Wanderfalke - Bestand und Gefährdung

In den 1950er Jahren beherbergte Deutschland etwa 900 Wanderfalkenpaare. 1982, beim Start des Artenhilfsprogramms, waren davon nur etwa 60 noch übrig – je zur Hälfte in der Schwäbischen Alb in Baden-Württemberg und in den Bayerischen Alpen.

Der "pesticide crash" der 1950er und 1960er Jahre

Hauptgrund für diesen dramatischen Einbruch waren Umweltgifte: Vor allem das damals noch weithin gebräuchliche Pestizid DDT reicherte sich über die Nahrungskette im Körper des Wanderfalken an, ließ viele Bruten ausbleiben und führte dort, wo doch Eier gelegt wurden, zu hohen Verlusten durch Schädigung der Embryonen und Dünnschaligkeit der – damit stark bruchgefährdeten – Eier.

Noch verschärft wurden die DDT-bedingten Einbrüche durch illegale Verfolgung – durch einzelne Taubenzüchter, die dem Vogeljäger als Konkurrenten und Gefahr für ihre Lieblinge nachstellten, wie durch einige Falkner, die bis in die 1970er Jahre ihren Bedarf an Beizvögeln durch die illegale Entnahme von Eiern oder Jungvögeln aus Wildbruten deckten.

Auf und ab in der Roten Liste

Diese Belastungen brachten den Wanderfalken in den 1970er Jahren auch in Bayern als "vom Aussterben bedrohte" Art auf eine Spitzenposition in der Roten Liste gefährdeter Tiere Bayerns. Inzwischen konnte er jedoch wieder zurückgestuft werden – 1992 in die Kategorie "stark gefährdet" und schließlich 2003 nur noch unter die "gefährdeten" Arten. Darin spiegeln sich die positive Entwicklung seiner Bestände in Bayern in den letzten Jahren und damit der enorme Erfolg des Artenhilfsprogramms wider.

Ausgehend von den wiedererstarkten Beständen in Bayern und Baden-Württemberg hat der Wanderfalke mittlerweile auch große Teile des früheren Brutareals im übrigen Bundesgebiet zurückgewonnen. Die deutschen Wanderfalkenbestände belaufen sich heute wieder auf etwa 1.000 Paare – sogar etwas mehr als vor dem "pesticide crash" der 1950er und 1960er Jahre.

Sportkletterer am Fels Wanderfalken und Sportkletterer konkurrieren um den Lebensraum Fels. Bewältigen lässt sich dieser Konflikt nur in enger Kooperation mit den Verbänden der Sportkletterer; Foto: LBV-Archiv

Schutzbedürftig – bis heute

Dennoch sind gezielte Schutzmaßnahmen auch heute noch nicht völlig entbehrlich: Neben den aktuell gar nicht oder kaum mehr relevanten Gefährdungsfaktoren der Vergangenheit – Umweltgiften und Verfolgung – gewinnt in den letzten Jahren ein neues Konfliktfeld an Bedeutung: die zunehmende Inanspruchnahme seiner natürlichen Felslebensräume durch Natursportarten, vor allem im Frankenjura. Die wachsende Konkurrenz zwischen Naturschutz und Freizeitnutzung in enger Zusammenarbeit vor allem mit den Verbänden der Sportkletterer zu entschärfen, ist "die" große aktuelle Herausforderung für den Wanderfalkenschutz in Bayern.

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