Naturschutzrelevante Gutachten in Bayern

ezb – TB Zauner GmbH
2020

Biotisches und abiotisches Monitoring der Renaturierungsmaßnahmen am Wolfertsrieder Bach. Flussperlmuschel-, Fisch- und Steinkrebsbestand, Wasserchemie und Sediment

unveröffentlichtes Gutachten
Landkreise: Regen
Artengruppe:
Fische, Krebse, Muscheln
Stichwörter:
Flussperlmuschel, Steinkrebs, Fische, Renaturierung, Monitoring
Landkreis(e):
Regen
Auftraggeber:
Regierung von Niederbayern

Zusammenfassung

Im Wolfertsrieder Bach wurde im Herbst 2020 ein biotisches und abiotisches Monitoring der 2019 fertiggestellten Renaturierungsmaßnahmen durchgeführt, welches wasserchemische Analysen, Sedimentuntersuchungen, Fischbestandserhebungen sowie Flussperlmuschel- und Steinkrebskartierungen umfasste. Die wasserchemischen Analysen zeigten zumindest in der fließenden Welle für Flussperlmuscheln sehr günstige Verhältnisse, wobei es sich – mit Ausnahme der Leitfähigkeit – um Einmalmessungen handelte. Im hyporheischen Interstitial traten zum Teil ungünstige Werte auf, was auf Abbauprozesse organischen Materials in den Renaturierungsstrecken bzw. die Probenahme recht kurzfristig (ein Jahr) nach Maßnahmenumsetzung zurückgeführt wird. Unterschiede bezüglich der Leitfähigkeit zwischen Interstitial und fließender Welle deutendarauf hin, dass in den Abschnitten mit gestrecktem Verlauf (Renaturierung und Referenz) ein geringerer Austausch zwischen diesen beiden Kompartimenten stattfindet als in den Mäanderstrecken (ebenfalls Renaturierung und Referenz). Weiters war in der fließenden Welle eine kontinuierliche Zunahme der Leitfähigkeit im Längsverlauf des Projektgebietes zu verzeichnen, was sowohl natürliche Ursachen haben als auch durch Nährstoffeinträge aus der Landwirtschaft bedingt sein könnte. Auch noch nicht abgeschlossene Abbauprozesse organischen Oberbodens in den Renaturierungsstrecken könnten dafür verantwortlich sein. Die Sedimentsiebungen ergaben zwar an 16 von 20 Messpunkten Feinsedimentanteile (<1 mm) unter dem für Flussperlmuschelgewässer empfohlenen Grenzwert von 20 %, nichtsdestotrotz dürfte die Einschwemmung von Feinsedimenten eine der Hauptgefährdungsursachen für die Art am Wolfertsrieder Bach darstellen. Wie zu erwarten war der mittlere Feinsedimentanteil in der geradlinigen Renaturierungsstrecke geringer als in der renaturierten und der „alten“ Mäanderstrecke, allerdings war in den Mäanderstrecken der Feinsedimentanteil auf den Furten und Rinnern ähnlich gering wie in der geradlinigen Strecke und nur in den Kolken hoch. Insgesamt weisen die Mäanderstrecken also eine deutlich höhere Substratdiversität auf. Überaschenderweise war kein Unterschied zwischen der renaturierten und der „alten“ Mäanderstrecke feststellbar, offensichtlich haben sich die Renaturierungsstrecken ein Jahr nach Baufertigstellung bereits weitgehend konsolidiert, zumindest was die Sedimentzusammensetzung in den oberen Schichten betrifft. Im Rahmen der Fischbestandserhebungen konnten die autochthonen Arten Bachforelle und Koppe sowie Einzelexemplare der aus Nordamerika stammenden Arten Regenbogenforelle und Bachsaibling nachgewiesen werden. Abundanz und Biomasse lagen mit 1784 bis 3460 Ind./ha und 21 bis 45 kg/ha für ein Gewässer dieser Dimension mit kristallinem Einzugsgebiet im Mittelfeld. Ein Vergleich mit älteren Daten zeigt einen starken Rückgang des Bachforellenbestandes seit der Jahrtausendwende. Die Bestandswerte waren 2020 in den beiden Renaturierungsstrecken geringer als in der begradigten Referenzstrecke, was auf die bessere Strukturausstattung aufgrund des Uferbegleitgehölzstreifens in der Referenzstrecke zurückgeführt wird. Wie auch im Falle der wasserchemischen Analysen dürfte auch hier der Erhebungszeitpunkt nur ein Jahr nach Maßnahmenumsetzung für dieses Ergebnis verantwortlich sein. Weiters waren die Bestandswerte in der mäandrierenden Renaturierungsstrecke deutlich höher als in der Renaturierungsstrecke mit gestrecktem Verlauf. Dies dürfte primär durch die höhere Tiefenvarianz und dadurch höhere Attraktivität der mäandrierenden Strecke für Adultfische bedingt sein.Bezüglich des Steinkrebses wurde ein dichter Bestand aller Altersklassen einschließlich eiertragender Weibchen im namenlosen Graben oberhalb des „Tretbeckens“ festgestellt. Im Wolfertsrieder Bach selbst ist die Bestandsdichte zwar deutlich geringer, nichtsdestotrotz konnten sowohl in der Referenzstrecke als auch in den beiden untersuchten Renaturierungsstrecken Steinkrebse nachgewiesen werden, in letzteren allerdings nur im Zuge der Elektrobefischung. Beim Flussperlmuschelbestand in der stromab an die Renaturierungen anschließenden Mäanderstrecke musste ein weiterer starker Rückgang seit der letzten Erhebung im Jahr 2013 festgestellt werden. Insgesamt konnten nur noch 189 adulte Muscheln nachgewiesen werden, woraus sich unter Einbeziehung älterer Datensätze eine steile, nahezu lineare Abnahme seit der Jahrtausendwende ergibt. Die im Jahr der Erhebung ausgesetzten Jungmuscheln konnten nicht mehr nachgewiesen werden, wobei dies wahrscheinlich auf die generell schwierige Nachweisbarkeit von Jungmuscheln und einen möglicherweise ungünstigen Erhebungstermin, an dem wohl die meisten Jungmuscheln eingegraben waren, zurückzuführen sein dürfte. Sowohl die biotischen als auch die abiotischen Ergebnisse deuten darauf hin, dass der ökologische Benefit im Fall der neu angelegten, dem flussmorphologischen Leitbild entsprechenden Mäanderstrecken höher ist als im Fall der Renaturierungsstrecke mit eher geradlinigem Verlauf. Eine entsprechende eigendynamische Weiterentwicklung des gestreckten Abschnitts hin zum Leitbild eines beim vorliegenden, geringen Gefälle zweifellos mäandrierenden Laufs ist erst sehr langfristig, möglicherweise in vielen Jahrzehnten, zu erwarten. Sowohl die fischökologischen als auch die abiotischen Ergebnisse kurz nach der Umsetzung deuten auf eine höhere Qualität der gewundenen Bereiche hin. Daher ist aus Sicht der Autoren zu empfehlen, bei künftigen Projekten eine aktive Herstellung dieses Zielzustandes bereits im Rahmen der Planung vorzusehen. Insgesamt kann anhand der aktuell durchgeführten Untersuchungen ein Jahr nach Baufertigstellung der Erfolg der Renaturierungsmaßnahmen noch nicht fundiert bzw. im Sinne eines etablierten Zustands beurteilt werden. Abschließend werden daher Möglichkeiten für ein weiterführendes Monitoring vorgeschlagen.

Erstellt am: 19.03.2021

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