Thermalwassernutzung

Nutzung von Thermalwasser in Bayern

Als Thermalwasser wird Wasser bezeichnet, das aus großen Tiefen gewonnen wird und dabei in Folge der mitgelieferten Erdwärme mindestens die Temperatur von 20°C aufweist. Die Wärme stammt dabei aus dem kontinuierlichen Wärmefluss aus dem Erdinneren.

Es ist grundsätzlich zwischen Nutzungen zu Heil- und Badezwecken (balneologische Nutzungen/Nutzung als Heilwasser) und zu Heizzwecken und Stromerzeugung (geothermische Nutzungen) zu unterscheiden. Für eine balneologische Nutzung muss das Wasser entsprechend dem vorgesehenen direkten Kontakt mit den Badegästen hohen Anforderungen an dessen Güte genügen. Weitere Ausführungen hierzu auf der Unterseite "Balneologische Nutzung".

Im Bereich der geothermischen Nutzungen wurden in Bayern in den letzten 20 Jahren sogenannte hydrogeothermale Mehrfachbohrungen (Dubletten und Tripletten) an 24 Standorten (Stand: November 2022) gebaut und in den Dauerbetrieb überführt (vgl. Schemazeichnung). Der am intensivsten geothermisch genutzte Raum befindet sich zwischen dem Oberland (Raum Weilheim) im Westen, Traunstein im Osten und Landshut im Norden, das sogenannte zentrale bayerische Molassebecken mit Schwerpunkt der Nutzung in und um München.

Im niederbayerisch-oberösterreichischen Molassebecken überwiegen hingegen traditionell die balneologischen Nutzungen. Dort wie auch im zentralen bayerischen Molassebecken wird die Ergiebigkeit und das Temperaturniveau des Kluft- und Karst-Aquifers des Weißen Jura (Malm) genutzt. Das grundwasserleitende Kalkgestein liegt dabei in geeigneter Tiefe, so dass die vorgefundenen Wassertemperaturen in der Spanne 50 - 150°C zumeist sehr gut geeignet für eine balneologische Nutzung oder eine effiziente Gewinnung bzw. Erzeugung von Heizwärme und/oder Strom sind. Der geothermische Gradient liegt im Durchschnitt bei ca. 3°C/100 m, im niederbayerisch-oberösterreichischen Molassebecken verbreitet deutlich darüber (geothermische Anomalien). Im Hinblick auf die Ergiebigkeit des Weißjura-Aquifers ist an einzelnen Anlagen die Erschließung von tektonischen Störungsstrukturen ausschlaggebend. Bohrungen im südlichen Bereich des zentralen bayerischen Molassebeckens sind bis in Tiefen von 5.000 m vorgedrungen und können als fündig bezeichnet werden.

Thermalwassernutzung und -bewirtschaftung im niederbayerisch-oberösterreichischen Molassebecken

Das niederbayerisch-oberösterreichische Molassebecken erstreckt sich vom Raum Regensburg/Landshut bis in den Raum Linz (vgl. Abbildung). Im Grenzbereich befinden sich bekannte und für Wirtschaft und Beschäftigung herausragend bedeutsame Thermal-Kurorte, wie zum Beispiel Bad Füssing, Bad Griesbach und Bad Birnbach auf bayerischer Seite ("Bäderdreieck") sowie zum Beispiel Geinberg auf oberösterreichischer Seite. Seit den neunziger Jahren des letzten Jahrhunderts wurden beiderseits der Grenze auf engem Raum geothermische Nutzungen hinzugebaut. Diese Situation stellt seither Betreiber, Planer und die Verwaltung vor besondere Aufgaben und Herausforderungen.

Bereits 1992 wurde die Expertengruppe Thermalwasser eingesetzt. Dieses Gremium verfolgt seither das Ziel, den Schutz des Thermalwasservorkommens zu gewährleisten und die natürlich vorkommende begrenzte Ressource derart zu bewirtschaften, dass Wassermenge und -beschaffenheit möglichst unbeeinträchtigt erhalten bleiben. Neben der Beauftragung und fachlichen Begleitung eines Thermalwasser-Strömungsmodells, das Prognosezwecken dient, leistet die Expertengruppe Thermalwasser Abstimmungs- und Grundlagenarbeit. Hierzu gehörig wurden die "Grundsatzpapiere zur Thermalwassernutzung im niederbayerisch-oberösterreichischen Molassebecken" verfasst.

Strömungsmodell und Grundsatzpapiere unterstützen das Verwaltungshandeln, um eine nachhaltige gemeinsame Nutzung des Thermalwasservorkommens unter Berücksichtigung bestehender balneologischer und geothermischer Nutzungen sicherzustellen.

Fachbegriffe

Balneologische Nutzungen

"Balneologie" heißt wörtlich "Bäderkunde". Die Balneologie ist die Lehre von der therapeutischen Anwendung und Wirkung ortsgebundener Kur- und Heilmittel – also Heilwasser, Heilgase und Heilsedimente (Schlamm, Moor) – und den Behandlungsmaßnahmen in Form von Bädern, Trinkkuren und Inhalationen. Über diese Aspekte hinaus befasst sich die Balneologie ferner mit dem Kurwesen.

Heilwasser

Grundwasser, das auf Grund seiner Eigenschaften und ohne jede Veränderung seiner natürlichen Zusammensetzung geeignet ist, therapeutischen Zwecken zu dienen, wird als Heilwasser bezeichnet.

Geothermische Nutzungen

Unter den Begriffen "Geothermie/Erdwärme" wird die in Form von Wärme unterhalb der Erdoberfläche gespeicherte Energie verstanden. Im allgemeinen Sprachgebrauch hat sich die Verwendung des Begriffs "Geothermie" auch für die technische Nutzung der Erdwärme zur Energiegewinnung etabliert.

Hydrogeothermale Mehrfachbohrungen

Über hydrogeothermale Bohrungen wird Wärmeenergie, die im Grundwasser tiefer Gesteinsschichten gespeichert ist, gewonnen. Hiervon zu unterscheiden sind petrothermale Erschließungen, die in festen Gesteinskörpern in größeren Tiefen gespeicherte Wärmeenergie verfügbar machen. In Bayern kommt derzeit nur die hydrothermale Energiegewinnung in der Praxis zur Anwendung. Zur nachhaltigen Nutzung sind mindestens eine Entnahme- und eine Reinjektionsbohrung erforderlich, die zusammen als "Dublette" bezeichnet werden. Drei Bohrungen, die über den Thermalwasserkreislauf zusammenhängen, werden als Triplette bezeichnet. Reinjektion ist die Rückführung von ausschließlich physikalisch genutztem Thermalwasser in denselben Aquifer, aus dem es entnommen wurde.

Ergiebigkeit

Die Wassermenge, die nachhaltig gefördert werden kann (ohne, dass es später zu Einschränkungen derselben kommt) wird als Ergiebigkeit oder auch Schüttung bezeichnet.

Aquifer

Ein Gesteinskörper, der geeignet ist, Grundwasser weiterzuleiten, wird als Aquifer oder Grundwasserleiter bezeichnet (DIN 4049-3).

Erschließung

Hier ist der Zugriff auf eine unterirdische Wasserressource, um eine Nutzung/Entnahme vorzubereiten, gemeint.

Geothermische Anomalien

Geothermische Anomalien wurden beispielsweise an der 2.600 m tiefen Förderbohrung in Ried/Mehrnbach (3,5°C/100 m) und noch ausgeprägter an den Bohrungen Bad Füssing (4,3°C/100 m) angetroffen.

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