Insekten und Blühflächen

Blühflächen werden vielfach angesät, um dem Rückgang der Biodiversität zu begegnen. In einem Projekt am Bayerischen Artenschutzzentrum (BayAZ) wird untersucht, wie solche Flächen und andere Maßnahmen zur Förderung der Insektendiversität und des Biotopverbunds beitragen können. Richtig angelegt kann ein Mehrwert für Pflanzen und Tiere entstehen. Bei mancher gut gemeinten Maßnahme sind die positiven Effekte hingegen gering oder es besteht sogar die Gefahr, die heimische Flora zu verfälschen, wenn keine gebietseigenen Pflanzenarten ausgebracht werden.

Bunt blühende Pflanzen prägen das Bild einer angesäten Blühfläche. Mehrjährige Blühflächen sind für den Insektenschutz wertvoller als einjährige Blühstreifen; Foto: Erwin Attenberger

Wie wirken Blühflächen in der Praxis optimal für den Schutz von Insekten?

Die verschiedenen Akteure, unter anderem im Bereich Naturschutz, Straßenbau und Kommunen, benötigen klare Empfehlungen, welche Maßnahmen zur Förderung der Insektenvielfalt effektiv und zielführend sind. Wissenschaftliche Studien zu dem Thema liegen zahlreich vor, behandeln aber meist nur einen Teil der naturschutzrelevanten Aspekte. Deshalb ist eine umfassende, praxisgerechte Zusammenschau der relevanten Ergebnisse notwendig.

Ein Projektteam am BayAZ bearbeitet nun das Thema "Bewertung und Erprobung von Maßnahmen zur Förderung der Insektendiversität und des Biotopverbunds mittels Blühflächen" – kurz "Insekten und Blühflächen". Über das Projekt sollen Grundlagen erarbeitet und zusammengestellt werden, um effektive Maßnahmen durchführen zu können.

Auch Überwinterungs- und Niststrukturen sind wichtig

Diese Maßnahmen zielen darauf ab, das Blütenangebot zu verbessern sowie nötige Strukturen zu schaffen (Überwinterungs- und Niststrukturen), um insbesondere gefährdete Insekten zu fördern. Dabei liegt der Fokus neben der richtigen Anlage von Blühflächen auch auf deren Alternativen und dem Biotopverbund. Lineare Elementen wie Wegränder und Säume spielen eine besondere Rolle.

Eine artenreiche Wiese im Blühaspekt mit violettem Wiesen-Salbei und weißen Margeriten. Eine gute Alternative: artenreiches Extensivgrünland; Foto: Marcel Ruff

Eine wichtige Aufgabe ist zudem die Zusammenarbeit, Abstimmung und Beratung von und mit verschiedenen Gruppen von Akteuren und die Beteiligung der Forschung.

Bis Ende 2024 bearbeitet das Projektteam folgende Schwerpunkte:

  • Grundlagen für die Umsetzungspraxis erarbeiten,
    • Literatur recherchieren, Praxiserfahrungen und Fragestellungen zusammenstellen,
    • vorhandene Blühflächen in Hinblick auf Insektendiversität und Botanik bewerten, Maßnahmen erproben – Best-Practice-Beispiele entwickeln,
  • Positivliste für gebietseigenes Saatgut aktualisieren,
  • Konzept erstellen, um Feld- und Wegränder aufzuwerten,
  • Blühmischungen weiterentwickeln, mit Saatgutproduzenten abstimmen, Akteure beraten,
  • Spenderflächenkataster aufbauen und befüllen.

Insekten brauchen zum Überwintern und Nisten verschiedene Strukturen wie offene Bodenstellen, Altgras, Pflanzenstängel oder Totholz. Auf dem Gelände einiger ihrer Umspannwerke hat die Lechwerke AG (LEW) solche Strukturen in Form von Mikrohabitaten angelegt. Wie Insekten diese nutzen, untersuchen wir an fünf verschiedenen Standorten der LEW in Schwaben mit Emergenzfallen.

Dafür haben wir Teilbereiche der Sandhügel, Totholzhaufen und Altgrasflächen mit zeltförmigen Netzen überspannt. Die darunter schlüpfenden Insekten wandern im Netz nach oben und landen in einem geschlossenen Fangbehälter an der Spitze. Mitarbeitende der LEW entnehmen daraus regelmäßig Proben und wechseln die Fangflüssigkeit Ethanol, welche die gefangenen Insekten konserviert. Mittels DNA-Analyse untersucht ein von uns beauftragtes Labor die Proben. Von März bis Juni 2023 erfassen wir so, welche und wie viele Insektenarten dort überwintert und genistet haben. Ziel ist es, herauszufinden, ob Mikrohabitate ein wirksames Mittel zur Insektenförderung sind.

Drei Personen knien vor einem Tümpel, im Hintergrund ein Steinhaufen, ein Totholzhaufen und ein zeltartiges Netz vor einem Waldrand.

Strukturreiche Lichtungen und Waldränder bieten als Übergangsbereiche zwischen Wald und Wiese mit ihren vielen Nischen zahlreichen Pflanzen- und Insektenarten einen Lebensraum. Auf zehn Flächen im Stadtwald Lohr untersuchen wir, wie solche Bereiche als Lebensräume für Insekten aufgewertet werden können.

Gemeinsam mit der Forstverwaltung der Stadt Lohr am Main und dem Biodiversitätsbeauftragten der Regierung von Unterfranken haben wir Maßnahmenpakete für mehr Struktur- und Artenreichtum erarbeitet. Beschattende Nadelbäume werden gezielt entfernt, Kleinstgewässer, Totholzhaufen und Steinriegel angelegt und die Wiesenpflege auf extensive Mahd oder Beweidung umgestellt. Wo die Pflanzenvielfalt gering ist, sorgt eine "Samenspende" in Form von ausgebürstetem oder handgeerntetem Saatgut aus benachbarten artenreichen Spenderwiesen für mehr Blütenreichtum.

Bis 2026 untersuchen wir, wie sich diese Maßnahmen auf Vielfalt und Anzahl von Pflanzen und Insekten vor Ort auswirken. Pflanzenarten werden mit Kartierungen erfasst und flugfähige Insekten mit Malaisefallen gefangen und im Labor durch DNA-Analysen bestimmt. So können wir herausfinden, welche Maßnahmen die Insekten- und Pflanzenvielfalt in und am Wald effektiv fördern. Die Empfehlungen sollen in einen Leitfaden münden.

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