Wiesenweihe - Bestand und Gefährdung

Alarmierende Ausgangssituation: Rückgang der Bestände in vielen Regionen Europas

Mitte des 20. Jahrhunderts nahm die Anzahl brütender Wiesenweihen in vielen Gebieten Europas stark ab. Zum Beispiel in den Niederlanden: dort traten Anfang des 20. Jahrhunderts weit über 500 Paare auf - heute gibt es dort nur noch 25 bis 48 Brutpaare. Auch in Nord- und Ostdeutschland gab es in den vergangenen Jahrzehnten erhebliche Rückgänge und in Bayern befürchtete man gar das Aussterben dieser Greifvogelart.

Unterschiedliche jüngste Bestandestrends

Heute leben die meisten Wiesenweihen Westeuropas in Frankreich und Spanien, aber gerade in Frankreich verschwindet die Wiesenweihe derzeit aus vielen Regionen. Anders verhält es sich in Deutschland: hier stieg in einigen Bundesländern die Zahl der Brutpaare während der letzten 15 Jahre etwas an. Allerdings wurden nirgendwo ein so steiler Anstieg und eine so hohe Brutpaarzahl wie in Mainfranken, im Nordwesten Bayerns, erreicht. Es gab ein interessantes Phänomen, das zu dieser positiven Bestandsentwicklung in Mainfranken beigetragen hat: die Wiesenweihen wechselten ihren bevorzugten Lebensraum.

Der Lebensraum in Bayern damals

Früher brütete die Wiesenweihe in Bayern vor allem in feuchten Niederungen, Mooren und auf selten gemähten feuchten Streuwiesen. Mit der Intensivierung der Landwirtschaft seit Mitte des 20. Jahrhunderts wurden diese Flächen aber immer stärker genutzt: sie wurden trocken gelegt, in Äcker umgewandelt oder häufiger gemäht. Die Wiesenweihe musste diesen Lebensraum aufgeben, ihre Bestände nahmen ab. Die Art stand in Bayern am Rande des Aussterbens.

Der Wechsel des Lebensraumes

Ab Anfang der 1990er Jahre zeigte sich dann in Bayern eine neue Entwicklung: die Wiesenweihen begannen nun verstärkt in Getreidefeldern zu brüten. Auch früher gab es in Bayern immer wieder einzelne Bruten im Getreide. Was früher jedoch die Ausnahme war, wurde jetzt zur Regel: Wiesenweihen brüten heute bevorzugt in Getreidefeldern. Nun stieg die Anzahl der Brutpaare in Bayern allmählich wieder an. Heute befinden sich über 90% der Nester in Getreide und nur noch sehr selten in Feuchtwiesen wie damals.

Unbeabsichtigt können Mähdrescher eine Brut rasch töten, denn oft sind die Jungvögel zum Erntezeitpunkt noch nicht flugfähig, wie die Jungvögel im rechten Bild, die erst 23 bis 27 Tage alt sind. Sie benötigen noch fast 2 Wochen bis zum vollständigen Ausfliegen (Foto: F. Thalhofer)

Gefährdung

Doch mit dem Wechsel des Lebensraumes ist die Gefahr nicht gebannt. Auch in Getreidefeldern sind die Bruten der Wiesenweihen bedroht. Denn meist sind die Jungvögel zum Erntezeitpunkt noch nicht flügge. Im Laufe der letzten Jahrzehnte verschoben sich die Erntetermine immer weiter nach vorne. Daher ist die Wiesenweihe bis heute besonders schutzbedürftig. Sie ist nach den aktuellen Roten Listen in Bayern (2003) "vom Aussterben bedroht", in Deutschland (2007) "stark gefährdet" und zählt zu den besonders zu schützenden Arten des Anhang 1 der Europäischen Vogelschutzrichtlinie.

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