Organisation Wasserversorgungsunternehmen

Personal

Qualifikation und Ausbildung

In einem Wasserversorgungsunternehmen dürfen Aufgaben nur Mitarbeitern übertragen werden, die für die jeweilige Tätigkeit ausreichend qualifiziert sind. Die Vorgaben ergeben sich aus dem DVGW-Arbeitsblatt W 1000 "Anforderungen an die Qualifikation und die Organisation von Trinkwasserversorgern (Stand: Januar 2016)". Besondere Anforderungen werden an die Technische Führungskraft gestellt, die in jedem Wasserversorgungsunternehmen benannt sein muss. Die Anforderungen an die berufliche Qualifikation einer Technischen Führungskraft sind insbesondere abhängig von den durch das Wasserversorgungsunternehmen versorgten Einwohnern, dem Umfang der Unternehmensaufgaben (eigene Wassergewinnung oder nur Fremdbezug) oder der Komplexität/Kompliziertheit einer Wasseraufbereitung. Die Bandbreite der erforderlichen Qualifikation reicht von einer Ausbildung zum Anlagenmechaniker bzw. zur Fachkraft für Wasserversorgungstechnik bis hin zum Hochschulabschluss.

Die für eine Tätigkeit in Wasserversorgungsunternehmen einschlägigen Berufsbilder gliedern sich grundsätzlich in:

  • Fachkraft,
  • Meister,
  • Mitarbeiter mit abgeschlossenem ingenieurwissenschaftlichem oder naturwissenschaftlichem Studium (Hochschule oder Universität).

Die Ausbildung zur Fachkraft für Wasserversorgungstechnik ist in der Verordnung über die Berufsausbildung in den umwelttechnischen Berufen vom 17.06.2002 (BGBl. 2002 Teil I Nr. 43, S. 2335 ff), zum/zur Meister/-in in der Verordnung über die Prüfung zum/zur anerkannten Wassermeister/-in vom 23.02.2005 (BGBl. 2005 Teil I Nr. 12, S. 349 ff), zuletzt geändert am 09.12.2019 (BGBl. 2019 Teil 1 Nr. 47, S. 2153 ff), geregelt.

Auch die bayerische Eigenüberwachungsverordnung (EÜV) vom 20.09.1995, zuletzt geändert am 25.02.2010, enthält Vorgaben über die Qualifikation des Personals. Die Betreiber von Wasserversorgungsanlagen, die dem Geltungsbereich der EÜV unterliegen, haben zur Wahrnehmung der in der EÜV festgelegten Eigenüberwachungsmaßnahmen Personal in ausreichender Zahl und Qualifikation zu beschäftigen oder ggf. Dritte zu beauftragen, die diese Anforderungen erfüllen.

Eine Erhebung der Universität der Bundeswehr München im Jahr 2014 im Rahmen eines DVGW-Forschungsvorhabens ergab, dass bei knapp einem Drittel der ca. 500 teilgenommenen bayerischen Unternehmen die technischen Führungskräfte die Anforderungen an die Personalqualifikation nach DVGW-Arbeitsblatt W 1000 nicht erfüllen (Quelle: Platschek C.; Krause S.; Günthert F.W.; (2014): Situationsanalyse der kleinräumig strukturierten Wasserversorgung Süddeutschlands am Beispiel Bayerns und Ableitung von Forschungsbedarfen, Abschlussbericht).

Nähere Informationen über Berufe, Ausbildung, Qualifikation und Weiterqualifikation im Bereich der Wasserversorgung sind beim DVGW e.V., bei der Bayerischen Verwaltungsschule oder dem Bundesinstitut für Berufsbildung erhältlich.

Fortbildung

Der technische Fortschritt sowie Änderungen der gesetzlichen Vorgaben, zum Beispiel Trinkwasserverordnung, verlangen, dass die in einem Wasserversorgungsunternehmen tätigen Mitarbeiter ihren Kenntnis-/Wissensstand zur Erfüllung der Aufgaben stets auf dem Laufenden zu halten haben.

Zum einen sind Mitarbeiter entsprechend ihres Aufgabengebiets regelmäßig unternehmensintern über den aktuellen Stand von Arbeitsanweisungen und Vorschriften zu unterweisen, zum Andern ist den Beschäftigten die Teilnahme an einschlägigen Fortbildungsveranstaltungen zu ermöglichen.

Diese Fortbildungsveranstaltungen bieten u.a. regelmäßig der Bayer. Gemeindetag, die Bayer. Verwaltungsschule, der DVGW e.V., der Rohrleitungsbauverband e.V. und deren Partnerverbände an.

