten jährlichen Schwankungen aufweist. Es wird jeweils der Maximalwert im Meteorologischen Jahr verwendet. Im beobachteten Zeitraum hat sich die gemessene Temperatur hier deutlich erhöht.

Modellierung und Ergebnisse

Die Berechnungen legen nahe, dass die Erhöhung der Umgebungstemperatur an der Zugspitze von etwa 1,6 K in hundert Jahren (gleitender zehnjähriger Durchschnitt 1915 bis 2015) bereits eine deutliche Reduzierung des Umfangs des Permafrosts im Zugspitzgipfel bewirkt hat. Demnach ist der Permafrost entlang der Bohrstrecke in hundert Jahren von 34 Meter Gesamtlänge im Jahr 1915 auf 24,5 Meter im Jahr 2015 zurückgegangen. Die bis Ende des Jahrhunderts projizierte weitere Erhöhung der Umgebungstemperaturen lässt bei einer Fortsetzung des derzeitigen Trends ein Verschwinden des Permafrosts an der Zugspitze ab dem Jahr 2040 erwarten.

Der Gipfelbereich ist als Schnitt dargestellt inklusive eingetragener Bohrachse der Permafrostbohrung. Der modellierte Temperaturverlauf von 2016 bis 2100 ist über die Zeit „abgerollt“ als flächige Farbsignatur dargestellt. Demnach wird der Permafrost spätestens 2080 vollkommen verschwunden sein..

Berechnete langfristige Entwicklung des Permafrosts am Zugspitzgipfel an einem festen Stichtag (1. Oktober): Bild links) in 100 Jahren von 1915 bis 2015; Bild rechts) mit einer WETTREG2010-Realisation projiziert bis Ende des 21. Jahrhunderts

Animation der modellierten Permafrostentwicklung (Film)

Hier können Sie die gemessene und modellierte Entwicklung der Temperaturen im Bohrloch (links Süden, rechts Norden) im Zeitraffer in den Jahren 2013 bis 2021 visualisieren (Mausklick). Die grünen Quadrate zeigen die tägliche mittlere Lufttemperatur an, die roten Rauten die gemessenen Temperaturen im Bohrloch und die blaue Kurve die berechneten Temperaturen.

Idee und Realisierung: Dr. Mahr Ingenieurbüro, Wallgau.

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Weitere Untersuchungen

Von 2008 bis 2011 fanden im Rahmen des EU-Projektes PermaNet weitere Untersuchungen zum Permafrost statt. Die Zugspitze wurde dabei als einer der Referenzstandorte gewählt. Im Umfeld des Gipfels fanden ergänzend zu den Bohrungen Messungen der Temperatur im oberflächennahen Fels statt. Auf der Basis der dort gewonnenen Ergebnisse hat die Universität Zürich für die Bayerischen Alpen eine Karte der Wahrscheinlichkeit des Vorkommens von Permafrost erstellt. Zusätzliche Untersuchungen im Zugspitzgebiet erfolgen weiterhin im sog. Kammstollen durch die TU-München, Lehrstuhl f. Ingenieurgeologie. Dieser Stollen führt von der ehemaligen Tiroler Bergstation zum Schneefernerhaus und verläuft teilweise in Permafrostbereichen.

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