Gefahren im Alpenraum

Lawinen, Hochwasser, Muren, Schuttströme, Rutschungen und Felsstürze sind natürliche Vorgänge, die seit jeher zur Prägung der alpinen Landschaft beitragen. Diese bedrohen aber auch die dort lebenden Menschen, die ihre Siedlungen häufig in gefährdeten Bereichen wie zum Beispiel auf den Schwemmkegeln der Wildbäche angelegt haben. Die auslösenden Faktoren für die genannten Prozesse spielen in einem sehr komplexen Wirkmechanismus zusammen.

In der Wildbach- und Lawinenverbauung werden traditionell in einer internationalen und interdisziplinären Zusammenarbeit die Erkenntnisse ausgetauscht und mögliche Schutzstrategien entwickelt. In internationaler Zusammenarbeit wurden in den letzten Jahren vom LfU eine Reihe von Methoden und Empfehlungen im Umgang mit alpinen Naturgefahren erarbeitet.

Seit Ende der letzten Eiszeit vor ca. 10.000 Jahren haben die Wildbäche teils mächtige Schwemmkegel gebildet. Diese waren für den Menschen attraktive Siedlungsräume, da sie dort vor den Hochwassern in den Talräumen sicher waren; der Preis dafür war jedoch, dass der Mensch dort mit den Wildbachgefahren leben musste.

Schwemmkegel sind ein charakteristisches Merkmal von Wildbächen.

Durch Sohl- und Seitenerosion im Bachbett selbst, aber auch durch Abtragser­scheinungen an den seitlichen Hängen gelangt Geschiebematerial in den Bach. Dieses wird in den oberen, steileren Abschnitten zu Tal transportiert. Beim Austritt des Wildbaches in die flacheren Talräume wird das Gefälle deutlich kleiner, die Transportkraft des Wildbaches nimmt ab und das Material lagert sich ab.

Seit Ende der letzten Eiszeit vor ca. 10.000 Jahren haben die Wildbäche teils mächtige Schwemmkegel gebildet. Diese waren für den Menschen attraktive Siedlungsräume, da sie dort vor den Hochwassern in den Talräumen sicher waren; der Preis dafür war jedoch, dass der Mensch dort mit den Wildbachgefahren leben musste.

Bei einem natürlichen Schwemmkegel verlegt der Wildbach durch die Ablagerungen immer wieder seinen Lauf. Er bricht aus seinem Bachbett aus und pendelt hin und her. Dadurch entsteht auch die typische Kegelform. Heute sind die Wildbäche in den Siedlungsbereichen auf den Schwemmkegeln meist künstlich ausgebaut. Die natürliche Tendenz zur Ablagerung und zum Ausbrechen ist jedoch nach wie vor gegeben. Auch bei ausgebauten Wildbächen verbleibt damit bei extremen Ereignissen ein gewisses Restrisiko, dass der Wildbach ausbricht und angrenzende Bebauung überschwemmt und übermurt.
Ein Schwemmkegel ist daher als ein "wassersensibler" Bereich anzusehen, bei dem ein potenzielles Restrisiko besteht. Dieses Restrisiko kann jedoch nicht konkret, zum Beispiel mit einer Jährlichkeit, definiert werden.

Generell können die alpinen Naturgefahren in die drei Bereiche Wildbachgefahren, Massenbewegungen (Geoprozesse) und Lawinen gegliedert werden, die ihrerseits weiter unterteilt werden können:

Wildbachgefahren

Wildbäche im Bergland sind charakterisiert durch:

  • zeitweise hohe Geschiebeführung
  • teilweise hohen Wildholzanfall
  • ein steiles Gefälle der Bachsohle
  • stark und rasch wechselnde Wasserführung
  • relativ kleine Einzugsgebiete (nur etwa 20% aller Wild-
    bäche in Bayern haben ein Einzugsgebiet größer als
    25 km2)

Aus diesen Randbedingung ergibt sich die spezifische Charakteristik der Hochwässer an Wildbächen. Auslösende Wetterlage sind oft starke, heftige Sommergewitter. Niederschläge bis zu 90 Liter pro m2 in nur 30 Minuten wurden bereits gemessen. Dementsprechend rasch und heftig steigt der Abfluss in den Bächen.