Um insbesondere auch den Mitarbeitern kleinerer Wasserversorgungsunternehmen die Fortbildung zu ermöglichen, wurden zwischen 1986 und 1993 in Bayern jeweils auf Landkreisebene insgesamt 72 Wasserwerksnachbarschaften (WWN) gegründet. Die WWN gewährleisten eine regelmäßige und ortsnahe Fortbildung und fördern auch die Kooperation zwischen den Wasserversorgern. Bei üblicherweise zwei Nachbarschaftstagen pro Jahr steht neben der Wissensvermittlung durch Vorträge auch der Erfahrungsaustausch zwischen den Mitarbeitern im Mittelpunkt. Seit der Gründung vor nunmehr ca. 30 Jahren nehmen an den Nachbarschaftstagen jährlich insgesamt über 3.000 technische Mitarbeiter teil. Die einzelnen WWN werden von Nachbarschaftsleitern betreut, die überwiegend in Wasserversorgungsunternehmen, aber auch in der Wasserwirtschaftsverwaltung tätig sind. Organisiert sind die Nachbarschaften unter Wasserwerksnachbarschaften Bayern e.V.

Betriebs- und Organisationshandbuch

Die Anforderungen an die Organisation und das Personal von Wasserversorgungsunternehmen werden unter anderem im DVGW-Arbeitsblatt W 1000 "Anforderungen an die Qualifikation und die Organisation von Trinkwasserversorgern (aktueller Stand: Januar 2016)" genannt.

Bei den ersten durchgeführten Erhebungen im Zuge der freiwilligen Effizienz- und Qualitätsuntersuchung der kommunalen Wasserversorgung in Bayern (EffWB) zeigte sich, dass die Anforderungen an Organisation und Qualifikation an ein Wasserversorgungsunternehmen mit abnehmender Größe überdurchschnittlich oft nur unzulänglich erfüllt werden. Eine sichere, zuverlässige und wirtschaftliche Versorgung mit Trinkwasser setzt gerade bei der in Bayern bestehenden dezentralen kleinräumigen Struktur eine entsprechende Organisationsqualität voraus.

Um den Wasserversorgungsunternehmen eine Hilfestellung zu geben, konnten 2005/2006 von einer hierfür einberufenen Projektgruppe (Bayer. Gemeindetag, Bayer. Städtetag, Bayer. Landkreistag, Verband der Bayerischen Energie- und Wasserwirtschaft e.V. und bayerischen Wasserwirtschaftsverwaltung) drei Anbieter gewonnen werden, die für Unternehmen individuell angepasste Betriebs- und Organisationshandbücher (BOH) zu angemessenen Preisen erstellten.

Aktuell bieten Rödl & Partner, Bayerischer Gemeindetag Kommunal GmbH – Kommunalwerkstatt und DVGW Service & Consult GmbH die Erstellung von BOH an. Um einen sicheren, zuverlässigen, wirtschaftlichen und nachhaltigen Betrieb zu gewährleisten und die Gefahr eines Organisationsverschuldens im Schadensfall zu minimieren, ist eine weitere Verbreitung von BOH bei den Wasserversorgungsunternehmen wichtiger denn je.

Betriebliche Kooperation

Zusammenkommen ist der Anfang, zusammenarbeiten ist der Erfolg.

Henry Ford

Die öffentliche Trinkwasserversorgung als Aufgabe der Kommunen hat sich in Bayern bewährt. Die dezentrale Struktur soll auch künftig beibehalten werden. Auf Grund gestiegener Anforderungen an die Anlagentechnik, die Beachtung der Rechtsvorschriften und eine wirtschaftlich effiziente Betriebsführung stoßen allerdings vielfach kleine und kleinste Wasserversorgungsunternehmen an ihre Grenzen (40% der im Jahr 2016 in Bayern tätigen 2.232 Wasserversorgungsunternehmen gewinnen und/oder verteilen lediglich ca. 4% des gesamten Jahreswasseraufkommens).

Als Lösungsansatz zur Steigerung der Qualität und der Effizienz bietet sich die Kooperation zwischen Wasserversorgungsunternehmen an. Betriebliche Kooperation definiert sich als Zusammenarbeit mehrerer Unternehmen in bestimmten gleichartigen Tätigkeitsbereichen, bei gleichzeitiger Wahrung der eigenen kommunalen Selbstständigkeit. Die möglichen Formen der Kooperation unterscheiden sich durch Dauer und Intensität (gegenseitiger Vertrag bis hin zur Gründung von Zweckverbänden oder Gesellschaften). Beispiele von Kooperationsmöglichkeiten sind unter anderem technische Betriebsführung, Materialbeschaffung, Anlagenwartung und -instandhaltung, Datenverwaltung oder Durchführung der Pflichten der Eigenüberwachungsverordnung (EÜV) oder eine 24-Stunden-Rufbereitschaft.

Als Hilfestellung erstellten der DVGW, der Bayerische Gemeindetag, der Bayerische Städtetag und die Wasserwirtschaftsverwaltung den Leitfaden "Betriebliche Kooperation" (September 1999). In diesem Leitfaden werden mögliche Aufgabenfelder, Kooperationsformen, aber auch die rechtlichen Grenzen der Kooperation ausführlich dargestellt.

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