Die Abfluss-Spitze wird meist schon in weniger als einer Stunde nach Regenbeginn erreicht, das ganze Hochwasserereignis dauert meist weniger als 1 bis 1,5 Stunden. Aus diesem Grund ist die Vorwarnzeit zu kurz, um einen wirkungsvollen Warndienst einzurichten, wie er für die größeren Talflüsse im Hochwassernachrichtendienst besteht.

Verschärft wird die Situation in Wildbächen noch durch die in der Regel starke Geschiebeführung und teilweise hohen Wildholzanfall. Durch Ablagerungen im Bachbett oder Verklausung von Brücken kann das Wasser an Stellen ausbrechen, die für den reinen Abfluss ausreichend leistungsfähig wären. Insgesamt machen die komplexen Vorgänge beim Ablauf eines Hochwassers in einem Wildbach sowohl die Bemessung der Bauwerke, als auch die Einschätzung von Gefahrenpotenzialen schwierig. Mit einem Restrisiko muss immer gerechnet werden, auch wenn Sicherungsbauwerke errichtet wurden.

Aufgrund der besonderen Charakteristik von Wildbächen (siehe Hochwasser in Wildbächen) und deren Einzugsgebieten können sich Muren ausbilden.

Der Begriff der Mure wird in der Öffentlichkeit häufig falsch verwendet. Oft werden alle möglichen Massenbewegungen als solche bezeichnet. In der Fachsprache bezeichnet man ein niedergehendes Gemisch aus Wasser, groben und feinen Schutt/Schlamm sowie Holz als Mure. Für den Feststoffanteil wird in der Literatur häufig ein Wert von mindestens 30 % angegeben.

Die Entstehung von Muren kann man sich wie folgt vorstellen:
Zunächst baut sich in den Schuttkegeln der Talflanken oder im Bachbett durch Erosion und Ablagerung ein gewisses Potenzial an Feststoffen auf. Auslöser kann auch der Bruch einer Verklausung sein, hinter der sich Material angesammelt hat oder die Mobilisierung von Geschiebematerial durch Uferanbrüche und Rutschungen. Wird eine kritische Kombination von Wasser, Gefälle und Schutt erreicht, kommt es zu Murabgängen. Muren treten in der Regel periodisch auf; die Häufigkeit hängt davon ab, wie rasch das Feststoffpotenzial wieder aufgefüllt wird. Auslösender Faktor ist in den meisten Fällen das Wasser in Form von Niederschlag/Schneeschmelze, Oberflächenabfluss und der Durchsickerung der Schuttkörper.

Muren können sehr hohe Geschwindigkeiten erreichen, nach Beobachtungen bis zu
50 km pro Stunde. Dabei entwickeln sich erhebliche Kräfte, die zu großen Schäden an Gebäuden und sonstigen Einrichtungen der Infrastruktur führen können.

Massenbewegungen

Lawinen

Lawinen sind in der Fachsprache definiert als rasche Schneebewegungen über eine Länge von mehr als 50 Meter. Bei kürzeren Strecken spricht man von Schneerutschen. Sehr langsame Schneebewegungen von wenigen Zentimetern bis maximal einige Meter pro Tag bezeichnet man als Schneegleiten.

Druckkräfte von bis zu 100 Tonnen pro m2 und Geschwindigkeiten von bis zu 300 km pro Stunde können abgehende Lawinen entwickeln bzw. erreichen. Das Lawinengeschehen hängt vom winterlichen Wettergeschehen ab:
Starke Schneefälle, Schneeverfrachtung durch Wind, plötzliche Erwärmung oder in die Schneedecke fallender Regen können die Lawinengefahr schnell ansteigen lassen.

Grundlage eines effektiven Lawinenschutzes ist die Freihaltung von Gefahrenbereichen. Daneben sind technische Verbauungsmaßnahmen und insbesondere die Arbeit des Lawinenwarndienstes von größter Bedeutung für den Schutz vor Lawinengefahren.

Weitere Informationen finden Sie im Heft "Lawinenschutz" aus der Schriftenreihe "Wasserwirtschaft in Bayern" des Bayerischen Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz.

Einen Überblick über die Naturgefahren in Bayern, also auch über den Bayerischen Alpenraum hinaus liefert die Darstellung Naturgefahren im UmweltAtlas Bayern

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